Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
Vom Netzwerk:
mache?«
    »Ich weiß es nicht, aber möglich wäre es auf jeden Fall. Sag es ihr und sag es ihr bald, denn kein Mädchen wartet gerne zu lange. Wo ist sie jetzt?«
    »Keine Ahnung. Sie sollte hier sein. Ich warte schon die ganze Zeit auf sie. Vielleicht habe ich sie nicht hereinkommen sehen. Ich glaube, ich sehe noch mal nebenan nach. Bleibst du hier?«
    »Nein. Ich werde mich noch ein bisschen unters Volk mischen. Wir sehen uns bestimmt später noch.«
    »Gut, dann geh ich mal. Bis später, Nadia. Auch ein schöner Name, übrigens.«
    »Viel Glück, Quentin!«
    »David. Ich heiße David, sorry.«
    »Also gut. Dann eben viel Glück, David! Und gib deiner Kelly einen Kuss von mir, ja?«
    »Ich werde es versuchen. Danke. Bis später.«
    Ich ging wieder in den Tanzraum und hielt nach Kelly Ausschau. Ich musste ihr einen Kuss geben, Befehl von Nadia, jetzt, sofort, bevor dieser seltene Anflug von Mut, den ich Nadia zu verdanken hatte, sich in Luft auflöste. Seltsam, dass es ausgerechnet einem wildfremden, traurigen Mädchen gelungen war, mich so weit zu bringen. Ich war bereit und alles, was jetzt noch fehlte, war Kelly. Auf der Tanzfläche war sie wieder nicht, auch ein Gang durch alle dunklen Ecken blieb erfolglos. Verzweifelt setzte ich mich auf einen Tisch etwas abseits der Tanzfläche und zündete mir eine Zigarette an. Im Schein meines Feuerzeuges konnte ich ein Pärchen sehen, das sich auf dem Boden direkt neben mir wälzte. Konnten sie das nicht zu Hause erledigen? Warum mussten sie es ausgerechnet dort tun, wo ich mich hingesetzt hatte? Ich empfand es als ungeheuerliche Zumutung, gerade mir vorzuführen, wovon ich so lange schon träumte. Wie eng das Liebesspiel dort auf dem Boden mit meinen Träumen verknüpft war, konnte ich allerdings nicht ahnen. Kurze Zeit später, als ich mir noch eine anzündete und das Licht auf mein Gesicht fiel, passierte es.
    »David, bist du das?«
    Kelly! Endlich war sie da, endlich war sie gekommen, um mich zu retten und der Traurigkeit in die Eier zu treten. Aber irgendetwas stimmte nicht, irgendwas war nicht in Ordnung.
    »David?«
    Nein, bitte nicht, dachte ich. Gott im Himmel, lass es bitte nicht wahr sein! Sag mir, dass der Alkohol mein Gehör ruiniert hat und dass Kellys Stimme nicht von rechts unten kommt, dass sie nicht 5 0 Prozent von dem ist, was sich dort auf dem Boden wälzt. Sag mir, dass es noch ein anderes Mädchen mit derselben Stimme gibt, die meinen Namen auch englisch ausspricht.
    »David, hallo! Hier unten bin ich.«
    Verdammt! Wie konnte nur jemand an diesen verfluchten Gott glauben, wenn er nicht einmal die einfachsten Dinge auf die Reihe kriegte? Ich weiß nicht, was in diesem Augenblick größer war, die Traurigkeit, die Enttäuschung oder die Wut. Wahrscheinlich war es die Mischung aus allen dreien, die mich meine Bierflasche an die Wand feuern ließ, ganz dicht neben Kelly. Ich hatte das dringende Bedürfnis zu schreien, so laut, dass es Käthchen noch hören konnte, aber alles, was ich fertigbrachte, war, die Flasche an die Wand zu werfen und rauszurennen. Ich wollte einfach nur weg, irgendwohin, wo es nicht wehtat, aber ich kam nicht weit. Ich lief durch den anderen Raum auf den Ausgang zu, als mich jemand am Arm festhielt.
    »Sunshine! Na guck mal einer an. Genau auf dich hab ich gewartet.«
    Hoffmann, dieser Vollidiot.
    Ich holte aus und schlug zu. Mitten ins Gesicht. Es war ganz einfach, kein Problem, weil ich keinen Moment nachdachte. Er fiel langsam um und blieb liegen. Traurigkeit, Enttäuschung und Wut hatten ihn niedergestreckt und dagegen kommt niemand so leicht an. Ich wollte weitergehen, aber wieder hielt mich jemand am Arm fest.
    »David, bleib hier!«
    Es war Kelly, verdammt. Ich wollte sie nicht sehen. Nie mehr.
    »Lass mich in Ruhe!«, fuhr ich sie an.
    »David, beruhig dich doch«, sagte sie, wie eine verdammte Krankenschwester.
    »Du sollst meinen Arm loslassen!«, zischte ich sie an. »Geh und wälz dich weiter auf dem Boden!«
    »Was ist denn los mit dir, verdammte Scheiße?«, brüllte sie.
    »Das weißt du doch ganz genau!!!«, brüllte ich zurück.
    »Nein, das weiß ich nicht! Sag es mir!«
    Der immer noch liegende Hoffmann und unsere Lautstärke hatten natürlich eine ganze Menge Leute herbeigelockt, die im Kreis um uns herumstanden und glotzten. Wie bei einer Hinrichtung.
    »Du willst wissen, was los ist?«, brüllte ich weiter.
    Wenn man einmal angefangen hat, ist es schwer, wieder aufzuhören.
    »Ja, sag’s mir! Sag mir, was

Weitere Kostenlose Bücher