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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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meinte.
    »Und als ich mit Ihnen am Hundert-Meter-Schießstand war, erzählten Sie mir von einem Exkollegen, dessen Garten Sie gießen müssten.«
    Überrascht starrte er mich an.
    »So habe ich mir zusammengereimt, dass Sie mit dem angeblichen Mörder befreundet sein könnten, und deshalb bin ich auch da.«
    »Jetzt versteh ich gar nix mehr.«
    »Ich glaube, die Polizei glaubt, dass der das nicht war. Aber wenn einer behauptet, er war es, dann ist das schwierig. Jetzt ist die Frage, wie man ihn davon abbringen kann, es noch schlimmer zu machen. Warum tut er das? Möchte er Ihnen und Ihren Kollegen einen Gefallen tun? Deckt er jemanden? Warum rennt er in sein Unglück? Was hat er davon? Oder ist das reine Geltungssucht? Die würde er teuer bezahlen. Schad um den schönen Garten. Den müssten Sie dann wohl gießen, für immer?«
    Mit zunehmender Verblüffung hörte Sepp Friesenegger mir zu.
    »Ich wollte Ihnen jedenfalls gesagt haben, dass es gut wäre, wenn ihn jemand zur Vernunft brächte, wenn er es nicht war.«
    »Entschuldigen’S schon, aber ich versteh noch immer nicht, warum Sie sich da so reinhängen.«
    »Ich suche eine Verbindung zwischen dem Gerd Jensen und den Russen.«
    »Wieso?«
    Tief schaute ich Sepp in die Augen.
    Sepp Friesenegger nickte. Endlich hatte er kapiert. »Sie helfen mir mit dem Kreitmayer Hans, weil Sie glauben, dass er ein Kumpel von mir ist, und ich soll Ihnen in Ihrer Sache helfen?«
    »Ja.«
    »Es geht Ihnen um eine Verbindung zwischen dem Jensen Gerd und den Russen?«
    »Ja.«
    »Aber ich kenn die Russen nicht, keinen von denen.«
    »Hat der Gerd Jensen sie gekannt?«
    »Woher soll ich denn das wissen?«
    »Wie war er denn, der Jensen?«
    »Ich hab mit dem nicht viel zu tun gehabt. Wir Büchsenmacher sind ja in der Werkstatt. Das war einer von den Oberen.«
    »Haben Sie schon mal mit einer Skorpion geschossen?«, fragte ich ihn direkt und starrte dabei Flipper an als wäre er ein Lügendetektor.
    »Für so ein Graffel interessiere ich mich nicht. Da musst du nichts können, da musst du bloß draufhalten. Das kann jeder Depp.«
    »Würden Sie sich mal für mich umhören?« Ich legte meine Hand auf seinen Arm.
    Geschmeichelt lächelte er mich an. »Einer schönen Frau einen Gefallen abzuschlagen, das wär ein Verbrechen.«
    »Und Sie denken darüber nach, wie Sie Ihren Ex-Kollegen vor weiteren Fehlern bewahren können?«
    »Kann man den mal besuchen?«
    »Tut mir leid, das weiß ich nicht.«
    »Und wie erreiche ich Sie?«
    Ich zückte mein Portemonnaie und gab ihm eine Visitenkarte.
    Interessiert schaute er sie an. »Ach, da steht es ja. Fitness, aha, Mastertrainer.«
    »Heute schon gejoggt?«, fragte ich ihn und beantwortete dann noch einige Fragen zur Überpronation, ehe ich mich von ihm verabschiedete.
    Zu Hause packte ich in großer Eile meine Sporttasche, wie so oft war ich viel zu spät dran, da klingelte es. Ein fremder Mann mit roter Brille stand vor meiner Tür und reichte mir ein Kuvert. Ich riss es auf, zwei Zettel.
    »Halt«, rief ich. »Wer sind Sie?«
    »Taxi«, sagte er. »Ich soll das hier abgeben. Ist schon bezahlt.«
    Ich starrte die beiden Zettel an. Auf dem einen eine Telefonnummer, auf dem anderen ein Name, Galina, beides getippt.
    »Kommen Sie von der Kanzlei Dürr?«, fragte ich.
    Der Mann zuckte mit den Schultern. An Flippers Wedeln konnte ich ablesen, dass das stimmte.
    Ich zückte mein Handy und tippte: Habe die Telefonnummer vom Pferdekopf. Melde dich.
    Ich zögerte. Dies war schließlich eine Rotes-Telefon-Angelegenheit. Ich löschte die Nachricht und tippte:
    »Als Kind habe ich mir immer ein Pferd gewünscht. Jetzt weiß ich, wo ich reiten kann. Kommst du mit?«

49
    Begeistert sog ich die Kulisse in mich auf: Ein selbst gebastelter Zaun aus Ästen und Zweigen, dahinter ein feuerwehrrot gestrichener Bauwagen mit Ofenrohr, verschiedene Schaukeln, Lagerfeuerplatz, Holz- und Steinkunstwerke. Und Kinder. Ein gutes Dutzend, das uns neugierig musterte. »Fuß«, befahl ich Flipper. Zwar entdeckte ich nirgends ein Schild, das Hunden den Zutritt in den Waldkindergarten verwehrte, doch ich wollte es mir nicht mit den Aufsichtspersonen verderben. Hunde bei Kindern verunmöglichten oft jedes entspannte Gespräch, selbst wenn der Hund Flipper hieß. Er war zu groß, zu schwarz, zu Tier, also unberechenbar und schmutzig. Bazillen, Würmer, Zecken. Vorsicht Selina; nicht so nah ran, Pascal; immer von der Seite, Mirjam; nicht anfassen, Sebastian; schau ihm bloß nicht in

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