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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Erfahren.« Und kommt auf Otl Aicher zu sprechen, dem sie über das sonntägliche Tischgespräch nebst ihrem Lösungsvorschlag geschrieben hat. Aicher wiederum hat ihr dazu ein Buch in seiner Bibliothek empfohlen: »O Sofie, es ist wunderbar. … Es wird auch Dir sein wie köstliche Speise. Ich schicke es Dir mit … Aber lies es lieber zweimal durch! Beachte besonders Seite … nein, beachte alles, alles! … Wie muss Dir dabei ums Herz werden.« Inge Scholls Brief schließt fast hastig: »Am 1. Advent kommst Du?« Wie ist Sophie Scholl wohl ums Herz gewesen, als sie diesen Brief gelesen hat?
    Der Freundin Lisa Remppis vertraut sie drei Tage später, ohne einen konkreten Anlass zu benennen, ihre Gefühle gegenüber der ältesten Schwester an: »Vor dem Zusammensein mit Inge (ich merke immer mehr, wie gern ich sie habe) fürchte ich mich fast ein bisschen.« Sie sei nervös und habe »nicht die Frische und Festigkeit, die ich brauche, um ihr zu begegnen. Und manchmal habe ich das Bedürfnis, mich mit jemandem auszusprechen. Mit wem anders als mit Dir?« Der Brief klingt wie ein Selbstgespräch Sophie Scholls, mit dem sie auf Inge Scholls Brief reagiert: Natürlich liebt sie ihre Schwester innig. Auch wenn Inge Scholl anders ist – schwärmerisch, mit einem Aufwand an Gefühlen. Was Inge Scholl über das Beten schreibt, ist gut gemeint. Sie will Sophie helfen auf ihrem Weg zu Gott.
    Doch Sophie Scholl geht eine andere Straße. Weder kluge Argumente noch Autoritäten sind ihr eine Hilfe. Inge Scholl setzt in ihrem Brief die Existenz eines Gottes voraus, der es gut mit den Menschen meint. Sophie Scholl ist weit von einem solchen Glauben entfernt. Sie setzt nicht auf theologische Kapazitäten. Sie sehnt sich nach dem Gespräch mit einem Menschen wie Lisa – vertrauensvoll, unangestrengt, ohne Verpflichtung. In Inge Scholls Briefen an Sophie schwingt bei aller Liebe die Verantwortung mit, die die Ältere gegenüber der Jüngeren fühlt – für Sophie Scholl ein bedrängendes, einengendes Gefühl. Fast wie eine Verpflichtung, Inge nicht enttäuschen zu dürfen und deshalb ihre Argumente annehmen zu müssen. Welten liegen zwischen den Schwestern, wenn Inge Scholl Sophie immer mal wieder als »Sofielein« anspricht oder ihr am 8. Dezember schreibt: »Ich bin froh, dass Du das unbeeinflussbar Schöne und Natürliche immer wieder finden kannst und Dir trotz allem Deine harmlose Kindlichkeit bewahrt hast.« Die zwanzigjährige Sophie Scholl ist weder harmlos noch kindlich.

GOTT IST FERN

Einsam unter den Bekehrten
    Ein Jahr ging seinem Ende entgegen, das wie keines zuvor Sophie Scholl aus allen Sicherheiten gerissen hat. Aus dem gemeinsamen Winterlager in der Berg-Hütte tief im Schnee war sie Anfang Januar 1941 zuversichtlich und mit hohen Erwartungen in den Alltag zurückgekehrt. Die Abende bei gemeinsamer Lektüre im »Tagebuch eines Landpfarrers« mit Hans und Inge Scholl und Otl Aicher; ab Frühjahr im Lager Krauchenwies die tägliche Lektüre im »Augustinus«, die sie über Raum und Zeit hinweg mit Otl, Inge und Ernst Reden verband: Alles gab ihr das gute Gefühl, zusammen mit Gleichgesinnten auf dem Weg zu sein. Auf dem Weg zu Gott, zur letzten unerschütterlichen Sicherheit. Und nun, am Ende des Jahres, wenn sie in Blumberg ein wenig Zeit für sich selber und einen stillen Platz fand, vielleicht in der Kapelle, und verglich: Wie weit war sie gekommen auf diesem Weg und wie standen die anderen Menschen, die sie liebte und denen sie vertraute, zu Gott?
    Lina Scholl. Die Mutter, deren festen Glauben Sophie Scholl die längste Zeit ihres Lebens erfahren konnte, hat auch in diesen schrecklichen Jahren ihre Zuversicht nicht verloren. Das Leid der Menschen und das Unrecht ringsum geht Lina Scholl tief zu Herzen. Sophies Mutter muss zusehen, wie die Zukunft ihrer Kinder immer dunkler wird; ihre Söhne wahrscheinlich in den Krieg ziehen werden. Doch der tägliche Blick in die Bibel lässt sie immer aufs Neue die unzweideutige Gewissheit spüren, und Lina Scholl sagt und schreibt ihren Kindern, was der Apostel Paulus der christlichen Gemeinde in Rom verkündet hatte: »Dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen …« Und im November 1941, zum 25. Hochzeitstag, schreibt sie an Robert Scholl über die Kinder, dass sie »zur Zeit je länger, je fester werden in ihrem Glauben an den wahren Gott und in ihrer Lebens- und Weltanschauung«.
    Hans Scholl. Er ist einer von denen, die einen großen Glaubens-Sprung

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