Sonst kommt dich der Jäger holen
immer androhen, das Grab beseitigen zu lassen.«
»Dürfen wir das?«
»Da reicht ein Fingerzeig. Zweitens …«
»Ja?«
»Frau Fischer.«
»Äh, Fischer?«
»Die Auffinderin. Sie soll herkommen, und du machst ein Protokoll mit ihr. Und frag sie mal, wo sie am Freitagnachmittag zwischen«, er grinste, »zwei und vier war.«
Johannes’ Adamsapfel hüpfte auf und ab. »Als die Verdeckten da waren? Gibt es da eine Verbindung.«
Felix schwieg.
»Äh, Felix, kennst du sie eigentlich besser?«
»Willst du mir irgendwas sagen, Johannes?«
»Äh, nein. War nur so ein Gefühl und … Also Laura hat gemeint, dass ihr, also dass du … Wo du doch ihren Hund zu dem Hundeführer gegeben hast und dass du, also dass sie vielleicht gewusst hat … Laura hat gemeint, dass es doch so Leute gibt, die gern, äh, die sich gern für die Polizeiarbeit interessieren und so.«
»So, so. Das hat die Laura gemeint.«
»Ja, aber ich glaube, nicht nur die Laura, also nicht, dass du jetzt meinst …«
»Genau deshalb bestellst du sie für morgen ein, und dann fragst du sie das.«
»Äh, ob sie dich privat kennt?«
»Johannes, das ist eine wirklich gute Frage.«
»Jetzt verarschst du mich aber?«
»Drittens lässt du dir von Laura die Ergebnisse der Kontenüberprüfung vom Jensen geben.«
»Mach ich.«
»Brauchst was zum Schreiben?«
»Nein, das kann ich mir merken.«
»Frag den Bert, wenn irgendwas unklar ist. Ich bin später mal weg.«
»Äh, wo, äh, ja. Mach ich. Den Bert fragen.«
»Und dann machst du bitte eine Internetrecherche in der Jägerszene. Ich will wissen, ob der Mord an Gerd Jensen wirklich als Jagdunfall diskutiert wird und das Image der Firma Puster-Bittermann befleckt, wie unser Herr Direktor das ausgedrückt hat. Da gibt es diverse Foren, Bert hat diesbezüglich schon mal nach anderen Dingen recherchiert, er kann dir die ergiebigsten Adressen nennen.«
»Okay.«
»Und dann …«
»Felix, jetzt brauche ich doch was zu schreiben.«
»Da bin ich aber froh.«
»Äh, und was ich dir noch sagen wollte: Ich habe in Kiel angerufen. Die Kollegen berichteten, die Witwe habe geweint …«
Es klopfte.
»So was brauchst du mir nicht sagen, Johannes, das ist ja das Normale, dass eine Witwe weint. Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich dich gebeten, in Erfahrung zu bringen, ob etwas Ungewöhnliches geschehen ist. Ja, bitte.«
Laura Lichtenstern trat ein.
Johannes starrte zu Boden.
»Gute Arbeit«, munterte Felix ihn auf.
»Wir haben jetzt gleich Besprechung«, begann Laura. »Ich wollte das Zimmer vorbereiten und habe da etwas an der Pinwand gefunden, das … Also ich glaube, das ist eine Zeichnung von deiner Tochter. Keine Ahnung, wie die da hinkommt, jedenfalls habe ich sie mal abgenommen. Ich hoffe, das ist in deinem Sinne? « Sie reichte ihm seine Skizze der Skorpion.
Felix griff nach dem Blatt. »Danke, Laura.«
Sie zwinkerte ihm zu. »Gern geschehen! Ziemlich begabt, deine Kleine! Aber sie hat die Schulterstütze vergessen.«
22
Am Montagmittag hatte ich mir die Mailbox-Nachricht von Felix’ jungem Kollegen zweimal angehört und sie dann gelöscht. Er würde wohl kaum in den nächsten Tagen das Glück haben, mich persönlich zu erwischen. Wenn ich mit der Polizei reden würde, dann mit Felix. Und der konnte sich ja wohl denken, wo sich die uneinsichtige Frau Fischer wieder mal rumtrieb: in der Sperrzone.
Flippers Schnauze steckte in einem Maulwurfshügel. Seine Pfoten wirbelten wie Trommelstöcke. Er machte einen Buckel, sprang mit allen vieren hoch, peste auf mich zu mit seinem muskulösen lang gestreckten Körper, ein Galopper auf der Zielgeraden. Doch dann … Was war das? Flipper ging durch! Mit langen Sätzen raste er an mir vorbei den Waldrand entlang. Und war verschwunden. Mein Plan, mich bei Frau Brandl zum Kaffee einzuladen, verpuffte.
Irgendwo im Wald hörte ich ihn heulen, und ich bekam eine Gänsehaut. So hatte ich ihn erst einmal gehört. Das war, als Andrea in den Isarauen überfallen worden war und Flipper den Täter in die Flucht geschlagen hatte. Ich rannte in den Wald, immer Flippers Heulen hinterher. Nach zwei, drei Minuten kam ich atemlos an einem Holzstapel an, Flipper saß hektisch hechelnd davor. Und noch jemand saß da.
Die Frau, nein, das Mädchen, kauerte hinter dem Holzstapel am Rand des Trampelpfades. Riesengroße, weit aufgerissene Augen, türkise Seen. Flipper schickte mir einen Eilantrag. Tu was, las ich in seinem Blick, denn ich konnte mich nicht losreißen von
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