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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Erben der Wandervogel- und Jugendbewegung aus der Zeit vor 1914, wurden 1933 von den neuen braunen Machthabern aufgelöst oder mit der nationalsozialistischen Hitlerjugend gleichgeschaltet. Doch es waren die Führer der bündischen Jugend, die zwischen 1933 und 1935 die HJ und das Jungvolk der Zehn- bis Vierzehnjährigen, in die nun Millionen Jugendliche drängten, aufbauten und attraktiv machten. Kaum hatte sich die HJ konsolidiert, wurde mit aller Härte gegen bündische Lieder, Fahnen und die beliebte Kohte vorgegangen. Hans Scholl, Führer beim Jungvolk, war überzeugt, seine Vorstellungen vom Nationalsozialismus mit bündischen Traditionen verbinden zu können. Der Kölner Ernst Reden, den er in Ulm kennenlernte, bestärkte ihn darin. Im Frühjahr 1936 verlor Hans Scholl sein Führungsamt, blieb aber im Jungvolk. Mit dem Abitur im Frühjahr 1937 war er ordnungsgemäß aus der HJ ausgeschieden.
    Mitglieder der dj.1.11., die vor 1933 auf alle Jungen-Gruppen großen Einfluss hatten, versuchten, internen Kontakt und die Verbindung zu Eberhard Köbel – »tusk«, der in London im Exil lebte –, aufrecht zu erhalten. Ernst Reden hatte mit tusk Briefe gewechselt. Im Herbst 1937 startete die Gestapo eine koordinierte Aktion, um die Reste bündischer Organisationen zu zerschlagen; von Süden bis Norden kam es zu Verhaftungen.
    Es war Lina Scholl, die ihren Sohn Hans per Brief über die zeitweilige Verhaftung der Geschwister durch die Gestapo informierte. Hans Scholl antwortete aus der Kaserne in Bad Cannstatt: »Wir wollen uns nicht als Märtyrer fühlen, obwohl wir manchmal Grund dazu hätten. Denn die Reinheit unserer Gesinnung lassen wir uns von niemandem antasten. Unsere innere Kraft und Stärke ist unsere stärkste Waffe. … Ja, wir hatten eine wirkliche Jugend!« Es war nicht leicht, einen Soldaten zu verhaften, denn die Wehrmacht hatte ihre eigene Militärgerichtsbarkeit. Doch am 14. Dezember wurde der neunzehnjährige Hans Scholl in der Kaserne verhaftet und nach Stuttgart ins Gefängnis gebracht. Die Anklage lautete zum einen auf »bündische Umtriebe«, zum zweiten auf »Unzucht« mit einem Untergebenen, gemeint ist ein Junge seiner Jungvolkgruppe, nach Paragraph 175a,2 (Fassung vom 28.2.1935).
    Am 17. Dezember suchte Robert Scholl seinen Sohn im Stuttgarter Gefängnis auf. Hans Scholls Brief an die Eltern, am nächsten Tag geschrieben, schildert seine Verzweiflung, »dieses Unglück über die Familie gebracht zu haben«. Er verspricht, »alles wieder gut zu machen«, und dankt seinem Vater: »Er hat mir wieder Hoffnung gebracht. … Ich glaube wieder an meine eigene Kraft; und diese Kraft verdanke ich doch zuletzt nur Euch. Ich fühle jetzt erst ganz den Willen meines Vaters, den er selbst hatte, und den er mir übergab: etwas Großes zu werden für die Menschheit. Ich bitte die Mutter dringend, ihre Fröhlichkeit nicht zu verlieren, die Geschwister haben diese ja so nötig.« In Not und Krise war er wieder da: der unerschütterliche Zusammenhalt der Scholl-Familie. Was auch geschah: Die Solidarität galt immer ohne Abstriche dem eigenen Familienmitglied. Kein äußeres Ereignis, keine inneren Konflikte konnten aus der schützenden Mauer, die alle umgab, einen Stein herausbrechen.
    Kinder und Eltern konnten sich aufeinander verlassen. So tief auch die Meinungsverschiedenheiten waren und so heftig die Auseinandersetzungen zwischen den jugendlichen Geschwistern auf der einen und den Eltern auf der anderen Seite über die politischen Entwicklungen seit 1933 und das Engagement in den nationalsozialistischen Jugendorganisationen: Niemals mussten Robert und Lina Scholl befürchten, dass ihre Argumente gegen die herrschende Ordnung von den Kindern nach draußen getragen würden; und niemals mussten die Kinder um die Liebe der Eltern bangen.
    In seinem Brief aus dem Gefängnis hatte Hans Scholl gefordert: »Vor allem soll Weihnachten ein Freudenfest in unserer Familie bleiben.« Das war für den Fall gedacht, dass er nicht dabei sein würde. Und so kam es. Erst am 30. Dezember wurde er aus der U-Haft entlassen. Hans Scholl fuhr sogleich heim nach Ulm. Ein verständnisvoller Vorgesetzter in der Armee hatte ihm bis zum 5. Januar 1938 frei gegeben. Der Ski-Urlaub im Allgäu mit den Geschwistern und mit Fritz Hartnagel, den Sophie Scholl ersehnte – »ich freue mich direkt, aus diesem Schlamassel hier mal rauszukommen in den Schnee« –, fiel allerdings aus. Es waren dennoch »schöne und frohe Urlaubstage«, wie

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