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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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eigenen Tod; er fürchtete den Verlust von Menschenleben, die in seiner Hand lagen, Leben, für die er als ihr Prinz verantwortlich war.
    Des Nachts war es am schlimmsten. Tagsüber waren Berichte anzuhören, Pläne zu besprechen und die sengende Hitze durchzustehen. Aber abends, wenn die Karten zusammengerollt worden waren und er auf seinem Lager ruhte, wenn er wusste, dass die Kühle ihm den dringend benötigten Schlaf ermöglichen konnte, dann blieb er wach. Er wagte nicht, sich zu erheben und durchs Lager zu gehen, denn er wollte Chay, Maarken oder Tilal ebenso wenig wecken, wie er wollte, dass die Soldaten seine Unruhe bemerkten. Und so drehten sich seine Gedanken unaufhörlich im Kreis, während sein Körper ruhig blieb.
    Am schmerzlichsten waren die Gedanken an Sioned. Zum Abschied hatte sie ihm kühle Lippen und ein heiteres Lächeln geboten, aber hatte er sie nicht Nacht für Nacht in den Armen gehalten, wenn entsetzliche Träume sie heimsuchten? Die Frau, die weinte und sich an ihn klammerte, war eine Fremde, so unbekannt wie diejenige, die ihm spröde, ringlose Hände zum Kuss entgegenhielt. Doch keine von ihnen war so beunruhigend wie die Lichtläuferin, die für ihn in der Nacht vor seiner Abreise aus Stronghold ein Bild im Kerzenlicht beschworen hatte.
    Noch immer schrak er zusammen, wenn er an dieses Bild von ihr und dem kleinen Knaben dachte, an den Klang ihrer Stimme, tief und an Feuer und Schatten gemahnend. »Was Andrade von mir gewünscht hat, wird Ianthe ihr geben. Aber sie werden beide verlieren, Rohan. Dieser Prinz wird dir und mir gehören. Was kümmert es mich, was du mit ihr gemacht oder ihr angetan hast? Du hast mir erzählt, es wäre eine Vergewaltigung gewesen. Haben sie und Andrade mit uns nicht dasselbe gemacht? Andrade hat mich benutzt, Ianthe dich. Aber unseren Sohn werden sie nicht benutzen. Das kannst du mir glauben, Rohan.«
    Ja, er glaubte es ihr. Er sah Ianthes Tod in Sioneds Augen, und er glaubte ihr. Sioned würde die Geburt des Kindes abwarten, als wäre sie selbst schwanger, während Rohan den Hoheprinzen vernichtete wie jeden anderen Barbaren.
    Sein Kind. Sioneds Kind. Mochte die gütige Göttin dem Knaben helfen! Was war das für eine Welt, in die er hineingeboren wurde. Eine Welt, in der die Gemahlin seines Vaters seine Mutter getötet hatte und sein Vater seinen Großvater. Mochte die gütige Göttin ihm helfen!
    Acht Tage später war das Warten für Rohan zu Ende. Maarken, der ganz plötzlich auf dem Sonnenlicht angerufen wurde, kämpfte gegen die Wirkung von Sioneds Berührung und eilte zum Zelt seines Vaters. Er stürzte an der Wüstenstandarte auf ihrem goldenen Stab vorbei und unterbrach eine Konferenz zwischen dem Prinzen und dem Athri .
    »Jastri ist auf dem Weg nach Süden! Sechzig Pferde, siebzig Bogenschützen und zweihundert einfache Soldaten! Er hat sich mit dem Hoheprinzen überworfen und will morgen angreifen.«
    Rohan langte nach einer Karte. »Jetzt wollen wir mal sehen, ob du ein guter Stratege bist, Chay. Alle Hauptleute sofort hierher, Maarken. Lass dir von Tilal helfen, und gib dann in der Truppe bekannt, dass wir morgen endlich kämpfen werden.«
    Prinz Jastris dreihunderteinunddreißig Mann trafen aus dem Süden ein, unbehelligt von den berittenen Soldaten, die Chay dorthin gesandt hatte. Sie bewachten die Angreifer nur, ohne sich sehen zu lassen. Als Jastri sich nach Osten wandte, um dort anzugreifen, wo Rohans schwächste Stelle war – so hatten es seine Kundschafter berichtet –, sah er sich dreihundert Soldaten gegenüber, mit dem Prinzen selbst an der Spitze.
    Diesmal war kein Faolain-Fluss da, der das Blut fortwaschen konnte. Es sickerte Stunde über Stunde in den Sand und blieb dort zurück, als Rohans Streitkräfte Jastris Truppe Länge für Länge auf den Faolain zu zurücktrieben. Aber es gab keine Möglichkeit zur Flucht über den Fluss, denn zwischen Jastri und den Brücken befanden sich weitere einhundert Wüstensoldaten, angeführt von Lord Davvi.
    Der junge Prinz floh gen Süden, woher er gekommen war. Rohan, neben dem Tilal und Davvi ritten, erreichte gerade rechtzeitig die Kuppe eines kleinen Hügels, um Chays rot-weiße Standarte zwischen den Bäumen aufblitzen zu sehen. Jastri saß in der Falle. Die Reservetruppe der Berittenen donnerte von Süden her auf ihn zu, während Rohans und Davvis Truppen unerbittlich von Norden und Westen her auf ihn zumarschierten.
    Rohan schickte einen Mann mit seiner Kampffahne vor, der Jastri ein

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