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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Fritz im Zug nach Norden; in Stuttgart stieß Lisa Remppis dazu. Sie freute sich, wieder mit ihrer alten Freundin ins Moor und zu den Bildern von Paula Modersohn-Becker zu fahren und hatte weitergehende Pläne im Kopf, die sie wohl erst später offenbarte.
    Bevor der Urlaub beginnt, noch ein Blick auf weitere Hinweise, die Sophie Scholls politisches Profil wiederum ein wenig deutlicher hervortreten lassen. Am Rande der hektischen Korrespondenz, in der beide ihre Aktivitäten zur Reisevorbereitung koordinieren, nimmt sich Sophie Scholl am 16. Juli Zeit für eine idyllische Skizze: »In meinem Bett, neben dem ich Dir schreibe, liegt der kleine Scheringer. Er hat einen Pudel im Mund, er schläft schon, und im Schlaf zieht er manchmal ein bisschen dran … Es gefällt mir, dass ich ihn heute nachmittag ganz für mich habe.« Der dreijährige Richard Scheringer junior mit seinem Schnuller – »Pudel« – ist der jüngste Sohn von Richard Scheringer und seiner Frau Marianne. Ihr Kontakt zur Familie Scholl reicht zurück in den Herbst 1933 und war – das belegt Sophie Scholls Schilderung – von freundschaftlicher Dauer.
    Von Richard Scheringer haben wir schon mehrfach gehört. Er war im »Ulmer Reichswehr-Prozess« 1929 zu Festungshaft verurteilt worden. In diesem Prozess schwor Adolf Hitler, als Zeuge geladen, dass die Nationalsozialisten nur den legalen Weg zur Macht nehmen würden. Im Sommer 1933 aus der Haft nach Ulm entlassen, versucht er in vielen Gesprächen – auch bei den Scholls – Klarheit über die politische Lage und seine eigene Zukunft zu bekommen. Lina Scholl war mit der Mutter von Scheringers Frau befreundet, und Werner, der jüngste Scholl-Sohn, mit ihrem Bruder Hermann. Richard Scheringer zieht mit seiner Frau in die Nähe von Ingolstadt und bewirtschaftet als Bauer den Dürrnhof. Zwischen 1935 und 1936 hilft Werner Scholl im Urlaub bei der Ernte, auch Hans Scholl kommt vorbei. Und wenn die Scheringers mit ihrer stetig wachsenden Kinderschar bei den Schwiegereltern in Ulm zu Besuch sind, werden offensichtlich auch die Scholls besucht. Richard Scheringer ist, bei aller Zurückgezogenheit, seinen kommunistischen Überzeugungen treu geblieben. Der Kontakt der Scholls mit ihm und seiner Familie ist ein winziges Zeichen gegenüber einem Regime, das Kommunisten wie Sozialisten weiterhin mit brutaler Härte verfolgt.
    In der letzten Juliwoche fahren Sophie Scholl und Fritz Hartnagel in den Sommerurlaub nach Norddeutschland. Am 9. August 1939 schreibt die achtzehnjährige Sophie Scholl ihrer Schwester Inge aus Worpswede einen Geburtstagsbrief: »Die Zahl Deiner Geburtstage wage ich nicht auszusprechen« – Inge Scholl wird zweiundzwanzig Jahre alt. Sophie Scholl ist unglücklich, weil sie mit ihrem selbstverordneten Ferienpensum – den Zeichnungen für »Peter Pan« – nicht vorankommt. Zum einen habe sie keinen richtigen Arbeitsplatz, aber »dann fehlt mir auch Dein Urteil, ich bin noch schrecklich unselbständig«. Sophie Scholls Urteil über die Malerin Paula Modersohn-Becker jedoch, die in Worpswede verheiratet war, eine lange Zeit in Paris lebte und arbeitete und 1907 in Worpswede starb, hat sich bei diesem zweiten Aufenthalt endgültig gefestigt. Sie ist »hell begeistert, ich verehre sie richtig. Sie hat für eine Frau ungeheuer selbständig gearbeitet, sich in ihren Bildern nach niemand gerichtet«. Da wird, wie bei der Tierbildhauerin Renée Sintenis, ein Gleichklang der Lebensziele spürbar, die für Sophie Scholl Vorbild sind – als Frau selbständig sein, eine Arbeit finden, die sinnvoll ist, wenn nötig gegen die Tradition und gegen gesellschaftliche Zwänge.
    Worpswede, wo sie »wegen der Zeichnerei große Sorgen und keine Lust« hat, ist die letzte Station der Ferien. Von Ulm waren die beiden zuerst an die Ost- und Nordsee gefahren. Im Dezember 1939 erinnert Fritz Hartnagel Sophie Scholl in einem Brief an Stationen dieses »gemeinsamen Sommers«: an den Strandkorb in Heiligenhafen, an den Omnibus, wo sie auf seinem Schoß geschlafen hat, an Sylt, wo sie im Dünensand lagen – »es war ein schönes Jahr«.
    Fritz Hartnagel musste unerwartet zu seiner Einheit zurückkehren, Sophie Scholl blieb noch in Worpswede. Wenig später ist sie Hals über Kopf abgereist. In der Jugendherberge, wo sie einquartiert war, hatte die Wirtin Sophie Scholl nach Rückkehr von einem Ausflug aufgeregt und misstrauisch befragt. Ein Gast, der kurzfristig ihr Bett belegte, hatte in Sophie Scholls Büchern

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