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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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du erzählst den Kollegen von dem Überfall. Du sagst das, was du mir gesagt hast. Du wirst nicht lügen. Du wirst nichts erfinden, nichts verdrehen, nichts interpretieren und nichts verschweigen. Du bist vor deinem Haus überfallen worden. Die Kollegen können dort eventuell Spuren sichern.«
    »Mein Fahrrad liegt da noch!«
    »Hoffentlich«, sagte Felix.
    »Und warum bin ich nicht gleich zur Polizei gegangen oder noch besser: habe sie angerufen?«
    »Weil du im Schock warst, das ist ganz typisch.«
    Im Krankenhaus wurde meine Verletzung von dem Faustschlag ins Gesicht abgetupft und fotografiert. Sie sah schlimmer aus, als sie sich anfühlte.
    »Das sieht ja übel aus«, meinte auch der Beamte auf der Wache, der den Überfall protokollierte. Auf ein Pflaster hatte ich verzichtet. Draußen wurde es schon hell, und sein Kollege aus der Nachtschicht war eben nach Hause gegangen. Der sehnsüchtige Blick, den er in seinen Rücken bohrte, entging auch Felix nicht. »Nett von dir«, sagte er zu seinem uniformierten Kollegen, »dass du wegen uns noch was dranhängst.«
    »Haben Sie sich gewehrt?«, fragte der Beamte mich.
    »Sie hat die Kerle in die Flucht geschlagen«, stellte Felix richtig.
    Ein letzter Rest Wachheit sammelte sich im Blick des Beamten. Er musterte mich, als wollte er von meiner Statur auf meine Gefährlichkeit schließen.
    »Es waren zwei«, gab er zu bedenken.
    »Sie ist sehr sportlich«, erwiderte Felix, als wäre ich ein zum Verkauf stehendes Pferd.
    »Das sagt nichts, wenn du im Schock bist, Kollege.«
    »Ist mit klar.«
    »Zwei Männer, über eins fünfundachtzig? Muskulös?«, erinnerte mich der Beamte an meine Täterbeschreibung.
    »Vergiss den Hund nicht«, brachte Felix Flipper ins Spiel.
    »Ja freilich. Sicher, der ist groß, das erklärt es natürlich. Trotzdem Respekt!«
    »Danke«, nickte ich.
    »Und wie genau haben Sie sich gewehrt?«
    »Wie ich konnte … Ich weiß nicht …« Musste ich das zu Protokoll geben, dass meine weiblichen Waffen nicht aus Beißen und Kratzen, sondern aus Boxen und Kicken bestanden?
    »Haben Sie um Hilfe gerufen? Wir haben einen Anruf bekommen um 23:52 Uhr aus Ihrer Straße. Anwohner haben Schreie gemeldet. Als die Streife ankam, war alles ruhig.«
    Felix mischte sich ein: »Es würde nichts schaden, in den Krankenhäusern mal nach Hundebissverletzungen zu fragen.«
    »Am hinteren Oberschenkel«, warf ich ein. »Es hat ziemlich geblutet, die Zähne meines Hundes waren danach rot.«
    »Das machen meine Kollegen, ich sorge dafür«, versicherte der Beamte.
    »Und eine Streife könnte öfter mal bei Frau Fischer vorbeifahren«, schlug Felix in einem Ton vor, der einer Anordnung gleichkam.
    »Sowieso. Sollten wir Glück haben, können wir Blutspuren sicherstellen. Außerdem würden wir uns die Wohnung gern anschauen.«
    »Ich bring die Frau Fischer heim und ruf euch an, wenn sie in der Wohnung waren«, schlug Felix vor.
    Ein neuer Beamter trat ein. »Wem gheadn die Bestie vor der Tür? Die schaugt aus, ois obs aus jedm Hackfleisch macha woit, der wo ihr znah kemma dad.«
    *
    »Es gefällt mir nicht, was ich da höre. Was war los?«
    »Sie hat Jegor zwei Rippen gebrochen, den Kiefer zertrümmert, und der Hund hat ihm den Oberschenkel zerfleischt. Wladimir hat sie einen Zahn ausgeschlagen und das Knie gecrasht.«
    »Wie kann das sein! Versager!«
    »Mit so was haben wir nicht gerechnet. Wir waren nicht darauf vorbereitet, dass sie sich wehrt. Wir dachten …«
    »Und sie?«
    »Ist uns entwischt.«
    »Entwischt!«
    »Sie ist schnell. Wie gesagt. Wir dachten …«
    »Schluss! Nicht noch mehr solche Nullaktionen! Dann eben anders. Sie muss verschwinden. Sie hatte Kontakt zu dem Toten von Puster. Sie hat die Skorpion gefunden. Weißt du jetzt wenigstens, welcher Idiot die im Wald vergraben hat?«
    »Ich kümmere mich darum.«
    »Wieso dauert das so lange?«
    »Ich kümmere mich um alles.«
    »Ich gebe dir drei Tage. Und diesmal machst du es. Du selbst, Tichow, verstanden.«
    »Okay. Jа .«

54
    Als wir gegen sieben die Polizeiinspektion verließen, schlüpfte Felix aus seiner imaginären Uniform. »Du kommst jetzt mit zu mir«, befahl er. »Wir frühstücken, und dann schlafen wir eine Runde.«
    »Ich will wissen, wie es bei mir zu Hause aussieht«, widersprach ich.
    »Da wäre ich sowieso zuerst vorbeigefahren. Wir müssen dein Fahrrad sicherstellen. Außerdem warten die Kollegen ja auf die Nachricht. Ich glaube nicht, dass die Kerle in der Wohnung waren. Der dritte Mann

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