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Sonnenwende

Sonnenwende

Titel: Sonnenwende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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groß, dass Wladimir hoffte, dort Hundertschaften anbetungswürdiger Frauen zu treffen. Und es war sauber. Es gab Geräte, deren Funktionsweise man erst ergründen musste, bevor man sich heranwagen durfte, außerdem vierzehn Spinning-Kurse pro Woche. Und es gab einen opulent ausgestatteten Kinderbetreuungsraum, in dem die Kinder der Mitglieder von täglich wechselnden Erzieherinnen pädagogisch sinnvoll bespielt wurden.
    Auf eine von ihnen hatte es Wladimir abgesehen. Franziska. Sie sah so unbedarft aus mit ihrem fragenden Blick und den wallenden blonden Locken, an denen sie gerne herumspielte – und trotzdem so sexy. Von ihren Stringtangas, die sich durch die Hosen abzeichneten, bekam er richtig Gänsehaut.
    Wladimir hätte niemals eine Frau direkt angesprochen, denn das hätte den Eindruck vermittelt, er wollte sich anbiedern. Das stimmte natürlich, aber deshalb durfte man es noch lange nicht zeigen. Außerdem schlug unter seiner souveränen Schale ein verletzliches Herz. Einen Korb zu bekommen wäre einer Kastration gleichgekommen. Bei Franziska einen Annäherungsversuch zu initiieren erwies sich daher als kompliziert; es gab zu wenig Berührungspunkte. Doch Wladimir hatte schon ganz andere Bastionen erobert und größere Widrigkeiten zu überwinden gewusst. Wie bei Raubrittern üblich, ersann er einen Plan, und wie bei Plänen üblich, sah der eine List vor. Die war nicht besonders originell, hatte sich aber geschichtlich bewährt.
    Einmal pro Woche kümmerte Tom sich um Paula, Laras Tochter. Süßes Ding, die Kleine, würde bestimmt mal ein Feger werden. Sonst mochte Wladimir Kinder ja eher nicht so und bezeichnete sie gerne mal als »Schädlinge«. Paula aber konnte ihm von Nutzen sein: Da Tom ohnehin zu einem Probetraining mitkommen wollte, müssten sie nur den Tag, an dem er sich |56| um Paula kümmerte, mit einem von Franziskas Betreuungstagen koordinieren, Paula mitnehmen, sie als Pferd anmalen, Wladimir unter ihrem T-Shirt verstecken und sie in die gläserne Kinderbetreuungsfestung schieben. Während Franziska noch das Tier bestaunte, spränge Wladimir wie aus der Geburtstagstorte, der Rest ergäbe sich von selbst: »Ist das Ihre Tochter?« – »Aber nein, ich kümmere mich nur manchmal um sie.« – »Wie nett von Ihnen.« – »Ja, nicht?« – »Wollen Sie keine eigenen Kinder?« – »Auf keinen Fall, aber auf Sex stehe ich schon.« – »O toll, ich auch.« So irgendwie konnte es gehen.
    Paula fand Fitnessstudios blöd, aber als Wladimir ihr erzählte, dass es dort eine Million Spielsachen und sogar einen Lerncomputer für Kinder gab, willigte sie ein. Auf der Fahrt fragte sie: »Onkel Tom, warum soll eigentlich Wladimir mich in das Spielzimmer bringen, wenn wir da sind?«
    »Weil die Betreuerin seine Herz-Dame ist und er sich gerne an sie ranmachen will.«
    »Was ist das, eine Herz-Dame?«
    »Das bedeutet, dass Wladimir scharf auf sie ist.«
    »Ist das so, wie wenn man verknallt ist?«
    »Genau.«
    Im Fitnessclub kamen Wladimir Zweifel. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, Paula als Köder zu benutzen. Was da alles schiefgehen konnte! Er stand an der Rezeption und wog die Risiken ab.
    »Tom, willst du das nicht lieber machen?«
    Tom und Paula tauschten einen verwunderten Blick. Seit Wochen überlegte Wladimir, wie er sich am besten an Franziska heranmachen konnte, und jetzt, wo er endlich einen Weg gefunden hatte, klemmte er plötzlich den Schwanz ein. Paula stemmte eine Hand in die Hüfte und zog eine ungeduldige Schnute: Alles musste man selber machen. Sie nahm ihn an die Hand: »Wo geht’s lang?«
    |57| Wladimir machte ein zerknirschtes Gesicht und zeigte ihr die Richtung.
    »Bis später, Tom«, verkündete Paula, stapfte wie durch ein Schneegestöber und zog Wladimir hinter sich her.
    »Hallo, ich bin Franziska, und wer bist du?«
    »Ich bin Paula. Das hier ist übrigens Wladimir.«
    Wladimir hob mechanisch eine Hand: »Hi.«
    Franziska: »Hallo.«
    Paula: »Komisch, du siehst gar nicht aus wie eine Herz-Dame.«
    Franziska: »Was?«
    Paula: »Mein Onkel hat gesagt, du bist die Herz-Dame von Wladimir. Der gehört nämlich eigentlich gar nicht zu mir. Er hat mich nur hergebracht, weil er … scharf auf dich ist. Das heißt, er ist verknallt in dich, glaube ich, aber ich hab’s nicht ganz verstanden. Wo ist der Computer?«
    Wladimirs Kopf sah aus wie ein Ballon. Jeden Moment konnte er abheben und seinen Körper mit sich davontragen wie eine Schnur. Franziska und er sahen sich an, und sie

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