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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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bis fünf kalibriert
– wobei eins die kleinste und fünf die höchste
Stufe ist.«
    Siobhan nickte. »Und am 9. Juni…«
    »Der 9. Juni war hauptsächlich das Ergebnis eines
koronaren Masseausstoßes und wurde auf unserer G-Skala
gemessen, der Skala für geomagnetische
Stürme.«
    »Und die Stärke?«
    »Hat die Skala gesprengt. So etwas wie den 9. Juni hatte
es bisher nicht gegeben. Aber die Ironie ist, dass das Ereignis
exakter prognostiziert wurde als jede bisherige
Sonnenstörung in der Geschichte – dank Doktor
Mangles.« Er schaute flüchtig auf Eugene.
    Doch Eugene war abwesend wie immer und reagierte nicht auf die
›Regieanweisung‹; überhaupt schien er sich der
Existenz der Gruppe kaum bewusst.
    Die Anwesenden schwiegen peinlich berührt. Bud setzte
eine Pause an.
     
    Man musste sich den Kaffee allerdings selbst holen; es war
kein Bedienungspersonal anwesend. Und es gab nicht einmal
knusprige Proteinkekse – keinen einzigen Vollkornkeks auf
dem ganzen verdammten Mond.
    Schnell formierte sich eine Schlange am Kaffeespender an der
Rückseite des Raums. Michail, der ziemlich weit vorn in der
Schlange stand, nahm zwei Plastikbecher mit Kaffee und
näherte sich zögerlich Siobhan, die einen Becher
dankbar annahm. Michails Gesicht war melancholisch und
zerknittert, und seine Stimme war warm und sonor; Siobhan mochte
ihn sofort.
    »Ich kann mir vorstellen, dass Sie der erste
Königliche Astronom sind, der dem Mond seine Aufwartung
macht…«
    »Wissen Sie, ich glaube kaum, dass einer von uns auch
nur jemals von der Erde abgehoben hat.«
    »Flamsteed wäre stolz auf Sie.«
    »Ich würde mich freuen, wenn es so
wäre.« Sie nippte am Kaffee und verzog
unwillkürlich das Gesicht.
    Er lächelte. »Ich entschuldige mich für den
Kaffee ›Clavius‹. Und für den Empfang, den man
Ihnen hat zuteil werden lassen. Wir Mondleute sind ein kauziges
Völkchen. Eine geschlossene Gesellschaft.«
    »Ich hatte eine gewisse Inselmentalität
erwartet.«
    »Es ist noch mehr als das«, sagte Michail.
»Wir sind sehr selbständig – das müssen wir
auch sein. Zugleich leistet es aber auch einer gewissen
Gleichgültigkeit, manchmal sogar Ablehnung gegenüber
Fremden Vorschub. Diese Sitzung dreht sich natürlich nur um
Eugene. Und Eugene ist…«
    »Wunderlich?«
    Er lächelte. »So etwas in der Art. Er ist auf jeden
Fall eine komplizierte Persönlichkeit. Zumal sein Fachgebiet
nicht unbedingt geeignet ist, Sozialkontakte zu knüpfen. Die
letzte Generation der Sonnenphysiker ist durch die Neutrinos
für lange Zeit kompromittiert worden.«
    »Aha. Die ›Neutrino-Anomalie‹.« Als
man die Studien in dieser Richtung intensivierte, war der
Neutrinofluss, den man aus dem Kern der Sonne entdeckte, deutlich
schwächer, als es aufgrund der damaligen Modelle der
Teilchenphysik prognostiziert worden war. Bis sich herausstellte,
dass die Prämissen falsch waren: Die ursprünglich als
masselos geltenden Neutrinos besaßen nämlich doch eine
Masse, und nachdem die theoretischen Modelle dahingehend
revidiert worden waren, verschwand auch die
›Anomalie‹.
    »Sie wissen doch, wie das in der Wissenschaft
läuft«, sagte Michail düster. »Sie ist
Trends unterworfen. Mein Arbeitsgebiet, dieses chaotische
Sonnenwetter mit seinen Plasmastürmen und verschlungenen
Magnetfeldern, ist noch nie ›sexy‹ gewesen. Und als
sich dann herausstellte, dass die Anomalie gar keine war, konnte
man mit dem Sonnenneutrino-Studium keinen Blumentopf mehr
gewinnen. Doch dann hat Eugene den Elfenbeinturm wieder
aufgemischt, indem er noch eine Neutrino-Anomalie entdeckte
– gerade als alle glaubten, die Sache sei endgültig
abgehakt.«
    »Schön und gut. Aber wenn er auch schwierig ist,
habe ich doch das Gefühl, dass er hier beliebt
ist.«
    Michail schürzte die Lippen. »Beliebt würde
ich nun nicht sagen. Aber es ist weithin bekannt, dass wir es
Eugene zu verdanken haben, wenn es überhaupt eine
Frühwarnung vor dem Ereignis des 9. Juni gab. Nur dass
niemand ihm ein Wort geglaubt hatte, bis das Desaster schon
seinen Lauf nahm – er ist sogar zum Südpol gekommen,
damit ich Alarm schlagen konnte. Dennoch sind durch Eugenes
Warnung viele Menschenleben gerettet worden. Wissen Sie, dadurch
ist er zu einer Art Volksheld unter uns Exilanten von der Erde
geworden. Wenn also ein Außenseiter wie Sie auftaucht, egal
wie hoch qualifiziert…«
    »Ich verstehe.« Sie musterte ihn und sagte

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