Sophies Melodie (German Edition)
muss sagen, dass alles, was der Mann schreibt, einen Sinn ergibt.“
„Rede, verdammt noch mal!“
Sophie legte beschwichtigend eine Hand auf den Arm ihres Mannes. Es war ihm deutlich anzusehen, wie aufgewühlt er war.
„Ich versuche die wichtigsten Fakten für dich zusammenzufassen. Deine Mutter lebt nicht mehr. Sie kam ums Leben, als du gerade geboren wurdest, Constantin.“
„Sie ist … bei meiner Geburt gestorben?“, fragte er erstickt.
„Nein, deine Eltern starben zusammen. Es geschah kurz nach deiner Geburt bei einem Feuer. Deine Mutter war eine Roma. Sie gehörte zu einer Familie, die durch die Lande zog und als Erntehelfer und Saisonarbeiter ihr Brot verdiente. Solernte deine Mutter deinen Vater kennen. Er war der Sohn eines sehr reichen Großbauern, irgendwo oben an der Nordsee.“
Sophie starrte Constantin an. Sofort dachte sie daran, dass sie ihn insgeheim oft mit einem wilden Zigeuner verglichen hatte. Zumindest mit dem klischeehaften Bild, das man sich von einem solchen Mann machte.
„Sie ist also tot“, murmelte Constantin. Offenbar musste er sich erst einmal mit dieser Tatsache auseinandersetzen.
„Ja. Die Familie deiner Mutter bekam Arbeit auf dem Hof deines Vaters. Bei einem Erntefest wurde dein Vater auf sie aufmerksam, denn sie soll eine äußerst schöne Frau gewesen sein. Deine Mutter verliebte sich rettungslos in den Sohn des Bauern. Als ihre Familie weiterzog, blieb sie bei ihm. Allerdings sehr zum Leidwesen seines alten Herrn. Er hielt seinen Sohn davon ab, die junge Roma zu heiraten. Offenbar setzte er alles daran, ihn dazu zu bringen, sich wieder von deiner Mutter zu trennen. Daran änderte sich auch nichts, als dein Bruder geboren wurde. Der reiche Bauer drohte damit, deinen Vater zu enterben. Obwohl dein Vater sich nicht entschließen konnte, deine Mutter gegen den Willen seines Vaters zu heiraten, hielt er an der Beziehung fest. Er brachte sie in einer Hütte beim übrigen Gesinde unter und hoffte schlicht auf ein Einsehen seines Vaters. Dort lebte sie zunächst nur mit deinem Bruder gleich neben einer Magd und deren Mann, der als Pferdepfleger dort tätig war. Dieser Mann ist übrigens derjenige, der uns den Brief schrieb.“
Johannes griff nach seinem Glas und nahm einen Schluck, bevor er fortfuhr: „Ja, und dann wurde sie irgendwann wieder schwanger, und du kamst auf die Welt. Einige Wochen nach deiner Geburt wollten deine Eltern offenbar einen romantischen Abend in der Hütte deiner Mutter verbringen. Die Magd, die nebenan wohnte, bot an, währenddessen die Kinder zu sich zu nehmen und auch über Nacht bei sich zu behalten. Deine Eltern nahmen das Angebot dankbar an. Dein Vater traf sich nur heimlich mit deiner Mutter. Niemand sonst ahnte, dass erin dieser Nacht bei ihr war. Ja, und dann … brach das Feuer aus. Ihr, du und Fabian, konntet gerettet werden, aber im Haus deiner Eltern war offenbar der Brandherd gewesen. Für sie gab es keine Rettung.“
Wieder nahm Johannes einen Schluck Wein. Über den Rand seines Glases sah er Constantin in die Augen. In ihnen schien nun ebenfalls ein Feuer zu lodern.
„Meine Mutter hat uns gar nicht ausgesetzt. Sie war bereits tot, als sie uns fanden“, sagte Constantin tonlos.
„Ja. Nach dem Feuer kursierten die wildesten Spekulationen. Offenbar fragten sich einige, warum deine Eltern sich nicht selbst retten konnten. Die Hütte war nicht groß, sie bestand nur aus zwei Räumen. Der alte Mann schrieb mir, dass seine Frau damals annahm, die Tür sei von außen verschlossen worden. Sie verdächtigte den Bauern, der ja nicht wissen konnte, dass auch sein Sohn sich in der Hütte der jungen Roma befand, aber man konnte ihm nichts beweisen. Offenbar war der Vater vollkommen außer sich vor Zorn und gab lautstark deiner toten Mutter die Schuld am Tod seines Jungen. Die Magd und ihr Mann fürchteten um eure Sicherheit, Constantin. Nur deshalb brachten sie euch schließlich in die Stadt und setzten euch an einer Stelle aus, wo man euch auf jeden Fall finden würde.“
Sophie liefen die Tränen übers Gesicht. „Meine Güte, ist das furchtbar. Sie haben sich geliebt und mussten vielleicht gerade deshalb sterben.“
Constantin griff nach Sophies Hand, sah dann aber gleich wieder Johannes an. „Und warum soll ich glauben, dass es sich bei diesem Paar, das in der Hütte ums Leben kam, tatsächlich um unsere Eltern handelte, Hannes? Dass wir ausgesetzt wurden, steht in Sophies Buch.“
„Er beschrieb deine Mutter, Constantin. Sie
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