Soul Screamers: Sophie (German Edition)
mit der Hand zu verbergen suchte, und ich fragte mich, ob sie sich nicht vielleicht schon selbst ein Schlückchen gegönnt hatte.
Ich schob die Flasche weiter weg, und sie kippte um in den Dreck. „Ich will nicht vergessen, und ich will zur Hölle noch mal ganz sicher nicht schlafen.“ In der Unterwelt zu schlafen, war eine sehr schlechte Idee – wenn auch sonst nichts, hatte mich das Aufwachen in einem Klettergerüstgefängnis immerhin das gelehrt.
Und wieder zuckte Addison mit den Achseln. „Das wirst du dir bald anders überlegen. Aber dann wird es zu spät sein. Das ist es immer.“
„Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.“
Sie nickte weise. „Das tut es nie.“
Ich schüttelte den Kopf und versuchte, meine eigenen Gedanken zu sortieren, da Addison ihre ganz offensichtlich nicht entwirren konnte. Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass sie voll auf Leitungswasser war. „Addison, hast du den Typen gesehen, der bei mir war?“
„Der süße Junge.“ Sie machte puppenhaft große Augen und blickte sehnsüchtig in die Ferne. „Du hättest ihn küssen sollen, als du es noch konntest.“
Was sollte das heißen? Würde ich es jetzt nie mehr können? „Er heißt Luca. Weißt du, wo er ist?“
„Er wartet auf eine Mitfahrgelegenheit.“
„Eine Mitfahrgelegenheit wohin? In unsere Welt? Kehrt er nach Hause zurück?“
Wieder nickte Addison, und die Ungeduld hinterließ ein unangenehmes Prickeln unter meiner Haut. Ich hatte das Gefühl, dass mir die Zeit durch die Finger glitt und ich nach etwas griff, das sich nicht festhalten ließ. Wie lange war ich bewusstlos gewesen? Wie viel Uhr war es? Der Himmel dieser Unterwelthölle mit seiner schrägen Farbe gab mir keinen einzigen Hinweis.
„Woher weißt du das? Nur weil dieser Hellion gesagt hat, dass er Luca heimschickt? Woher weißt du, dass er die Wahrheit sagt?“
Ein weiteres Achselzucken. „Hellions können nicht lügen.“
„Im Ernst?“ Was für ein Monster konnte denn bitte nicht lügen?
Addison runzelte die Stirn und musterte mich eingehend mit zur Seite geneigtem Kopf, als würde sie besonders angestrengt nachdenken, könnte ihre Gedanken aber nicht richtig ordnen. Auf einmal erinnerte sie mich an meinen Ex, als ich ihn in der Psychiatrie besucht hatte. „Vielleicht dürfen wir dich ja behalten, wenn er mit dir fertig ist. Ich hatte früher eine Schwester.“
Oh nein. Nein . Über meinen Körper zog sich eine Gänsehaut, die sich wie ein Stachelpanzer anfühlte. „Ich muss mit Luca gehen. Wo ist er? Kannst du mich zu ihm bringen?“
Für einen flüchtigen Augenblick begriff ich, wie absurd meine Existenz geworden war. Ich unterhielt mich in einem Klettergerüstkäfig mit einem toten Popstar, in einer Welt, die eigentlich nicht existieren konnte. War das hier meine Strafe dafür, dass ich Kaylee als durchgeknallt bezeichnet hatte? Hatte das Karma zurückgeschlagen und mich so verrückt gemacht wie sie, oder war Wahnsinn etwa ansteckend?
Hatte ich den Verstand verloren?
„Du brauchst ihn nicht“, sagte Addison. „Du brauchst niemanden.“
Die Wut kam ganz plötzlich und verdrängte meine Angst ein wenig. „Du hast keine Ahnung, was ich brauche!“
„Nein, du weißt nicht, was du brauchst“, schrie sie zurück, und vor Überraschung hätte ich fast meine eigene Zunge verschluckt. Mich hatte noch nie jemand angeschrien, noch nie in meinem ganzen Leben. „Du weißt nicht, wer du bist, und du weißt noch nicht mal, was du hast . Aber das wirst du erst kapieren, wenn du alles verloren hast und es auch nicht mehr zurückbekommst.“
„Sag du mir nicht, was ich nicht tun oder haben kann! Mein Dad versucht das schon seit Jahren, und es funktioniert nicht. Wenn Luca nach Hause geht, begleite ich ihn, und du wirst mich zu ihm bringen.“
Sie schüttelte den Kopf, und ihr Blick wirkte wieder klarer. Weshalb ich vermutete, dass sie es ernst meinte, als sie sagte. „Ich bin nicht hierhergeschickt worden, um dir zu helfen.“
„Und warum bist du dann da?“
„Um dir Wasser zu bringen. Und um sicherzugehen, dass du nicht entkommen bist.“
Entkommen? Wie zur Hölle sollte ich aus einem Käfig entkommen, der mit tödlichen Pflanzen bedeckt war?
„Addison. Bitte. Kannst du mich hier rausbringen? Würdest du mich bitte zu Luca bringen? Bitte. Ich will nach Hause.“ Ich hatte es noch nie in meinem Leben so wenig erniedrigend empfunden, um etwas zu betteln.
„Ich kann nicht.“
„Ich bezahle dich auch dafür! Ich habe
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