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Sophies Melodie (German Edition)

Sophies Melodie (German Edition)

Titel: Sophies Melodie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Schomann
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mehr tot als lebendig, erst ein paar Wochen alt und kurz vor dem Verhungern. Meine Pflegemutter meinte später einmal, ich sei damals sogar zu schwach gewesen, um zu schreien.“
    Verwundert über seine plötzliche Offenheit wagte Sophie kaum zu atmen, um ihn nicht zu unterbrechen. Sie konnte kaum fassen, dass Constantin ihr freiwillig davon erzählte.
    „Wir kamen zunächst in ein Krankenhaus und wurden dort mühevoll aufgepäppelt“, fuhr er fort. „Die ganze Stadt schien sich darum zu bemühen, unsere Mutter zu finden. Doch die Suche lief immer wieder ins Leere. Fabian sprach zu dieser Zeit kein Wort. Lange Zeit glaubten alle, er sei stumm.
    Ich erholte mich indessen erstaunlich schnell, nachdem die Ärzte zuerst einmal angenommen hatten, ich hätte kaum eine Chance, am Leben zu bleiben. Wahrscheinlich habe ich tatsächlich verbissen um das bisschen Leben gekämpft, das noch in mir war.“
    Sophie konnte nur ahnen, was in Constantin vorging, denn seine Miene gab keine Gefühle preis.
    „Mein Bruder begann erst zwei Jahre später zu sprechen, aber da lebten wir schon in unserer Pflegefamilie. Ein nicht mehr ganz junges Lehrerehepaar hat uns bei sich aufgenommen. Sie waren es auch, die unsere musikalischen Talente entdeckten und förderten. Wir hatten es sehr gut bei ihnen. Vor zehn Jahren starb dann leider unsere Pflegemutter nach mehreren Schlaganfällen, und ihr Mann folgte ihr nur wenige Monate später. Der Kummer und die Trauer waren zu viel für ihn, sein Herz gab einfach auf. Sie gingen immer nur liebevoll miteinander und auch mit uns um. Fabian und ich hatten wirklich Glück, bei so wunderbaren Menschen aufwachsen zur dürfen.“
    Constantin machte eine Pause und goss sich Kaffee nach.
    „Habt ihr später jemals versucht, eure wirklichen Eltern zu finden?“
    Sein Blick wurde hart. „Natürlich haben wir das versucht! Was glaubst du wohl? Ich war über zwanzig, als ich es endlich aufgegeben habe, nach unserer leiblichen Mutter zu suchen.“
    „Und?“
    „Auch ich hatte nicht den geringsten Erfolg. Als wir klein waren, haben auch die Behörden alles getan, um unsere Mutter zu finden, aber … nun ja, dann waren irgendwann auch unsere Pflegeeltern da, und wir waren gut untergebracht. Ich denke, für die offiziellen Stellen war die Sache damit erledigt.“
    „Habt ihr … eure Namen und Nachnamen von ihnen? Ich meine, Afra – war das der Nachname eurer Pflegeeltern?“
    „Nein.“ Constantins Augen veränderten sich wieder, sodass Sophie sich sofort ein wenig entspannte. „In Fabians Hosentasche fanden die Polizisten damals einen abgegriffenen Zettel, darauf standen unsere Namen und Geburtsdaten. Natürlich überprüfte man die wenigen Leute, die den wohl eher ungewöhnlichen Namen Afra trugen, genau, aber auch das verlief ohne Ergebnis. Sie kamen allesamt nicht als unsere leiblichen Eltern infrage.“
    Sophie erschauerte leicht. Die bedrückende Vorstellung, die sie sich von den beiden verlassenen Kindern machte, ging ihr unter die Haut. „Der Name klingt irgendwie …“
    „… nicht unbedingt deutsch, oder?“, unterbrach er sie.
    Prüfend sah sie ihn an, um sicherzugehen, ihn nicht schon wieder verärgert zu haben, aber seine Miene blieb ausdruckslos.
    „Stimmt.“ Sie versuchte sich an einem verhaltenen Lächeln. Wieder tauchte das Bild eines wilden Zigeuners vor ihrem inneren Auge auf.
    Auch er lächelte jetzt leicht, aber sie kannte ihn letztlich noch zu wenig, um sicher sagen zu können, ob sein Blick nun Traurigkeit oder einfach nur Nachsicht mit ihr ausdrückte.
    „Jeder, der damals mit dem Fall zu tun hatte, nahm schließlich an, dass das überhaupt nicht der richtige Name unserer Mutter war. Wenn man ein wenig darüber nachdenkt, ist es sogar höchst unwahrscheinlich. Dennoch ließ man uns diesen Namen, denn es gab ja keine anderen Hinweise. Wir bekamen ordentliche Papiere und so weiter – alles, was so dazugehört. Wer auch immer unsere Mutter gewesen ist, sie gab uns zumindest unsere Namen. Ich hatte immer …“ Er brach ab und senkte seine Lider.
    „Ja?“
    „Häufig dachte ich … Hm, ich würde ihr halt gerne einmal sagen und zeigen, was so aus uns geworden ist. Heute denke ich, sie muss damals wirklich in grauenvollen Schwierigkeiten gewesen sein, um das tun zu können, was sie getan hat. Ehrlich gesagt, all die Jahre habe ich mich an diesem Gedanken festgehalten. Sie hat uns geliebt, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel. Eine Frau bekommt vielleicht ein ungewolltes

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