Sophies Melodie (German Edition)
lassen musste, wenn sie weiterhin vernünftig funktionieren wollte. Schon auf der Treppe hörte sie Constantins volle dunkle Stimme und den Klang des Klaviers. Wie hypnotisiert blieb sie auf dem letzten Treppenabsatz stehen. Constantin sang einen alten Song. Einen, den sie sehr mochte – und es klang großartig. Es war etwas vollkommen anderes, ihn nur mit der Klavierbegleitung zu hören als von einer CD oder aus dem Radio. Seine Stimme schien sich unter ihre Haut zu mogeln und löste dort Vibrationen aus, die all ihre Nervenenden in Schwingung versetzten. Einige Male atmete sie tief durch, erst dann brachte sie es fertig, wieder einen Schritt nach dem anderen zu tun.
Im Eingangsbereich des Wohnzimmers blieb sie erneut stehen, hörte weiter zu und betrachtete ihn. Schließlich schien er zu spüren, dass er nicht mehr allein war, und wandte sich ihr zu.
„Das war eines meiner absoluten Lieblingslieder, Conny. Es war … toll.“
Er lächelte verhalten. „Mir gefällt der Song auch. Er ist vollkommen zeitlos, nicht wahr?“
„Ja, das ist er. Man kann ihn immer wieder hören.“
Sie erschrak ein wenig, als er plötzlich aufstand und den Deckel des Flügels geräuschvoll zuklappte. „Hat dich der Hunger zu mir heruntergetrieben, oder war es gar Sehnsucht?“, fragte er ohne hörbare Regung in der Stimme.
„Ich …“
„Sophie, wir müssen miteinander reden.“
Sie hustete trocken. „Ja, das sollten wir wohl tun.“
Zögernd bewegte er sich auf sie zu. „Lauf nicht gleich wieder weg, okay?“
Mit fest geschlossenen Augen schüttelte sie ihren Kopf. Auch sie hatte kaum geschlafen in der letzten Nacht. Ihre Sehnsucht nach seiner Nähe und nach seinen Zärtlichkeiten schmerzte fast körperlich, und das hatte auch Spuren in ihrer Seele hinterlassen.
Als er zu ihr kam und die Arme um sie legte, schien eine tonnenschwere Last von ihr abzufallen, und sie seufzte unwillkürlich tief auf. Er zog sie fester an sich und drückte seine Lippen auf ihren Haaransatz. Eine ganze Weile hielt er sie so, wiegte sie dabei leicht hin und her wie ein kleines Kind. „Ich habe mich wirklich schrecklich in dich verliebt, Sophie von Wenningen“, flüsterte er.
„Oh Gott!“, schniefte sie an seiner Brust. „Sag doch so was nicht!“
Er lachte leise, und sein Brustkorb bebte unter ihrer Wange. „Ist das denn so schlimm für dich? Bin ich tatsächlich so ein Ekel?“ Um sie ansehen zu können, umfasste er nun ihre Schultern und hielt sie ein Stückchen von sich ab. „Ich weiß, ich habe mich in den ersten Tagen unserer Bekanntschaft nicht unbedingt von meiner allerbesten Seite gezeigt, aber das lag …“
„Ach, das ist es doch nicht, Conny. Es liegt ganz allein nur an mir.“
Seine Augen verengten sich, als er glaubte, zu verstehen.„Du bist anderer Meinung, was uns betrifft, oder? Du willst das, was zwischen uns war, tatsächlich auf einen gottverdammt guten Fick reduzieren?“
Sie zuckte heftig zusammen. Seine Ausdrucksweise war roh, aber gleichzeitig konnte sie seinen müden Augen auch deutlich den Schlafmangel und die Erschöpfung ansehen. Eine riesige Welle des Mitgefühls und der Zärtlichkeit für ihn schwappte unvermittelt in ihr hoch. Liebevoll legte sie ihre Hände an seine dunklen unrasierten Wangen. Er sieht einfach zum Anbeißen sexy aus, dachte sie gequält.
„Zum Teil hast du recht, Conny. Ich will dich nicht lieben. Ich will schon gar nicht mit dir leben. Ich will nicht zu deiner Welt gehören, aber …“ Sie stockte und räusperte sich.
Mit unbewegtem Gesicht drückte er sein Rückgrat durch und atmete geräuschvoll ein. Jedes Wort von ihr schien in seinem Inneren eine weitere schmerzende Wunde zurückzulassen. Der Griff seiner Hände um ihre Schultern verstärkte sich. „Aber?“
Der verletzte Ausdruck in seinen Augen ließ ihr Herz in tausend Stücke zerbrechen. „Ich passe einfach nicht in deine Welt, Constantin Afra, siehst du das denn nicht?“
Er überging einfach ihren letzten Satz. „Aber? Du hast vorhin ‚Aber‘ gesagt und deine eindrucksvolle Sentenz noch nicht wirklich vollendet. Jedenfalls nicht so, wie du es eigentlich vorgehabt hast.“ Sein flammender Blick durchbohrte sie förmlich.
„Ich …“
„Begehrst du mich?“ Er schüttelte sie leicht. „Sophie, antworte mir! Begehrst du mich noch immer?“
„Ja“, flüsterte sie. „Ja, sehr sogar.“
„Aber du bist nicht verliebt. Ist es das?“
„Conny, bitte …“
„Ich habe dich etwas gefragt, und ich erwarte
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