Sophies Melodie (German Edition)
herausbrachte, um angemessen auf diese unglaubliche Frechheit zu reagieren. Natürlich konnte er nicht wissen, dass sie sich erst vor einigen Tagen aus lauter Bequemlichkeit dazu entschlossen hatte, ihre vorher schulterlangen Haare abschneiden zu lassen. Und er konnte auch nicht wissen, dass sie sich seither furchtbar darüber ärgerte, vor allem weil sich ihre leidigen Naturlocken so nur noch mehr kringelten.
Constantin blickte ungerührt in ihr fassungsloses Gesicht und holte in aller Ruhe zum nächsten Schlag aus. „Na dieser kurze Wuschelkopf! Das ist doch nun wirklich keine Frisur für eine erwachsene Frau.“
Sophie holte schnaubend Luft. „Ich denke, mein Aussehen ist hier wohl nicht von Belang, oder?“
„Nun, ich muss dich bei unseren Interviews ja schließlich ansehen.“
Das war ja wohl der Gipfel! Was bildete sich dieser selbstgefällige Mensch eigentlich ein? Ihr blieb fast die Luft weg, so wütend war sie jetzt.
„Warum haben Sie dieser ganzen Sache überhaupt zugestimmt?“, fragte sie gepresst. Dieses Mal benutzte sie die förmliche Anrede mit voller Absicht.
„Ich glaube kaum, dass dich das etwas angeht, Schreiberling. Warum hast du dir diesen Scheißberuf ausgesucht?“
Sie unterdrückte den dringlichen Wunsch, ihm in sein attraktives Gesicht zu schlagen, und blieb äußerlich vollkommen ruhig. Stattdessen hob sie ihr Kinn in die Höhe und erwiderte voller Stolz seinen herausfordernden Blick. Das war nicht ganz leicht, weil er so viel größer war als sie. „Ich denke, ich werdejetzt nach oben gehen und meine Sachen wieder einpacken, Herr Afra! Es wäre nett, wenn Sie dafür Sorge tragen könnten, dass ich morgen wieder abreisen kann. Unsere Zusammenarbeit ist offensichtlich gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen hat.“
Er lachte trocken auf. „Du hast einen Vertrag, Sophie.“
Sie schnaubte. „Verträge kann man auflösen … Herr Afra.“ Sie wollte sich abwenden und hoch erhobenen Hauptes den Raum verlassen, da packte er sie am Arm und drehte sie mit einem Schwung wieder zu sich herum. Fast wäre sie in voller Länge gegen ihn geprallt, wenn sie sich nicht selbst gerade noch rechtzeitig abgefangen hätte.
„Hey, nun mal langsam. Tut mir leid. Ich bin wahrscheinlich … ein Idiot“, entfuhr es ihm rau.
Einen Moment lang sah sie ihn anklagend an, doch dann ertrug sie seine leuchtenden Augen nicht mehr und senkte ihren Blick auf seine Brust. Betont langsam gab er ihren Arm frei.
„Es tut mir wirklich aufrichtig leid“, wiederholte er leise. Seine tiefe Stimme klang plötzlich vollkommen anders. Sie war sanft, einschmeichelnd, ja fast zärtlich. Es war das gleiche schmelzend weiche Timbre, das auch seine Lieder so unverwechselbar und unwiderstehlich machte.
„Es ist … okay.“ Sophie erschauerte leicht und rückte ein Stück von ihm ab. „Ja, es ist okay.“ Angestrengt holte sie Luft. Dieser launenhafte, halsstarrige und mürrische Mann zerrte eindeutig an ihren Nerven. Aber er brachte es auf eine geheimnisvolle Weise auch fertig, ihr berufliches Interesse zu wecken und ihre Neugier noch stärker zu befeuern.
„Thomas Jenkins ist mein Freund, und ich habe ihm eine ganze Menge zu verdanken“, erklärte Constantin ihr nun. „Es war in erster Linie sein Wunsch, dass ich dir helfe, dieses Buch zu schreiben, also werde ich das auch tun. Aber wie ich schon sagte, ich bin kein besonders umgänglicher Mensch. Damit wirst du wohl in den nächsten Wochen leben müssen.“
„Ich möchte mich nicht ständig für meine Arbeit entschuldigenmüssen. Sie macht mir nämlich Spaß. Und ich bin verdammt gut in meinem Job.“
Seine Lider mit den dichten schwarzen Wimpern senkten sich kurz, und Sophie fühlte deutlich eine seltsame Art von Erleichterung.
„Schon gut. Ich werde mich in Zukunft ehrlich bemühen, diese Tatsache zu respektieren“, versicherte er. Sein türkisfarbener Blick glitt kurz über ihr Gesicht. „Trink noch ein Glas mit mir, Wuschelkopf. Wir sollten uns noch ein wenig besser kennenlernen, denke ich.“
Nur weil sie sofort durchschaute, dass ihm dieses Friedensangebot ungeheuer schwerfiel, und auch, weil sie nicht allzu zickig erscheinen wollte, brachte sie ein unsicheres Lächeln zustande und nickte leicht. „Gut, aber nur um des lieben Friedens willen.“
3. KAPITEL
D ie erste Woche im Hause von Constantin Afra verging für Sophie nahezu wie im Fluge. Trotz des ungewohnten Luxus, der sie umgab und ihr noch immer sehr fremd und dekadent erschien,
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