Sonnenlaeufer
zurecht. »Du wirst dafür sorgen, dass der Herr in dieser Hitze nicht zu weit und nicht zu schnell reitet, ja? Und achte darauf, dass er gut zu Abend isst, entweder in der Halle unten oder oben in seinen eigenen Gemächern. Du weißt ja, wie er ist.«
»Ja«, antwortete Rohan von der Tür her. »Wir wissen alle, wie er ist. Tilal wird dafür sorgen, dass ich fett und verweichlicht wiederkehre, ohne auch nur einen Fingernagel abgebrochen zu haben. Frau, du machst dir zu viele Sorgen.« Spielerisch zog er dem Knaben die Kappe über die Ohren. »Lass dir das eine Lehre sein. Such dir eine Frau, die davon überzeugt ist, dass du älter bist als zehn Winter und für dich selbst sorgen kannst.«
Der Knabe rückte seine Kappe zurecht und grinste zu Rohan hoch. »Ich habe noch nie gesehen, dass Ihr ihr in dieser Sache Unterweisungen gebt, Mylord.«
Rohan schnaubte. »Lauf nach unten, und sage Ostvel, dass ich bald komme.«
Tilal verbeugte sich formell vor den beiden und verließ das Zimmer. Er dachte aber noch daran, sowohl die innere wie auch die äußere Tür hinter sich zu schließen. Als sie mit ihrem Gemahl allein war, stellte Sioned plötzlich fest, dass sie nichts zu sagen hatte, ihm nicht einmal in die Augen sehen konnte. Ihr Blick wanderte an der silbernen Stickerei auf seinem goldenen Seidengewand entlang, und sie dachte, dass er im Sonnenschein vom Scheitel seines blonden Kopfes bis hinab zu den Sohlen seiner auf Hochglanz polierten Stiefel blitzen würde. Unter der ärmellosen, knielangen Robe trug er eine blaue Hose und ein weißes Hemd, dazu einen Topas in Silberfassung, der unter der Vertiefung an seinem Hals hing.
»Ich weiß, dass du mit mir kommen willst«, erklärte er ruhig. »Aber wenn die Gerüchte wahr sind und die Merida sich zu einem weiteren Angriff auf Tiglath bereit machen, dann möchte ich, dass du hier im Süden in Sicherheit bist.«
Sie nickte. Das Ganze war schließlich ihre Idee gewesen. Wenn er jede Burg besuchen würde, würde ihnen das eine Versammlung der Vasallen hier in Stronghold vor dem Rialla ersparen. Sioned wollte die südlichen Güter aufsuchen, während Rohan den Norden bereiste. Diese Taktik war in mancher Hinsicht zufrieden stellend. Jeder einzelne Athri würde sich durch die Gegenwart des Herrschers oder der Herrscherin geehrt fühlen. Das würde seine persönliche Beziehung zu ihnen noch stärken und Sioneds Status als arbeitende Prinzessin unterstreichen – aber auch die Vasallen daran hindern, zusammenzukommen und sich in ihrem üblichen Jammer zu ergehen. Davon abgesehen würden Rohan und Sioned in der Lage sein, selbst den Zustand eines jeden Besitzes zu beurteilen, und würden sich nicht auf andere Informationsquellen verlassen müssen, wenn es um Ernte und Viehzucht ging. Die Versammlung der Vasallen würde in diesem Jahr nach der Rückkehr aus Waes stattfinden, und bei diesem Anlass wollte Rohan ihnen mitteilen, was er von den anderen Prinzen für sie erbeten hatte.
»Ich werde dich vermissen«, sagte er und strich mit einem Finger über ihren Zopf.
»Du wirst doch gut auf dich achtgeben?«, fragte sie.
»Walvis und Tilal ebenfalls. Ich bin sicher, du hast jedem eine Liste mitgegeben, die mindestens eine Länge lang ist.« Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. »Lächle für mich, Geliebte. Wenn du nicht lächelst, ist die ganze Welt in Dunkelheit getaucht.«
Sie rieb die Wange an seiner Hand und schloss die Augen.
»Manchmal wünschte ich, ich wäre auch ein Lichtläufer oder hätte wenigstens ein wenig von dem geerbt, was Tobin hat. Dann könnte ich mit dir reden, wenn wir getrennt sind.« Er umarmte sie und wiegte sie zärtlich. »Pass gut auf dich auf, Mylady.«
»Ostvel hat gesagt, wenn du ihm zu diesem Thema noch einen einzigen Vortrag hältst, reißt er sich die Haare aus.«
»So schlimm war ich doch gar nicht, oder?«
»Schlimmer.« Sie lächelte. »Vergiss nicht, Eltanins kleinem Sohn das Geschenk zu geben, das ich mitschicke. Walvis hat es, und auch Geschenke für die anderen.«
»Hadaan wird wütend sein, dass ich dich nicht mit nach Remagev bringe, damit er mit dir flirten kann.«
»Dein Verwandter ist ein süßer alter Teufel, der mit seinem einen Auge besser flirtet als die meisten Männer mit beiden! Gib ihm den von mir.« Sie küsste Rohan schallend auf den Mund.
Als sie zurücktrat, sagte er: »Ich werde ihm davon erzählen. Den Großteil von dem, was du da eben gesagt hast.«
»Nun, erzähl ihm besser nicht von dem hier.«
Er
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