Späte Familie
nichts, sie klammert sich an die Hand ihres Vaters, der mir zuruft, dann beeil dich, Ella, ich möchte nicht in einen Stau geraten, und Jotam fragt begeistert, kommt Gili dann auch mit? Nein, sage ich, leider kommt er nicht mit, er ist bei seinem Vater, ich betone diese Worte, alswollte ich sagen, merkt es euch, Kinder, die Wochenenden werden zwischen den Eltern aufgeteilt, auch ihr solltet jetzt bei eurer Mutter sein.
Sei leicht und entspannt, sage ich mir, während ich hastig meine Sachen packe, sonst werde ich ihn verlieren, wie distanziert sein Blick war, und sei natürlich und geduldig den Kindern gegenüber, und sei zugleich auch voller Weiblichkeit und angedeuteter Sinnlichkeit, Anmut und Glanz und Lebensfreude, ich muss ihm beweisen, dass er sich nicht in mir getäuscht hat. Vermutlich habe ich ihn in der letzten Zeit erschreckt, und ich sehne mich so sehr danach, die ganze Schuld auf mich zu laden, zu glauben, dass alles an mir hängt, ich muss mich nur beruhigen, dann wird alles wieder so, wie es früher war, ich packe diese lebenswichtigen Beschlüsse zwischen meine wenigen Kleidungsstücke, und einen Moment lang kommt mir alles so einfach vor, Hauptsache, er ist bei mir, die Kinder werden sich auf dem Rücksitz selbst beschäftigen, und ich werde neben ihm sitzen, die Hand auf seinem Bein, und wer uns von der Seite sieht, aus dem Fenster eines vorbeifahrenden Autos, wird uns bestimmt für eine Familie halten, denn so sieht eine Familie aus, eine Mutter, ein Vater und zwei Kinder, keiner wird auf die Idee kommen, dass mein Sohn anderswo ist und dass diese beiden Kinder gar nicht meine sind, dass ich sie gar nicht will, so wie sie mich nicht wollen, und vielleicht täuscht auch mich dieses verlockende Bild, vielleicht glaube ich selbst daran, und bis wir das Haus seiner Freunde erreichen, werden wir eine richtige Familie sein, die sich nicht ständig von neuem in Frage stellt.
Aber du hast versprochen, dass ich vorn sitzen darf, protestiert Maja mit fordernder Stimme, als ich die Vordertür öffne, und er antwortet sanft, weil ich nicht gewusst habe, dass Ella mit uns kommt, das ist ihr Platz, aber natürlichbin ich wegen seiner verständnisvollen Reaktion schon eingeschnappt und biete mit gespielter Gleichgültigkeit an, kein Problem, dann sitze ich eben hinten, es ist besser, ein Opfer zu sein als eine Täterin, es ist besser, hinten zu sitzen als neben ihm und ihre stechenden Blicke im Rücken zu spüren, und er vergewissert sich müde, wirklich, bist du sicher? Ich mache mir nicht die Mühe zu antworten, ich setze mich auf den Rücksitz, neben Jotam. Vielleicht könnt ihr unterwegs tauschen, schlägt er vor, und ich schweige düster und überlasse es ihr, seinen Vorschlag zurückzuweisen, aber du hast es versprochen, Papa, du hast es mir für die ganze Fahrt versprochen, sie täuscht ein Weinen vor, und meine Beschlüsse fliegen bereits auf starken Flügeln durch das Fenster davon, wie Vögel, die der Knall einer Explosion aufgescheucht hat, schau nur, werde ich zu ihm sagen, wenn ich endlich die Gelegenheit habe, allein mit ihm zu sprechen, merkst du nicht, welche anormalen Verhältnisse du da schaffst, ein zehnjähriges Mädchen sitzt vorn und eine sechsunddreiÃigjährige Frau hinten? Merkst du nicht, was für eine Botschaft du ihr vermittelst, du ermunterst sie, mit mir zu rivalisieren, statt ihr Grenzen zu setzen, die sie beruhigen und solche Auseinandersetzungen in Zukunft verhindern würden.
Maja dreht sich zu mir um, ihr Porzellangesicht strahlt triumphierend, kennst du Orna und Dani überhaupt, fragt sie und nimmt damit auch die Gastgeber für sich in Beschlag, und ich gebe zu, nein, aber ich werde sie ja gleich kennen lernen, und sie sagt, ich war schon ganz oft dort, genüsslich demonstriert sie ihre Ãberlegenheit, und Jotam ruft sofort, ich auch, und sie erwidert schnell, aber ich viel öfter, ich bin schon mit Papa und Mama hingefahren, bevor du auf der Welt warst, stimmtâs, Papa? Und Oded bestätigt gehorsam, stimmt, aber was spielt das für eine Rolle, das istkein Wettbewerb, Orna und Dani haben euch beide gern. Mama auch, fügt Maja hinzu, und er bestätigt wieder, ja, stimmt, Mama auch, und sie fragt im Ton eines verwöhnten Kindes, warum kommt sie dann nicht mit uns? Ich bin daran gewöhnt, dass Mama mit uns zu Orna und Dani fährt, und er sagt, ich bin sicher, dass Mama
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