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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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für ein Unterhosenwerbungskörper.
    Wir begrüßten uns wie zivilisierte Menschen mit einem Händedruck. Dann verschwand er im Bad und kehrte in einem langärmeligen blauen Shirt zurück. Der Boden in Küche und Wohnzimmer war mit Stofftieren übersät, die Flipper eins nach dem anderen interessiert beschnupperte.
    »Die müssen immer alle mit«, sagte Felix. »Eins, wenn fehlt – Katastrophe.«
    »Wie viele sind es denn?«
    »Elf«, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen und fragte: »Hunger?«
    »Ein bisschen«, log ich. Mein Magen war wie zugeschnürt. Flipper blieb abwartend in der Mitte des Wohnzimmers stehen. Das Kind schlief nebenan, aber es war überall. Da fand auch Flipper keine Ruhe. Als ich Sinah das erste Mal gesehen hatte, im Arm von Felix, hatte ich sie mit einem Spielzeug verwechselt, das die Polizei einsetzte, um Kinder zu beruhigen.
    Auf einmal stand sie in der Tür. Die blonde Prinzessin im rosafarbenen Schlafanzug, einen Eisbären im Arm. Schaute mich an mit ihren großen blauen Augen. Sagte lange nichts und dann »hallo«, während Flipper einen tiefen Zug Windelduft nahm. War sie dafür nicht zu alt? Oder trug sie die nur nachts?
    »Ja, wer ist denn da?«, fragte Felix und klang genauso albern wie ich, wenn ich mit Flipper redete.
    Ein Strahlen breitete sich in Sinahs Gesicht aus, sie reckte die Arme nach oben: »Noch eine Geschichte, bitte, Papa.«
    Schwungvoll hob er sie hoch. Sie kicherte. Flipper machte den Hals lang und wedelte verzückt.
    Ich wollte nicht, dass Felix sich zwischen uns entschied. Ich hatte Angst, ich würde verlieren.
    »Du hast doch bestimmt ein Eisfach?«, fragte ich ihn.
    »Bitte?«
    »Im Kühlschrank.«
    »Ja.«
    »Ich hol uns geschwind zwei Eisbecher zum Nachtisch. Ich wollte ohnehin Eis mitbringen, das hab ich in der Hektik total vergessen. Und Flipper muss auch noch mal, glaub ich. Ich komm gleich wieder, okay?«
    »Und du kommst wirklich wieder?«, fragte er und zog eine Augenbraue hoch.
    »Du meinst, wegen unserer flüchtigen Bekanntschaft?«, neckte ich ihn.
    »Nein. Wegen der bekannten Fluchtgefahr.«
    »Großes Indianerehrenwort«, versprach ich, und Sinah, ihre Wange an der von Felix, Milch-und-Honig über Stoppelfeld, nahm mich in die Pflicht: »Erdbeereis mit Sahne, hugh.«
    Röte schoss mir ins Gesicht. Drei Eisbecher.
    Mir war schlecht, als ich vor seinem Haus stand. Ich wollte da nie wieder rein. Ich war dem nicht gewachsen. Zu kompliziert, der Fall Felix. Es tat weh, aber ich sollte besser einen Schlussstrich ziehen – so lange das noch möglich war. Mit hängendem Kopf trottete Flipper neben mir her. Ich ließ die erste Eisdiele links liegen und lief weiter zur Sonnenstraße. Wie lange dauerte ein Märchen? Dann fiel mir ein, dass das Eis auf dem Rückweg schmelzen würde, wenn ich zu weit ging, und ich kehrte um zu der Eisdiele nah bei Felix’ Wohnung. Dort konnte ich mich nicht entscheiden. Zwei-, dreimal las ich die Auswahl. War Felix ein Fruchteistyp oder ein Milchspeiseeistyp? Das brachte mich zurück zum Ursprung. Begann er den Tag mit Marmelade oder Wurst?
    »Das ist ein sehr schöner Hund«, sagte da eine tiefe Männerstimme zu mir, und sie sagte sehrrr und Chund und auf angenehme Art nach Wodka klingend.
    »Danke«, erwiderte ich stolz, wie immer, wenn ich ein Kompliment für Flipper entgegennahm.
    »Chaben Sie keine Angst um diesen sehrrr schönen Chund?«, fragte der Mann, er war um die vierzig und gut gekleidet – weißes Polohemd, dunkelblaue Hose, dazu passende Schuhe, Herrenhandtasche.
    »Wieso sollte ich denn Angst haben?«, entgegnete ich und lachte sogar ein wenig, so absurd kam mir die Frage vor.
    »So ein Chund«, erklärte der Mann, »chat wenig Bluht. Ist schnell leer.«
    Freundlich hob er die Hand zum Gruß und verschwand.
    Als ich wieder bei Felix war, hatte ich kein Eis und einen halben Nervenzusammenbruch. Es dauerte fünf Minuten, bis ich berichten konnte, was geschehen war. Und dabei zitterte ich, als hätte man mich in Sibirien ausgesetzt. Felix wollte wissen, wie der Mann ausgesehen habe, wie alt er gewesen sei, ob ich glaube, er sei wirklich Russe oder ob er das nur vorgegeben habe, ob ich ihn schon einmal gesehen hatte und ob ich glaubte, er habe mich verfolgt.
    »Ich weiß nicht!«, rief ich. »Immer wenn ich mit dir zu tun habe, ist Flippers Leben in Gefahr. Du bist Gift für uns, Gift!«
    »Franza! Du selbst bringst dich dauernd in Gefahr! Du selbst …«
    »Papa?«, fragte Sinah, schon wieder an der

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