Späte Heimkehr
ihrer Erlebnisse des Tages.
Bob McBride klopfte mit dem Messer auf seinen Teller. »Okay, alle Mann. Ruhe jetzt. Abby, du bist mit dem Tischgebet dran.«
Alle wurden still und senkten die Köpfe. »O Herr, wir danken dir für alle deine Gaben, für unsere Familie, unsere Freunde, unser Heim und die Mahlzeit, die wir teilen werden. Lieber Gott, wir danken dir.«
Abby merkte, dass sie bei diesen Worten ins Stocken geriet, die ihr sonst so flüssig über die Lippen kamen. Über den Tisch hinweg sahen sie und Barney, der sie aufmunternd anlächelte, sich tief in die Augen.
»Amen«, sagte die Familie im Chor, und Kevin platzte sofort danach heraus: »Zwei, vier, sechs, acht, haut endlich rein und füllt den Schacht …«
Über dem verschlafenen Ort hing die träge Mattigkeit eines typischen Samstagnachmittags in einer Kleinstadt. Diese Samstagnachmittage auf dem Land haben schon etwas ganz eigenes, überlegte Abby, die sich gerade Schienbeinschoner in die Strümpfe schob und sich auf dem Hockeyplatz umsah. Das gegnerische Team wärmte sich bereits auf, und der Klang der Schläger, die hart gegen den Ball knallten, markierte eine Art Wendepunkt in Tempo und Stimmung an diesem Tag. Die morgendlichen Einkäufe waren erledigt, ab jetzt war es das Gemeinschaftserlebnis Sport, bei dem man sich erholte, bis am Montag die Arbeit wieder aufgenommen wurde.
Abby betrachtete die wenigen kleinen Zuschauergrüppchen, die sich rund ums Spielfeld eingefunden hatten, konnte aber keine Spur von Barney entdecken. Sie spürte ein leichtes Gefühl der Enttäuschung in sich aufsteigen, das ihr womöglich die gute Laune verdorben hätte, wenn Cheryl in diesem Augenblick nicht das Team zusammengerufen hätte. Die Mädchen trabten aufs Feld und spielten sich mit lässiger Routine den Ball zu, während sie ihre endgültigen Positionen einnahmen.
Abby, die für den rechten Flügel eingeteilt war, freute sich auf das Match. Ein Gefühl der Spannung, gemischt mit einer Spur von Nervosität, ergriff sie, als sie sich auf ihren Schläger stützte und sich bereitmachte, blitzschnell auf das Spielgeschehen zu reagieren. Bereits nach wenigen Minuten hatte sie der Rhythmus des Wettkampfs völlig gefangen genommen, sie passte sich der rasch wechselnden Spieltaktik an, kämpfte sich voran, wehrte ab und nutzte immer wieder Lücken in der gegnerischen Verteidigungslinie, um sich mit ihrem Team zum Tor vorzuarbeiten. Erst zur Halbzeit, als sie eine Pause machten, um etwas zu trinken und Orangenscheiben zu lutschen, entdeckte sie auf einmal Barney, und ihr Herz machte einen Sprung. Er stand neben Gwen und Bob, die im Schatten eines Baumes eine Decke ausgebreitet hatten.
Ihre Freude schlug unvermittelt in Nervosität um, und sie blickte rasch um sich. Was er tat, war schierer Wahnsinn, fuhr es ihr durch den Kopf. Dadurch, dass er sich das Spiel zusammen mit ihrer Familie ansah und sie anfeuerte, demonstrierte er ein ernsthaftes Interesse an ihr. Trotzdem überwog nach dem ersten Schock die Freude über sein Kommen. Sie sahen sich an, und er lächelte ihr breit zu, als sie zu ihm hinüberschlenderte.
»Dann sind Sie also tatsächlich gekommen. Es ist schön, einen Mann kennen zu lernen, der sein Versprechen einem Mädchen gegenüber hält.«
Barney ließ sich auf ihren ironischen Tonfall ein. »Ihr erstes Spiel hätte ich doch um nichts in der Welt verpassen wollen. Abgesehen davon bin ich in ganz New England dafür bekannt, dass ich meine Versprechen halte – da können Sie jedes Mädchen fragen.« Beide lachten.
»Haben Sie viel vom Spiel gesehen?«, fragte Abby, steckte sich das letzte Stück Orange in den Mund und nahm das Taschentuch, das er ihr reichte, um sich die Hände abzuwischen.
»Den Anfang habe ich verpasst, aber ich denke, ich habe den besten Teil mitbekommen. Wenn es sein muss, können Sie ja rennen wie ein Hase«, sagte Barney mit echter Begeisterung.
»Bisher hat das nur noch nicht viel genutzt«, erwiderte Abby fröhlich. »Es steht eins zu null gegen uns.« Der Schiedsrichter blies in die Trillerpfeife, und als Abby sich umdrehte, sah sie, dass die Mannschaften schon wieder auf dem Feld waren. »Der Kampf geht weiter.« Sie wandte sich wieder Barney zu. »Bleiben Sie bis zum bitteren Ende?«
»Würde ich mir das entgehen lassen?«
Die zweite Halbzeit entwickelte sich zu einem anstrengenden Gefecht, und Abby stellte fest, dass die kurze Trainingsphase sie nicht angemessen auf die körperliche Belastung vorbereitet hatte.
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