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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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Begriff war, langsam, aber sicher zu ertrinken.
    Wodka-Lemon. Das half immer.

dreizehn
    Ich ließ mich an der Mainzer Landstraße absetzen, wo ich einige Jungs aus der Schule laufen sah. Ich hatte keine Ahnung, wo genau die Party stattfand, und war froh jemanden gefunden zu haben, hinter dem ich herlaufen konnte. Mit ihnen reden wollte ich nicht, sie sollten mich nur zu Kelly führen.
    Zum Glück dauerte es nicht lange, bis wir das Haus erreichten, in dem die Party stattfand. Ich wartete einen Moment, bis die Jungs drinnen waren. Ich wollte es so lange wie möglich hinauszögern, jemanden begrüßen zu müssen. Es gab einen Aufzug, aber da ich nicht wusste, in welchem Stock die Party war, nahm ich die Treppe. Tausend Stufen später hatte ich das Ziel erreicht. Auf den letzten Stufen lagen schon die ersten Alkoholleichen und hielten sich die Köpfe. Wenigstens grüßten sie mich nicht. An der Eingangstür hing ein großes Schild mit der Aufschrift »Eintritt zehn Mark«. Ich öffnete die Tür und ging hinein.
    Den Menschen an der Kasse kannte ich. Er war in der Zwölf und zum Türsteher geboren. Nichts machte ihm mehr Spaß, als anderen Leuten Angst einzujagen. Man sah ihn selten weiter als einen Meter von einem Baseballschläger entfernt. Glücklicherweise konnte er mich gut leiden, weil ich mich immer danach erkundigte, wie viele Kiefer und Nasen er in der letzten Zeit zerschmettert hatte. Er liebte es, solche Geschichten zu erzählen, und ich hörte ihm immer interessiert zu. Solche Leute hat man lieber zum Freund als zum Feind. Reiner Selbstschutz. Die erste Begrüßung war jetzt wohl fällig.
    »Neuroth, alter Schlachter!«, sagte ich. »Hätte ich mir ja denken können, dass sie dich hierherstellen. Der beste Türsteher der Galaxis. Heute schon irgendwas gebrochen?«
    »Sunshine, alte Socke! Wie geht’s? Alles friedlich hier, Scheiße. Hoffentlich passiert noch was. Hab gehört, du hattest Zoff mit Hoffmann, dieser Lusche. Hat dich an der Nase erwischt, was? Soll ich das für dich erledigen? Ich drück ihm die Nase so weit in seine Fresse, dass er dadurch essen kann.«
    Er schnappte sich seinen Basie und fuchtelte damit in der Luft herum. Sein Angebot war verführerisch. Ein Wort von mir und Hoffmann hätte sich in Zukunft die Nase mit der Klobürste putzen können, aber ich brachte es nicht fertig. Selbst Hoffmann hatte es nicht verdient, dass man einen Neuroth auf ihn ansetzte.
    »Nein, lass mal, danke. Kelly hat ihm schon ganz gut eins verpasst. Hast du sie heute Abend schon gesehen?«
    »Nicht dass ich wüsste. Sie hat ihm in die Nüsse getreten, gell? Ein Klassemädchen. Sag mir Bescheid, wenn sie frei wird.«
    »Klar, mach ich. Ich glaube, ich gehe jetzt mal rein, sie suchen.«
    Ich kramte zehn Mark aus meiner Hosentasche und hielt sie ihm hin.
    »Lass mal stecken! Geh einfach rein!«
    »Echt? Danke. Ich schau nachher noch mal vorbei.«
    Er drückte mir noch einen Stempel auf die Hand und klopfte mir mit seinem Basie auf die Schulter, und ich dachte wieder, wie gut es doch war, ihn nicht zum Feind zu haben. Falls Hoffmann noch auftauchen würde, um sich an mir oder Kelly zu rächen, brauchte ich nur zu rufen, und er hätte eine Nase weniger.
    Der erste Raum, den ich betrat, war nicht sehr groß und alles drängelte sich um einen improvisierten Getränkestand, an dem es warmes Bier aus Flaschen gab. Alle möglichen Leute grüßten mich und klopften mir auf die Schulter und ich fragte jeden nach Kelly, aber keiner konnte mir etwas Genaues sagen. Manche glaubten sie schon gesehen zu haben und andere schworen, dass sie noch nicht da wäre. Irgendjemand riet mir in dem anderen Raum nachzusehen, wo die Tanzfläche war, und nachdem ich noch eine Viertelstunde für ein Bier angestanden hatte, ging ich dorthin.
    Es war sehr dunkel in diesem Raum und höllisch laut. Nur die Tanzfläche war erleuchtet. Alles, was drum herum geschah, war kaum zu erkennen, also sah ich zuerst nach, ob sich Kelly unter den zu irgendeinem Technomist zuckenden Tanzwütigen befand. Sie tanzte gern, das wusste ich, aber ich konnte sie dort nicht entdecken.
    Wahrscheinlich war sie einfach noch nicht da. Es war erst neun Uhr und Kelly brauchte immer etwas länger. Ich ging zurück in den anderen Raum, weil mir die Scheißmusik auf die Nerven ging und mein Kopf dieses verdammte Stroboskop nicht aushielt. Man wusste nie, wer plötzlich vor einem stand, weil man jede Bewegung nur zur Hälfte sah. Ätzend.
    Ich holte mir noch zwei Bier und

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