Sophies Melodie (German Edition)
Stardirigenten.“
„Du sprichst sehr leidenschaftlich und liebevoll über Leonard Kampmann, Helen. Sollte ich da was nicht mitbekommen haben?“, fragte Sophie zwinkernd.
„Leo war mein Bruder, Sophie. Wusstest du das nicht? Durch ihn habe ich die Afras kennengelernt.“
Einen Moment lang herrschte absolute Stille, doch dann fand Sophie ihre Stimme wieder. Instinktiv griff sie nach Helens Hand und drückte sie. „Oh Gott, nein, das wusste ich nicht.“
Etwas heiser sprach Helen weiter. „Spätestens seitdem habeich sie gehasst, Sophie. Ja, für Leo habe ich Melanie über alle Maßen gehasst. Sie hat ihn regelrecht zerstört.“
Eine einzelne Träne rollte über Helens Wange. Sie erhob sich vom Bett und tigerte durch das Zimmer, während sie fortfuhr: „Sie hat ihn sich vollkommen hörig gemacht. Er war ihr so sehr verfallen, dass er alles andere darüber vergaß. Seine geliebte Musik, seine Familie. Nur noch Melanie war plötzlich für ihn wichtig. Uns gegenüber hat er sich völlig verschlossen. Natürlich versuchte ich, mit ihm zu reden, immer wieder, aber es half nichts. Er wollte das alles nicht hören. Erst Conny, dann wollte sie meinen Mann, und schließlich zerstörte sie meinen wunderbaren Bruder. Leonard war ein sensibler, sehr gefühlsbetonter Mann. So ein typischer Träumer. Weißt du, er war zwar zwei Jahre älter als ich, aber immer war ich es, die auf ihn aufpassen musste. Das war schon so, als wir noch Kinder waren. Als er sich damals ausgerechnet in Melanie verliebte, glaubte ich wirklich, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ich hatte von Anfang an große Angst um ihn, weil ich sofort erkannte, dass er da nicht ohne Narben herauskommen würde. Nicht mein Leo! Er war viel zu schwach für diese Frau. Ja, und am Ende ist er dann noch nicht einmal mehr mit seinem Leben davongekommen. Meine Güte, fünf Jahre ist das schon her, und ich heule immer noch sofort drauflos, wenn ich an ihn denke. Sag, hast du irgendwo ein Taschentuch?“
Sichtlich betroffen nickte Sophie. „Direkt hinter dir auf der Kommode.“
„Danke.“ Helen nahm sich eines der Papiertaschentücher aus der Packung und putzte sich geräuschvoll die Nase.
„Es tut mir unendlich leid, dass ich dich mit meiner Frage nach Leonard zum Weinen gebracht habe. Das wollte ich wirklich nicht“, beteuerte Sophie leise.
Helen kam zurück zum Bett und setzte sich wieder. „Ach, das weiß ich doch. Du musst dich nicht dafür entschuldigen. Bis eben wusstest du ja nicht einmal, dass Leo mein Bruder war.“
„Es muss sehr schwer für dich gewesen sein, damals – nach seinem Tod.“
„Fabian hat mir sehr geholfen. Wenn er nicht bei mir gewesen wäre … Ja, es war eine sehr schlimme Zeit. Die ganze Welt hätte meinem Bruder offengestanden, wenn er sich nicht gerade in diese Frau verliebt hätte. Er wäre noch am Leben und bei uns. Ach, er war so sanft und liebevoll. Er muss völlig verzweifelt gewesen sein, um das tun zu können, was er da getan hat. Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis ich überhaupt akzeptieren konnte, dass er Melanie und sich selbst wirklich erschossen hat. Mein sanfter Leo und eine todbringende Waffe – das wollte einfach nicht zusammenpassen.“
In stiller Übereinkunft blieben sie noch einige Minuten wortlos beieinandersitzen.
„Wir werden mindestens einmal in der Woche telefonieren, okay?“
„Natürlich werden wir das tun, Helen. Wann kommt ihr denn das nächste Mal nach Hamburg? Du sagtest doch mal, dass ihr üblicherweise mehrmals im Jahr dort seid. Dann könnten wir uns treffen.“
„Wir werden bestimmt nicht mehr vor dem Jahreswechsel nach Hamburg kommen. Meine Eltern leben ja jetzt ganz bei uns, da fallen die Besuche bei ihnen schon mal weg. Außerdem soll das neue Album voraussichtlich im Laufe der nächsten zwei Monate auf den Markt kommen. Vor den damit verbundenen Auftritten für die Promotion muss natürlich noch geprobt werden. Wenn ich Fabian richtig verstanden habe, fehlt nur noch ein einziges Stück.“ Helen warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Es wird Zeit für mich, Sophie. Mein Mann wird sicherlich schon mit den Füßen scharren.“
Beide Frauen erhoben sich gleichzeitig und umarmten sich noch einmal fest.
Schon eine Stunde später waren Fabian und Helen fort – und Sophie war, wenn man einmal von der Haushälterin absah, mitConstantin allein im Haus.
Irgendwie hatte sie es seit dem gemeinsamen Frühstück erfolgreich geschafft, ihm auszuweichen. Erst nachdem sie eher
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