Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
einen Gefallen.
Komisch, ich hatte ihn irgendwie schlaksiger und uncooler in Erinnerung, aber jetzt wirkt er eigentlich ziemlich selbstbewusst.
»Ist ja nett, dass du hier den barmherzigen Samariter spielst, aber ich garantiere dir, ich brauche deine Hilfe nicht, genauso wenig wie die vom Papst oder von Barack Obama oder vom Sandmännchen. Ich brauche bloß Zeit, okay, und wenn meine Freunde inzwischen mit den Füßen scharren, dann ist das deren Problem, nicht meins, klar?«
Cara schüttelt den Kopf. Ganz sicher bin ich mir nicht, aber es sieht aus, als wäre sie kurz davor, in Tränen auszubrechen.
»Ist das klar, Cara?«
Als ich mich nun umdrehe und weggehe, ist es endgültig. Obwohl ich spüre, wie mir selbst die Tränen in die Augen steigen, und obwohl ich genau weiß, dass ich diesmal wirklich zu weit gegangen bin, rede ich mir ein, dass es so am besten ist. Na schön, sie ist meine Freundin und sie will mir nur helfen. Aber vielleicht ist es ja am besten für sie , wenn ich gemein zu ihr bin. Dann kann sie sich neue Freunde suchen.
Ich kann mir keine neue Schwester suchen. Meggie und der Strand müssen immer an erster Stelle stehen.
Als ich mich bei Soul Beach einlogge, begreife ich zuerst gar nicht, was ich sehe. Mein Bildschirm glüht kirschrosa, schneeweiß und sonnengelb auf, begleitet von donnerndem Lärm.
Im Sand stehen hundert oder mehr Gäste und deuten nach oben und ihr Geschwätz ist so laut, dass es beinahe die Wellen übertönt.
Ein Feuerwerk!
Tropische Blumen erblühen am Nachthimmel und verblassen nach einer Sekunde wieder. Wunderschön, aber allzu vergänglich. Da muss nicht erst einer von den Klugscheißer-Philosophen vom Strand kommen, um die Parallele zu erkennen.
Doch die Kids – und sie sehen jetzt wirklich aus wie kleine Kinder, in deren großen Augen sich die leuchtenden Farben spiegeln – sind zu begeistert für solche morbiden Gedanken. Der Himmel ist tief marineblau, als wäre er extra für diesen Anlass verdunkelt worden. Und warum auch nicht?
Am Soul Beach ist alles möglich.
Ich sehe mich um, suche nach Meggie, aber die Erste, die ich ein Stück entfernt entdecke, ist Triti. Während ich sie beobachte, explodiert am Himmel eine saphirblaue Rakete. Ihr Licht scheint Triti zu durchleuchten wie Röntgenstrahlen; fast meine ich, jeden einzelnen ihrer Knochen erkennen zu können.
»Florrie! Hier drüben.«
Ich schlängele mich durch die Menge auf meine Schwester zu und weiche dabei den einzelnen Gästen aus. Auch wenn sie mich nicht sehen oder spüren können, käme es mir doch extrem unhöflich vor, einfach durch sie hindurchzulaufen, als existierten sie gar nicht.
Danny lächelt, als ich meine kleine Clique erreiche, dann aber sieht er wieder weg, ganz ohne seinen üblichen seelenerforschenden Blick. »Ich dachte schon, du verpasst die ganze Party.«
»Was gibt’s denn zu feiern?«
Triti antwortet, ohne den Kopf zu bewegen; ihr Blick ist fest auf den Himmel gerichtet. »Irgendwoher wussten sie, dass das genau das war, was wir brauchten. Eine kleine Aufheiterung.«
Meggie sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, sagt jedoch nichts.
»Und, funktioniert’s?«, frage ich Triti.
»Oh ja! Ich fühle mich so anders. So lebendig.« Sie kichert über ihren eigenen Witz. »Na ja, mehr oder weniger zumindest.«
Ich lache mit, aber mein Gehirn surrt auf Hochtouren. Das muss bedeuten, dass sie – wer immer sie sein mögen – jedes Gespräch am Strand belauschen. Da hätte ich auch schon drauf kommen können, nachdem sie mich gleich, als ich etwas Falsches gefragt habe, von der Homepage verbannt haben. Aber die Vorstellung, dass jedes unwichtige Schwätzchen, das ich mit Meggie führe, aufgenommen, beobachtet, analysiert wird … na ja, das macht mich ganz wahnsinnig.
Obwohl die Alternative, schätze ich mal, noch viel schlimmer wäre: Wenn die Seite nur ein Schwindel ist, dann weiß irgend so ein gruseliger Hacker alles, was ich online zu meiner Schwester gesagt habe.
Schnell verdränge ich den Gedanken. Das hier kann einfach kein Schwindel sein. Es fühlt sich echter an als das echte Leben.
»Hey, du Tagträumerin. Kommst du mit?« Meine Schwester streckt mir die Hand hin, als könnte ich sie tatsächlich ergreifen. »Uns wird’s hier langsam zu voll.«
Javier legt die Fingerspitzen an Tritis Ellbogen und führt sie wie eine Blinde, weil sie immer noch stur hoch zum Himmel guckt. Wir gehen auf unsere Palme zu. Meggie, Javier und Danny setzen sich hin, aber
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