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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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»Als Paragraphenreiter. Nur kaufen se dir deine Spielchen nich ab, Paps. Also verduftense sich einfach, auf 'ner Wolke.«
    Der Mann steht mit hängenden Schultern wie eine Statue da und hört zu.
    Wilbys Stimme wird zu einem langsamen, rhythmischen Singsong.»KoKs … Tee … Goof-balls … Religion … Alkohol … Gott … goldene Uhr zum Fünfundsechzigsten … Wo ist da groß'n Unterschied, Mann?«
    »Wo ist Jenny?«
    »Baby, die Platte hat 'nen Kratzer. Also ich, ich stehe nur auf Pillen. Auf geht's, und 'runter, und 'rauf … alles auf einmal. Soll ich mir vielleicht 'nen Rausch ansaufen? Wie … deine Spießer.« Seine Stimme wird zu einem schrillen Kreischen. »Cocktailstunde, Frauchen, schaff die Gören weg! 'raus! Paps muß sich vor dem Essen vollaufen lassen!« Dann klingt sie wieder selbstzufrieden, spöttisch aufrichtig. »Hab' dich beobachtet, Mann. Dich hat's gepackt. Und wie.«
    »Wilby, ich frage nicht noch einmal.«
    Sein Kopf liegt fast auf der Schulter. »Liebste Jenny, Paps?«
    Der Mann brummt etwas Unverständliches mit zusammengebissenen Zähnen. Und Wilby grinst.
    »Du weißt nicht, wer du bist. Niemand … weiß es.«
    Ein Schrei durchschneidet den gedämpften, monotonen, nervenaufreibenden Beat aus dem anderen Zimmer. Der Mann dreht sich um. Wilby hebt lauschend den Kopf. Und der Mann reißt die Tür auf. Ein Mädchen, pudelnaß von der Dusche, liegt mit durchgebogenem Rücken auf dem Boden und flüstert: »… wo bin ich? Es ist wunderbar … Herrlich, wenn man so …«
    Ein Junge kaut mit verbissenen Bewegungen. »Tut doch was«, fleht die Orientalin, »er soll aufhören, er frißt eine Kerze.«
    Der Mann schließt die Tür, bleibt schwer atmend davor stehen.
    »Diese LSD-Sucht«, sagt Wilby langsam und sinnend, »das is 'ne Sache, die ich nich kapiere. Auf die Wolke klettere ich nich mehr … ein Reinfall … schlimmer … wie – Hiroshima, Nagasaki – so muß es gewesen sein.« Wilbys Ton und Haltung drückten dumpfe Angst aus. »Als wenn man überschnappte … ganz hinüber.« Dann schaut er hoch. »Paps, 's gibt Orte in dir selbst, wo du nie hinwillst.«
    »Ich war dort«, entgegnete der Mann.
    »Jaa –«, und der verträumte Ton wandelte sich in eine Mischung von Frage und Befriedigung. »Ja, so siehste aus, Mann … als würdeste abkratzen. Drehste durch, Paps?«
    Die rechte Hand des Mannes hebt sich langsam und stößt dann in die Jackentasche. »Ich weiß nicht. Es ist anscheinend auch egal.« Er trittnäher und setzt die Wörter einzeln, mit einer Intensität, die die Luft vibrieren läßt, als wolle sie explodieren. »Also … was … ist … mit … Jenny?« Die Wörter stehen förmlich im Raum.
    »Jenny –« Vage: ein Mann, der aus dem Traum erwacht und einen entfernt bekannten Namen hört. »Jenny?«
    Der Mann bückt sich, bis sein Gesicht fast das des anderen berührt. »Jenny!« brüllt er schließlich. »Jenny!«
    Wilby setzt die Brille ab, blinzelt. Dann sanft: »Jenny? Warum … Mann … sie ist tot.«
    Nur das Wimmern der Musik übertönt die Stille. Der Mann richtet sich schwerfällig auf.
    »Jenny ist gestorben«, sagt Wilby und legt sich zurück, einen Arm schützend vor den nackten Augen. »Heute nachmittag.«
    Im anderen Zimmer lacht jemand: ein ungleichmäßiges Perlen, das nicht aufhören will.
    Es ist, als bringe dieser Laut Leben in den Mann. Er wirbelt auf dem Absatz herum, reißt die Tür auf, drückt auf den Schalter an der Wand und starrt auf die brutal angestrahlte Szene.
    »Mach das Licht aus!« Es ist der Junge, der vor einigen Minuten die Kerze verspeist hat. Jetzt steht er schwankend da, mit schweißbedecktem Gesicht, weit aufgerissenen Augen und großen Pupillen. »Aus! Ich bin glücklich! Ich genieße das Leben. Laß mich in Frieden. He!« Die Worte gipfeln in einem bangen Aufschrei.
    »'raus mit euch.« Nur ein ersticktes Flüstern kommt heraus, überdröhnt vom Jaulen und Stampfen der Musik.
    Als er es wiederholt, hört ihn niemand. Da stelzt er zum Plattenspieler, greift nach dem Tonarm. Ein Aufkreischen, dann ein Kratzen, gefolgt von Klicken und Summen.
    Dann Stille.
    Der dürre Neger dicht daneben scharrt mit den Füßen, macht den Mund auf. »He, was –«, bricht ab. Er spricht nicht weiter, weil der Mann einen Revolver aus der Tasche zieht, ihn locker in der Hand hängen läßt, als sei er zu schwer.
    In das Schweigen hinein sagt er: »Schert euch aus meiner Wohnung.« Jemand schreit grell auf – die

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