Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
Vom Netzwerk:
Dienststelle. Dort würde er mir nicht entkommen. Kaum hatte ich »Russen« gesagt, schlug er von sich aus ein Treffen vor. »Jetzt gleich.«
    »Wo?«
    »Ich habe einen Termin in München, kennst du das Hotel in der Lindwurmstraße, bei mir ums Eck, verdammt, wie heißt das jetzt gleich wieder, vorne Richtung Sendlinger Tor, daneben ist ein Café.«
    »Ich weiß, wo das ist. In der Nähe habe ich mal Yoga unterrichtet.«
    »In einer Stunde?«
    Er klang völlig normal. Überhaupt nicht genervt von meinen Ermittlungen. Eher neugierig. Und damit verblüffte er mich.
    *
    »Ja?«
    »Die Frau mit dem Hund war schon wieder da. Hat Galina gesehen. Was soll ich tun?«
    »Häng dich dran.«
    »Okay.«

23
    In dem kleinen Café in der Lindwurmstraße machte Felix es mir leicht, indem er in Deckung blieb. Ich saß dem Kommissar gegenüber. Er wollte, dass ich die Begegnung im Wald zweimal erzählte. Beim ersten Mal hatte er mich nicht aus den Augen gelassen, nun, beim zweiten Mal, schweifte sein Blick zum Fenster, und er schaute auf die Lindwurmstraße hinaus, als würde sich dort eine Wüste erstrecken, so weit in der Ferne ermittelten seine Gedanken. Als ich geendet hatte, schwieg er lange, dann ging ein halber Mond auf in seinem Mundwinkel.
    »Russen also.«
    Es schien ihn zu freuen.
    »Was kannst du unternehmen, um dieser Frau mit der Tätowierung zu helfen? Man muss mit ihr reden, ohne die Kerle im Hintergrund.«
    »Willst du ein Stück Kuchen?«, fragte er mich, als hätte ich mir das verdient.
    Ich lehnte ab.
    »Weißt du«, sagte er schließlich, »ich habe in diesem Fall schon einmal mit einem Russen gesprochen. Ganz am Anfang, im Zuge der ersten Befragungen. Es gab ja doch einige Zeugen, Spaziergänger und so weiter. Doch den habe ich vergessen. Obwohl es auf der Hand liegt. Klar, BKA . Er hätte ja irgendein Hausmeister sein können. Heutzutage gibt es überall Osteuropäer. Die Grenzen sind offen, das ist nichts, was einen automatisch alarmiert. Russen also.«
    »Und was bedeutet das?«, fragte ich, denn leider konnte ich mir auf seine Erläuterungen keinen Reim machen.
    »Das, was ich mir schon gedacht habe, wenn ich es hätte denken dürfen, ist nun von außen, also von dir, zu mir gekommen, was die Lage verändert und einiges erklärt. Vor allem auch die Skorpion. Sehr beliebt im Ostblock. Aber eben auch in Südeuropa. Da war ich auf einer ganz falschen Spur.«
    »Was bist du eigentlich für ein Sternzeichen?«, fragte ich.
    Aber er schaute schweigend dem Verkehr auf der Lindwurmstraße zu, vor dem Café hielt ein Taxi. Plötzlich ein Erkennen im Blick des Kommissars.
    »Frau Jensen.«
    »Wer?«
    »Die Frau des Opfers«, er zuckte mit den Schultern. »Natürlich. Das Hotel hab ich ihr selbst empfohlen. Ist nicht so einfach, wenn man unvermittelt nach einer Unterkunft gefragt wird. Da ist mir das eingefallen. Kennst du so was?«, fragte er mich.
    Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach, und das sah er mir wohl an.
    »Dass einem so was dann plötzlich einfällt, was man unbewusst wahrgenommen hat? Das Hotel liegt ja bei mir um die Ecke. Es ist gar nicht so teuer, wie es von außen wirkt.«
    Jetzt konnte ich wieder mitspielen. »Zur Wiesn ist das hier die teuerste Gegend«, widersprach ich.
    »Ja, sicher«, sagte er zerstreut. Dann legte er seine Hand auf meine. »Franza, ich muss los.«
    »Wohin?«, rutschte es mir heraus.
    Er musterte mich einen Moment. Dann lächelte er und sagte einfach: »Weg«.
    *
    »Ja?«
    »Die Frau mit dem Hund ist ein Polizeispitzel. Sie sitzt jetzt mit dem Bullen, der mit Andrej gesprochen hat, in einem Café in München. Was soll ich tun?«
    »Bleib dran. Krieg raus, wie sie heißt, wo sie wohnt.«
    »Okay.«
    *
    Felix war noch keine fünf Minuten fort, und ich hatte gerade meinen Milchkaffee ausgetrunken, da lief Frau Jensen, die Witwe des Opfers, erneut am Café vorbei.
    Ich dachte nicht darüber nach, warum ich es tat. Es war wie ein Reflex.
    »Fuß«, raunte ich Flipper zu, als wir auf die Lindwurmstraße traten. Frau Jensen, eine unauffällige, schlanke Gestalt Mitte fünfzig in Jeans und sportlicher blauer Windjacke, hakte sich bei einem Mann mit Schnauzer unter. Ich wechselte einen Blick mit Flipper.
    »Wir bleiben dran«, gab ich die Parole aus.
    Frau Jensen und ihr Begleiter liefen zum Sendlinger Tor und über die Herzog-Wilhelm-Straße zur Fußgängerzone. Kurz überlegte ich, Flipper irgendwo warten zu lassen, weil ein großer schwarzer Hund auffällt, doch das war nicht nötig

Weitere Kostenlose Bücher