Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
Vom Netzwerk:
wird vor der Tür gelauert haben.«
    Es war genauso, wie Felix es erwartet hatte. Das Schloss war unversehrt, kein Fremder hatte meine Wohnung betreten, was ich an Flippers Benehmen ablesen konnte. Er schnupperte nicht übertrieben lange, sondern fühlte sich einfach zu Hause.
    »Eigentlich könnte ich auch gleich hierbleiben«, dachte ich laut.
    »Nix da«, entgegnete Felix.
    »Also stehe ich unter Polizeischutz?«
    »Du stehst unter meinem persönlichen Schutz«, erwiderte er zu meiner Verblüffung und legte den Arm auf dem kurzen Weg zum Auto um mich. Beim Einsteigen öffnete er die Beifahrertür von außen für mich. Kurz vor seiner Wohnung hielt er bei einer Bäckerei. »Du kannst dann schon mal rauf und Kaffee machen. Ich gehe eine kleine Runde mit Flipper. Der war jetzt sehr geduldig. Vielleicht möchtest du auch ein Bad nehmen. Irgendwo müsste noch Schaum sein von der Sinah. Oben auf dem Regal. Erdbeerduft, glaub ich. Dann essen wir was, und dann schlafen wir.«
    »Okay«, sagte ich und überlegte nur kurz, ob ich ein Aber nachschieben sollte. Denn natürlich gefiel es mir nicht, wie er über mich bestimmte. Und es war wunderbar.
    »Was wünschst du dir zum Frühstück?«, fragte er mich.
    Und da musste ich plötzlich lachen. Jetzt würde ich es doch noch erfahren.
    »Was du magst«, sagte ich.
    »Ich richte mich ganz nach dir.«
    »Wurst, Käse, Marmelade, Honig«, zählte ich auf.
    »Du? Zum Frühstück? Wurst?«, fragte er.
    »Du etwa nicht?«, fragte ich.
    Da lachte er auch, und dann kriegten wir beide einen regelrechten Lachanfall, wobei mir nicht klar war, was daran so lustig sein sollte, vielleicht war es die Übermüdung.
    Während er mit Flipper Gassi ging, duschte ich ausgiebig. Dann stellte ich die Kaffeemaschine an und legte mich kurz ins Bett.
    Sechs Stunden später wachte ich von einer kühlen Hundeschnauze auf. Danach streiften Felix’ warme Lippen meine Wange.
    »Ich geh mit Flipper raus«, verkündete er. So ein Mann war durchaus praktisch. Und lieb: Felix hatte mir neben meine Wäsche von gestern eine an den Knien abgeschnittene Jeans, ein grünes T-Shirt und einen Pullover, Socken und eine Herrenunterhose gelegt. Dass ich nicht daran gedacht hatte, mir Wäsche aus meiner Wohnung mitzunehmen! Seine Fürsorge rührte wohl daher, dass er Papa war. Sie gefiel mir nicht, und ich genoss sie sehr. Ich stopfte meine Wäsche von gestern in eine Plastiktüte, stellte mich noch mal unter die Dusche und zog dann seine Klamotten an. Die Jeans passte einigermaßen, Felix war ein Schmalhüfter. Draußen lockte ein strahlender Herbsttag, ich würde nicht frieren mit nackten Waden.
    Felix kam mit einer Dose Hundefutter zurück. Dass er daran gedacht hatte! Mich lud er zum Mittagessen ein ins Café Rothmund auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Da sah ich uns dann von außen sitzen. Der Mann und die Frau auf den grünen Gartenstühlen, daneben der Hund, ein schönes Bild des Friedens. Wir bestellten beide Pasta Arrabiata, und er kam mir zuvor, als er die Bedienung bat: »Bitte sehr scharf.«
    Während wir auf das Essen warteten, sprachen wir wenig. Ich merkte, dass es eine Weile dauern würde, ehe ich mich wieder sortiert hatte. Sicher, ich betrieb Kampfsport seit meinem zwölften Lebensjahr und konnte eine Reihe von Gürteln vorweisen. Doch Training und Showkämpfe waren etwas anderes als dieser Überfall. Und das lag nicht nur am Ambiente. Es war der Vernichtungswille. Den hatte ich allzu deutlich gespürt. Diese absolute Ausnahmesituation. Und ein kleines bisschen, das musste ich mir eingestehen, hatte es auch Spaß gemacht. Es war ja gut ausgegangen für mich. Ich lag nicht im Krankenhaus wie nach meinem letzten Kampf.
    »Wo warst du eigentlich, bevor du heimgekommen bist?«, fragte Felix mich. »Könnte dir jemand gefolgt sein?«
    Ich überlegte, ob ich ihm von den Erdbeeren im Garten meiner Oma erzählen sollte, da klingelte sein Handy. Wie immer ging er ran. Es war mir egal.
    »Servus … Ein Alibi? Der Kreitmayer? Ja, wo kommt denn das jetzt her? … Schau an! … Wie? … Josef Friesenegger? Der will mit dem Kreitmayer den ganzen Samstag zusammen gewesen sein während der Jagd? Aha? Und was sagt er, warum er uns das nicht gleich gesagt hat? … Da brauchen wir jetzt wohl Zeugen für das Alibi von dem Friesenegger? … Unfassbar … Ja. Danke. Ja, klar interessiert mich das, logisch. Danke.« Kopfschüttelnd legte er das Handy auf den Tisch.
    »Der alte Mann, der die Tat gestanden hat, was

Weitere Kostenlose Bücher