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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Jungmädeln ausfüllte: »Wir wanderten, lernten im Freien behelfsmäßig Kochen, lernten Karten- und Kompasslesen, betrieben Sternkunde, sangen und lernten viele alte und auch neu entstandene Volkslieder, Landsknechtslieder, Lumpenlieder. Viele Stunden wurden mit Singen verbracht. … Wir machten Geländespiele und hörten, oft im Freien sitzend, kurze Vorträge der Führerinnen. Das war dann die ›Schulung‹.« Einmal in der Woche traf man sich zum Heimabend.
    Organisation und Hierarchie war bei den Jungmädeln wie beim Deutschen Jungvolk, der Parallelorganisation der Hitlerjugend für die Zehn- bis Vierzehnjährigen, nach dem Leitsatz »Jugend führt Jugend« aufgebaut. Je älter die Jugendlichen wurden, für desto mehr Menschen konnten sie als Führer oder Führerin neben ihrer Gruppe Verantwortung übernehmen und Unter-Führerinnen anleiten. Sie waren in der Regel zwei bis drei Jahre älter als die Jugendlichen, die ihnen unterstanden. Inge, Hans und Sophie Scholl haben zwischen 1933 und 1938 in Ulm alle ehrenamtlichen Karrierestufen beim BDM und in der HJ ausgefüllt. Am Anfang stand die Jungenschaft/Jungmädelschaft mit 10 bis 15 Jungen/Mädchen; es folgte der Jungzug/die Jungmädelschar mit ca. 40 Jungen/Mädchen; dem Fähnleinführer/der Jungmädelgruppenführerin unterstanden ca. 150 Jungen/Mädchen; im Jungstamm/Jungmädelring waren ca. 600 Jungen/Mädchen zusammengefasst.
    Die Hitlerjugend, Ende 1932 mit rund 108 000 Mitgliedern – der BDM eingeschlossen – ein kleiner unbedeutender Jugendbund, schwoll bis Ende 1933 auf 2,5 Millionen Mitglieder an. Die Organisation wäre erfolglos und unattraktiv geblieben, hätten nicht tausende von erfahrenen Führern der Bündischen Jugend und anderer Jugend-Gruppierungen der Weimarer Republik, die freiwillig der HJ beitraten oder gleichgeschaltet wurden, mit großem Engagement Verantwortung in der Hitlerjugend übernommen. Sie wussten, wie man Freizeiten gestaltet und Jugendliche begeistert. Viele Schwerpunkte ihrer bisherigen Arbeit gingen mit den Vorstellungen der Hitlerjugend zusammen. Die von den Nationalsozialisten gepriesene »Volksgemeinschaft« war eine Wortschöpfung der Jugendbewegung.
    Was für eine Chance, die Ideale von Jugendbewegung, Wandervogel und Bündischen in der staatlich geförderten HJ und mit den besten Ideen des Nationalsozialismus angereichert, umfassender als je zuvor in der deutschen Jugend zu verbreiten. Und der NS-Politik war es erst einmal recht, wenn es viele Menschen aus dem bürgerlichen Lager drängte, im »neuen Deutschland« mitzuarbeiten. Die Verantwortlichen wussten, wie sehr sie vorläufig in allen Bereichen auf deren Fähigkeiten, Kenntnisse und Wohlwollen angewiesen waren. So sehr Hitler und die Partei in der Öffentlichkeit Gefühle und Emotionen bedienten und anstachelten, hinter den Kulissen wurde kühl kalkuliert: Wenn man nach zwei Jahren fest im Sattel saß, würden andere Saiten aufgezogen.
    Auch im Jahre 1934 verging kaum ein Monat, an dem nicht auf dem Münsterplatz ein NS-Spektakel stattfand. Hakenkreuzfahnen, Kolonnen von Erwachsenen, von Jungen und Mädchen in Uniformen, die in Reih und Glied Aufstellung nahmen, bildeten bei immer neuen Massenveranstaltungen mit der gotischen Kathedrale im Hintergrund eine beeindruckende Kulisse. Dazu Trommelwirbel, Marschlieder, Fackeln. Durch die Macht der Bilder allein wurde kommuniziert: Was sich hier, im Herzen der Stadt, abspielte, ging alle an und war von nationaler Bedeutung.
    Am 4. März 1934 traf sich die gesamte evangelische Jugend-Organisation Ulms zu einem Gottesdienst im Münster, auch die HJ-Verbände marschierten geschlossen in »Kluft« ins Gotteshaus. Anschließend hatte die Führung der Hitlerjugend auf dem Münsterplatz ein Zeremoniell organisiert, das Beteiligten und Zuschauenden vor Augen führte, wer hier das Sagen hatte und wohin der Weg für die evangelische Jugend ging – in die totale Unterwerfung unter den Willen des Führers.
    Ohne Rückfrage bei den Landesgruppierungen hatte die Reichsleitung der Evangelischen Jugend im Dezember 1933 einem Vertrag zwischen Evangelischer Kirche und Reichsregierung zugestimmt, der die gesamte Evangelische Jugend in die Hitlerjugend überführte. Was Kapitulation vor den braunen Machthabern war, Gleichschaltung mit einer totalitären Politik, wurde mit dem Argument verteidigt, nun könne man mit Hilfe der Hitlerjugend »der ganzen deutschen Jugend das Evangelium verkünden«. Welche Verkennung der

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