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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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erzählt, es würde ein ›leichtes Essen‹ geben«, berichtete er.
    »Ich schaudere bei der Vorstellung, was er dann als gutes, anständiges Essen bezeichnet«, meinte Andrade. »Habt Ihr diese monströsen Hummer aus Dorval mitgebracht?«
    »Meine Hummer sind weit edlere Geschöpfe als diese schwächlichen Dinger aus Snowcoves«, gab er empört zurück, während er dem Lakaien mit einer Geste bedeutete, mehr von dem Meeresgetier auf seinen Teller zu häufen. Andrade lachte.
    Während der ersten Pause versammelten sich Musiker in der Mitte des Zeltes, um die Verdauung mit sanften Melodien zu fördern. Andrade war überrascht und erfreut, Mardeen, einen von ihren eigenen Faradhi’im , zu der Begleitung von Streichern und Flöten singen zu hören. Er ehrte jeden Prinzen mit einem Volkslied aus seinem eigenen Land. Andrade hatte ihn schon viele Male zuvor gehört und würde das Wunder seiner Stimme sicher noch öfter hören können. Deshalb nutzte sie die Zeit, um zu sehen, wie Sioned sich hielt.
    Das Mädchen sah natürlich wunderbar aus. Aber die Anstrengung zeigte sich in ihren stark geschminkten Augen, und unter dem künstlichen Rosa waren Wangen und Lippen blass. Andrade betete, dass sie den Abend durchhielt, und sie vermutete, dass Rohan dasselbe dachte. Er selbst wirkte freundlich und heiter, aber wann immer er zu Sioned hinübersah, trat Sorge in seinen Blick und gefror sein Lächeln.
    »Ein exquisites Paar«, beobachtete Lleyn. »Das Mädchen lässt sogar die Sterne verblassen.«
    Andrade nippte an einem Kelch mit Eiswasser und sah ihn über den Rand hinweg an. »Ihr wollt mit Eurem Verhör anfangen, nicht wahr?«
    »›Befragung‹ wäre ein höflicheres Wort«, antwortete er ungerührt. »Man hört viele merkwürdige Dinge über das Feuer auf Roelstras Schiff.«
    »Allerdings.«
    »Ein Jammer, dass er seine fabelhafte Mätresse verloren hat – und ihr Kind.«
    »Die Mätresse«, klärte Andrade ihn knapp auf, »ist zu Asche verbrannt. Aber das Kind lebt.«
    »Ah.« Er fragte nicht weiter, und sie wusste, dass er sich absichtlich so verhielt, um sie zu erzürnen. Heute Abend jedoch konnte er damit keinen Erfolg erzielen. Sie lächelte ihm zu und trank einen weiteren Schluck Wasser.
    Aber Lleyn war älter als sie, ebenso autokratisch und an der Politik des Festlandes nur aus Gründen der Unterhaltung interessiert. Er wartete einfach. Andrade durchschaute ihn, gab aber schließlich doch nach, wenn auch mit Spott in der Stimme.
    »Also schön. Ich habe das Baby an mich genommen – und auch Pandsala. – Ihr wirkt nicht überrascht.«
    »In meinem Alter überrascht mich nur noch wenig. Roelstra hat verbreiten lassen, dass seine Tochter wünscht, eine Faradhi zu werden, deshalb wusste ich bereits von Pandsala. Ich bin jedoch neugierig. Kann sie Eure Wege lernen?«
    »Ich habe sie noch nicht erprobt.« Gesang und Applaus überdeckten ihr Gespräch aufs beste, obwohl ohnehin niemand um sie her an dem langweiligen Geschwätz der beiden alten Leute interessiert war. »Die Übelkeit auf dem Wasser ist nur das offensichtlichste Anzeichen. Nicht jeder Faradhi leidet darunter.«
    »Ich dachte, nur jene, die bei dem bloßen Gedanken an Wasser bereits blass werden, könnten Lichtläufer werden.«
    »Ich habe da so meine Theorie«, meinte sie nachdenklich. »Es könnte sich um eine Schwäche handeln, die auf Grund der Inzucht so häufig zum Vorschein kommt.«
    »War es denn schon immer so? Ich meine, mit der Seekrankheit.«
    »Bei einigen ja. Aber es scheint immer mehr Verbreitung zu finden, seit wir Eure Insel verlassen haben.« Andrade kicherte, als der alte Mann die Augen aufriss. »Aha! Hab’ ich Euch erwischt! Das habt Ihr wohl nicht gewusst, was? Alter Schwatzkopf«, schalt sie spöttisch.
    »Ihr fasziniert mich, Herrin«, murmelte er. »Bitte fahrt fort.«
    »Ihr kennt doch die Ruinen auf der anderen Seite von Dorval. Dort stand einst eine Burg, die noch imposanter war als jene, über die ich jetzt herrsche. Ihre Mauern standen dort mehr als eintausend Jahre lang, ehe die Faradhi’im selbst das Schloss niedergerissen haben.«
    Lleyn nickte zögernd. »Mein Vater und ich haben dort ein wenig herumgeschnüffelt, als ich noch ein Knabe war. Wunderbarer alter Ort. Ich habe noch immer ein paar Münzen und Kachelstücke, die ich damals gesammelt habe. Warum sind sie fortgezogen?«
    »Sie beschlossen, in die Welt hinauszugehen – oder vielleicht auch, aus dem Exil dort zurückzukehren, da bin ich nicht sicher. Die

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