Späte Familie
weià sie ja doch, was gestern zwischen uns geschehen ist, und versucht, mich von ihm abzubringen, indem sie mich an ihrem Unglück teilhaben lässt, das uralte Gefühle schwesterlicher Verbundenheit weckt, um mich von ihrem Mann fern zu halten.
Es scheint, als würden die beruhigenden Worte noch nicht einmal den Rand ihrer Angst berühren, sie holt aus ihrer Tasche eine Schachtel Zigaretten und zündet sich nervös eine an, hustet ein wenig, seufzt und sagt, wie kann er uns das antun, sie schaut sich um, um sicherzugehen, dass die Kinder weit genug entfernt sind, da lebst du fast fünfzehn Jahre mit jemandem zusammen, du glaubst, du kennst ihn besser als jeden anderen auf der Welt, so gut, wie du dich selbst kennst, und plötzlich passiert es, plötzlich zerstört er dir das Leben, all die Jahre sorgst du für deine Familie, fürchtest dich vor Krankheiten, vor Verkehrsunfällen, vor Anschlägen, und am Schluss kommt die Katastrophe aus dem Inneren der Familie, ausgerechnet von ihm, vom Vater deiner Kinder.
Aber warum hat er das gemacht, flüstere ich, passe meine Stimme der ihren an, und sie schüttelt den Kopf, als wollte sie die Tränen abschütteln, die ihr in die Augen steigen, warum, fragt sie, aus einem ganz banalen Grund, er hat eine andere, nach allem, was ich für ihn getan habe, nach all den Jahren, in denen ich ihn zum Studium angetrieben und ihn ernährt habe, ich habe ihn von der StraÃe aufgelesen, das kannst du mir glauben, wie man eine Katze aus der Mülltonne holt, und so dankt er es mir jetzt, und ich schüttle ungläubig den Kopf und frage, bist du sicher, dass er eine andere hat? Sie wendet erbittert den Blick und schaut einer uns bekannten Gestalt entgegen, die sich uns nähert, einbreites Lächeln auf dem Gesicht, es ist die schöne Keren, Ronens Mutter, sie sinkt neben uns auf den Boden, was für ein Glück, dass ihr hier seid, ich warte darauf, dass Ronen mit dem Club fertig ist, störe ich euch? Nein, sage ich, wieso denn, entsetzt von dem giftigen Misstrauen, das erneut erwacht, wie ein Skorpion, der sich mir mit ausgestrecktem Stachel nähert. Von seinem doppelten Betrug bin ich entsetzt, von dem Kummer ihres Herzens, in das sie mich hineinschauen lieà wie in ein zerstörtes Haus, von dem Kummer, der mich erwartet, und Michal wischt sich mit einer Serviette über die Augen und bietet ihr höflich etwas zu essen an, aber Keren lehnt ab, ich weià nicht, was mit mir ist, klagt sie, ich habe in der letzten Zeit überhaupt keinen Appetit, ich kriege nur mit Mühe etwas runter, ihre langen Haare fallen auf die Tischdecke, und sie bindet sie mit ihren knochigen Händen zusammen, ihre Magerkeit wirkt auf einmal übertrieben und krankhaft, ihre Haut hat einen gelblichen Ton. Du musst dich untersuchen lassen, sagt Michal, auf so was muss man achten, und Keren seufzt, lass nur, das geht schon wieder vorbei, ich hasse Ãrzte, und dann fragt sie, ob der alte Wachmann überhaupt fähig sei, unsere Kinder zu schützen, ob der Zaun, der die Schule umgibt, hoch und stabil genug sei.
Absolute Sicherheit gibt es nicht, sagt Michal, wenn jemand wirklich vorhat, in die Schule einzudringen, können wir das nicht verhindern, wir müssen lernen, mit der Angst zu leben, wir haben keine Wahl, und Keren sagt, trotzdem muss man das Maximum an Sicherheit anstreben, wir müssen einen weiteren Wachmann einstellen oder selbst Wachdienste übernehmen, was meinst du, sie wendet sich an mich, und ich sage, ja, klar, wir brauchen mindestens zwei Wachmänner, wir sind mitten in der Stadt, dann überlasse ich es ihnen, weiterzureden, und hänge meinen Gedankennach, wer wird unsere Kinder vor uns beschützen, wer wird sie vor ihren Vätern bewahren, wenn einer das Haus verlassen will, kannst du ihn nicht daran hindern, so wenig wie mich jemand daran hindern konnte, kein Wachdienst wird etwas nützen, und ich sehe, wie sich ihre Lippen bewegen, aber ihre Stimmen sind nicht zu hören, denn wieder beherrscht das Wehklagen den vergoldeten Rabenpark, tief und ohrenbetäubend, und ich senke den Blick auf die fleckige Tischdecke, auf der die Reste des Picknicks verstreut sind wie die Reste unserer Unterhaltung. Wem von euch beiden soll ich glauben, handelt es sich um unbegründete Eifersuchtsausbrüche, wie er es nennt, oder um eine reale Geliebte, wie sie behauptet, und ich weiÃ, dass der Weg zur Wahrheit
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