SOULMATE (German Edition)
aktuellen Charts - anstimmten, sozusagen als humorige Einlage, aber in erster Linie als netten Hinweis darauf, dass der Laden bald schließen würde.
Freitagnacht schlief Finn - zu meinem Leidwesen - wieder bei Lenny, ohne mir den geringsten Einwand zu gestatten. Unser gemeinsames Spaghetti-Essen, das ich mit aller Liebe zubereitet hätte, musste somit gestrichen werden. Ich machte deswegen kein Drama, war aber schon ziemlich geknickt. Nein, ich hielt ihn besser nicht auf, auch wenn ich ihn am liebsten nur noch bei mir behalten hätte, denn jede Minute, die ich von ihm getrennt war, fiel mir mittlerweile immer schwerer, wurde geradezu unerträglich, fast so, als käme ich auf Entzug oder so … Ich weiß, wie bedenklich das klingt, aber so war es nun einmal.
Finn erklärte mir ausführlich, er müsse sich noch mit seinem Laptop beschäftigen, paar Programme installieren, die Systemsicherheit checken und diesen ganzen technischen Kram eben. Ich sah ihn nur bitter enttäuscht an, sagte nichts, war viel zu enttäuscht.
Wir machten aus, dass wir uns bei der Abschiedsfeier sehen würden, und ich beschloss, der Sehnsucht nach ihm die große Vorfreude auf den nächsten Abend entgegenzusetzen, was tatsächlich ein wenig half.
Samstagmorgen, nachdem ich zwei Tassen Kaffee hinunter gekippt und geduscht hatte, tat ich etwas, was ich samstags sehr ungern tue: Ich ging shoppen, gönnte mir seit Ewigkeiten mal wieder schöne Unterwäsche, kaufte ein hübsches, kurzes Oberteil, das bordeauxrot und enganliegend war und am Rücken wie ein Mieder zusammengebunden wurde, und dazu eine knallenge, schwarze Röhrenjeans, in der sich mein Po gut gestützt und proper anfühlte - immerhin - denn mein Spiegelbild konnte ich nicht so recht beurteilen und ließ es auch lieber sein.
Mein Outfit für den Abend stand damit fest.
Die kompromisslos aufgebrezelte Colette holte mich gegen halb neun mit ihrem sehr alten, unfassbar zitronengelben Citroën - sie liebte diesen Wagen - und einem sichtlich angespannten, aber gutgelaunten Sören auf dem Rücksitz ab. Auf die Frage, ob sie denn nicht vorhabe zu trinken, antwortete sie nur, sie werde den Wagen selbstverständlich stehen lassen, da solle ich mir keine Gedanken machen, wir könnten dann alle mit dem Nachtbus oder der U-Bahn nach Hause fahren.
Okay, gebongt.
Unterwegs fiel Sören auf, dass er sein Geld zuhause vergessen hatte: ob wir nicht noch mal zu seiner Bude zurück könnten? Er würde schnell hochrennen und sein Portemonnaie holen. Die Idee war kompletter Bockmist, also lieh ihm Colette einen Fünfziger, den er zufrieden und mit vielen nervigen Dankesbekundungen an sich nahm. Ich ließ beide bei der Gelegenheit wissen, dass sie wahrscheinlich nicht einen Cent würden ausgeben müssen.
Die Nacht war extrem kalt, und ab und zu schneite es einige schwerfällige, dicke Flocken, aber so richtig wollte der Schneefall noch nicht einsetzen. Da die Heizung des Citroëns seinen Geist aufgegeben hatte, mussten wir uns mit guten Gedanken warmhalten, was mir persönlich, angesichts meines baldigen Treffens mit Finn, kaum schwerfiel. Verrückterweise kam es mir wie eine Ewigkeit vor, seit wir uns gesehen hatten.
Kai und Samanthas Karaoke Bar heißt ‚MikroManiac‘ und zeichnet sich durch einige sehr exklusive Merkmale gegenüber anderen Karaoke Läden aus: Hier gibt es die größte Auswahl an internationalen Songs aus allen Jahrzehnten von 1950 bis in die heutige Zeit hinein, die Getränke sind wesentlich günstiger als woanders, die Tonanlage ist erstklassig, und man sitzt auf kleinen runden Hockern um kleine runde Tische herum. Der Vorteil dieser Sitzart ist, dass man viel öfter aufsteht und tanzt, oder zur Bühne stapft und ein Liedchen trällert, da man sich aus Mangel an Bequemlichkeit nicht festsitzen kann.
Kai und Samantha stehen immer zu zweit hinter der Theke und mixen die tollsten Drinks, und zwei oder drei asiatische Bedienungen in bunten Manga Outfits - kein Scherz! - rennen fleißig herum und nehmen Bestellungen entgegen.
Die Parkplatzsuche verlangte Konzentration und kostete Nerven, besonders Colettes, die zwischen ihren spontanen Gesangseinlagen über den Verkehr fluchte und schimpfte wie Berliner Taxifahrer im Stau. So war es auch kaum auszuhalten, dass Sören völlig unbehelligt und ohne Unterlass über seine Ex-Freundin plauderte, die ihn vor zwei Jahren nach einer dreijährigen Beziehung in einer Nacht und Nebel Aktion verlassen habe. Er sei gerade von
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