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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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Schweizer bereits einen europäischen Rettungsschirm angeregt. Es gebe zwar keinen unmittelbaren Bedarf dafür, »doch solche Pläne müssen in der Schublade sein, um im Fall der Fälle gewappnet zu sein«.
    In der schwarz-roten Regierung war die Idee zunächst gar nicht gut angekommen. SPD -Fraktionschef Peter Struck bezichtigt den Deutsche-Bank-Chef des »Opportunismus«, für den er »ein gewisses Maß an Verachtung« empfinde. Bundeskanzlerin Merkel lehnt ebenfalls ab: »Der Bund kann und will keinen Blankoscheck für alle Banken ausstellen.« Doch nach dem zweiten HRE -Schock und der staatlichen Garantie der Ersparnisse wenige Tage später gilt das alles nicht mehr.
    Finanzminister Steinbrück erteilt seinem Staatssekretär Asmussen noch in der zweiten HRE -Rettungsnacht im Finanzministerium in Berlin den Auftrag, mit Hochdruck ein Konzept für einen deutschen Bankenschutzschirm zu erstellen. In der darauffolgenden Woche arbeitet der Staatssekretär zusammen mit Jens Weidmann, dem finanz- und wirtschafspolitischen Berater Merkels im Kanzleramt, und unterstützt von Bundesbankpräsident Weber, BaFin-Chef Sanio sowie Josef Ackermann die Details aus.
    Während der Finanzstaatssekretär in Berlin an dem Gesetzestext werkelt, fliegt am Donnerstag, dem 9 . Oktober, nahezu die gesamte Finanzelite Deutschlands mit Flug LH 418 zur Tagung von Weltbank und Währungsfonds von Frankfurt nach Washington. Die First Class in der Boeing 747 ist bis auf den letzten Platz ausgebucht. Unter den Fluggästen sind neben zahlreichen Chefs von Geldinstituten auch Peer Steinbrück und Axel Weber. Die Finanzkrise setzt auch das ungeschriebene Gesetz außer Kraft, dass Finanzminister und Bundesbankpräsident nicht mit derselben Maschine fliegen. Mit EZB -Präsident Trichet sind sogar die drei wichtigsten Offiziellen der europäischen Finanzwelt an Bord.
    Trichet hat auf dem Oberdeck keinen Platz mehr bekommen und muss mit der Business Class vorliebnehmen. Zufällig sitzen wir nebeneinander. Europas oberster Notenbanker, ein Staatsdiener mit preußischem Berufsethos, gibt sich im Gespräch alle Mühe zu verbergen, wie es in seinem Innersten aussieht. Doch die Sorgen sind ihm ins Gesicht geschrieben – und die Erschöpfung. Einen großen Teil des Fluges verbringt der Franzose schlafend, um für die kommenden schweren Tage neue Kraft zu schöpfen. Sie sollten für die Weltwirtschaft von entscheidender Bedeutung werden und endlich die Wende in der Finanzkrise bringen.
    Am Freitag sackt die Börse in Tokio um zehn, in Frankfurt um zwölf Prozent ab. In New York hatte der Dow-Jones-Index am Vortag bereits 700 Punkte verloren, der schlimmste Absturz seit über zehn Jahren. Die im Cash Room des US -Finanzministeriums neben dem Weißen Haus versammelten Finanzminister und Notenbankchefs der G 7 -Staaten wissen, was die Stunde geschlagen hat. Nach vierstündigen Beratungen verpflichten sie sich in einem Fünf-Punkte-Plan dazu, gemeinsam den Finanzsektor ohne Vorbehalt zu stützen.
    Josef Ackermann bringt als Präsident des Weltbankenverbands IIF in der amerikanischen Hauptstadt unmissverständlich zum Ausdruck, dass das gesamte globale Finanzsystem am Rande des Abgrunds stehe und nur noch durch eine konzertierte Aktion der Staaten vor dem Absturz gerettet werden könne: »Wir müssen anerkennen, dass die Märkte versagt haben, und wenn der Markt versagt, muss der Staat eingreifen«, sagt er unverblümt. Dies sei ein »sehr entscheidender Moment. Systemische Krisen brauchen systemische Antworten.« Bis Montagmorgen zur Eröffnung der Börsen müssten konkrete Rettungspakete vorliegen.
    Der Schweizer weiß zu dem Zeitpunkt bereits, dass nicht nur die Deutschen, sondern die Europäer insgesamt wie zuvor schon die Amerikaner ein großes Hilfspaket für ihren Bankensektor schnüren wollen. Beim Dinner des IIF im Atrium des Museum of American Art am Samstagabend spricht die französische Finanzministerin Christine Lagarde, mit der Ackermann gut befreundet ist, nach dem Hauptgang die erlösenden Worte an die Adresse der versammelten Banker: Die europäischen Regierungen würden »alles tun, was erforderlich ist«, um die Finanzkrise zu bekämpfen. »Wir werden Sie nicht enttäuschen.«
    Brausender Beifall. Dann muss Lagarde weg. Das Flugzeug nach Paris wartet. Dort findet am Sonntag ein kurzfristig anberaumter Krisengipfel der Eurostaaten statt. Finanzminister Steinbrück und Bundesbankchef Weber sind schon auf dem Weg dahin.
    Auf dem Gipfel in Paris am

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