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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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älteren Leuten halfen oder auf ihre Kinder aufpaßten – wie Nachbarn das eben tun. Ihrer Ansicht nach tat Papa zu vornehm und machte sich durch seine Hochnäsigkeit selbst das Leben schwer. Mich bemitleideten sie. Wenn ich vorbeikam, lächelten sie grimmig und verschränkten die Arme.
    Ich sah aus dem Fenster der Dachstube. Mr. Rodney stand im Hof hinter dem Pub und besserte ein Faß aus. Johnny half ihm dabei.
    Er hielt die Nägel, obwohl er bei jedem Hammerschlag zusammenzuckte. Ich seufzte und tauchte die Feder wieder ein.
    Heute habe ich einen großen Schoner gesehen: Lord und Lady Plumstone sind von ihrer galaktischen Reise heimgekehrt. Sechzehn Jahre waren sie unterwegs. Nie hat man ein Schiff gesehen, das so verrottet war.
    Eigentlich gab es keinen Grund, so etwas zu schreiben. Papa hatte sicher Dutzende Schiffe, vielleicht auch fünfzig und mehr, gesehen, die in einem schlimmeren Zustand waren. Ich mühte mich weiter:
    Seine Hülle fällt fast auseinander, zerbröselt wie Asche. Einige Leute haben Stücke davon als Souvenir mit nach Hause genommen. Das Schiff heißt
Sophrona.
Der Name am Bug ist immer noch gut
zu
lesen, denn er war in Goldlettern geschrieben. Die Plumstones sind aus Halifax und besitzen Minen auf den Asteroiden. Aber ich denke, Du weißt das. Ich glaube, sie sind von High Haven gekommen, Papa. Sicher hast Du gesehen, wie sie absegelten. Heute war eine Frau hier, die mich nach Mama fragte. Sie dachte, ihr Name sei ...
    Hier brach ich ab, weil ich eigentlich nichts über meine Besucherin sagen wollte. Ich wußte nicht, wie ich den Satz, den ich nun schon begonnen hatte, fortführen sollte. Es war klar, diesen Brief würde ich zu den anderen stecken, ganz tief unten in meinem Schreibtisch. Selbst für alle Perlen von Neptun hätte ich ihn nicht zu Ende schreiben können. Ich saß in meinem Büro und dachte an Gertie, wie sie auf die Reste der Goldfarbe am Bug des verrotteten Schiffes deutete. »Sophie, steht da dein Name?«
    »Sophrona«,
sagte ich. In meinen eigenen Ohren klang das Wort fremd, es hörte sich überhaupt nicht an wie mein Name. Nie hatte mich ein Mensch so gerufen. Eigentlich sollte das jemand irgendwann mal tun, dachte ich.
    Es war immer noch ein herrliches Schiff, auch wenn die Kälte im Raum die ganze schwarze Farbe fast zerstört hatte. Die Masten schienen die Wolken zu berühren, und in den Wanten flatterten bunte Wimpel fröhlich in der Brise. Sonnenstrahlen blitzten auf dem Messing und den polierten Kisten, die die Träger immer noch entluden, und ließen die blaugelben Uniformen der Mannschaft aufleuchten. Die Balladensänger rühmten zum Klang ihrer Akkordeons die mutige Reise des Schiffes, und die Flugblatt-Verteiler waren emsig an der Arbeit. Jemand stimmte einen Hochruf an: »Hip Hip!« – und wir Mädchen kreischten laut: »Hurra!« Launische Wesen, die wir waren, hatten wir den armen Mr. Spivey schon bald vergessen.
    Ein Teil des Viehs auf dem Schiff hatte die Reise überlebt. Die Schauerleute brachten es an Land: Käfige mit Enten, eine dürre Ziege und ein paar andere Wesen von fremden Welten, Tauben vom Diomedes und drei Kreaturen, die wie gedrungene Ponys mit riesigen Spinnenbeinen aussahen. Wir kreischten laut auf, als wir sie sahen, klammerten uns aneinander fest und hielten uns die Augen zu.
    Albert, der Neffe von Mr. Mountjoy, lachte uns aus. Er arbeitete dort, verkaufte den vernehmen Herren Zigaretten und füllte aus einem Faß Bier in die Krüge. Ein junger Gentleman ganz in Seide pfiff einen Zeitungsjungen heran, der herbeieilte, so schnell ihn seine Füße trugen. All die Jungs waren dort, schleppten Lasten herbei, trugen sie weg oder machten Besorgungen. Sie berührten den Rand ihrer Mütze, spuckten sich in die Hände und rieben sie am Hosenboden ab, ehe sie sie ausstreckten, um ihren Lohn in Empfang zu nehmen. Norrie Clamp ging zu dem jungen Gentleman und versuchte, ihm ein Biedermeiersträußchen aus ihrem Korb zu verkaufen. Drei Taschendiebe lungerten an der Ecke herum und beobachteten das Treiben, beobachteten auch den Polizisten, der wiederum sie nicht aus den Augen ließ.
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte ich.
    »Geh nicht, Sophie«, riefen all die anderen und versuchten, mich zurückzuhalten. Aber ich mußte meine Arbeit machen und lief deshalb zum
Anker.
Die Rufe des Zeitungsjungen hallten mir noch lange im Ohr. »Große Aufregung um die Gesundheit des Kaisers vom Mars. Alles darüber in dieser Ausgabe.«
    Um Mrs. Rodney nicht helfen zu

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