Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
Vom Netzwerk:
Kunden größte Geldhaus im Inland in andere Hände fällt, und sichert sich die Option auf eine spätere vollständige Übernahme. Durch den Stufenplan vermeidet sie eine kräfteraubende Restrukturierung mitten in der Krise und schont zudem ihr Eigenkapital.
    Bis zuletzt war die spanische Banco Santander in Bonn mit im Rennen. Doch Ackermann hat die Unterstützung der Bundesregierung und der Gewerkschaft Verdi, weil er die Eigenständigkeit der Marke nicht antasten will.
    Nach dem Zusammenbruch von Lehman und dem nachfolgenden Absturz der Postbank-Aktie von gut 50 auf unter 15 Euro kann die Deutsche Bank das Geschäft noch nachverhandeln. Beide Parteien einigen sich schließlich auf einen raffinierten mehrstufigen Deal aus vorübergehender Beteiligung der Post an der Deutschen Bank, Optionen und einer Pflichtwandelanleihe.
    Auf einen einfachen Nenner gebracht, überweist die Bank der Post den Kaufpreis für ihre Postbank-Aktien weit früher als ursprünglich geplant und erhält dafür einen Preisnachlass. Für die Mehrheit von gut 62 Prozent, die die Frankfurter an dem Bonner Geldhaus auf diese Weise übernehmen, werden so etwas weniger als fünf Milliarden Euro fällig. Inklusive der Papiere der verbleibenden Minderheitsaktionäre muss das Institut am Ende gut sechs Milliarden Euro zahlen. Zum Zeitpunkt des Einstiegs im Herbst 2008 war die Postbank noch mit etwa neuneinhalb Milliarden bewertet worden.
    Mit dem Zusammengehen eröffnet sich der Deutschen Bank die Möglichkeit zu einer Mehrmarken-Strategie für dann insgesamt 24 Millionen Kunden in Deutschland bzw. 29 Millionen weltweit – ein Schritt, der ihr einst mit der »Deutsche Bank 24 « nicht gelungen war.
    Um ihr Eigenkapital zu schonen und bei der Gelegenheit sogar noch etwas aufzupolstern, finanzieren die Frankfurter die Übernahme und Konsolidierung durch eine Kapitalerhöhung. Mit dem Verkauf neuer Aktien im Wert von gut zehn Milliarden Euro, annähernd die Hälfte der damaligen Marktkapitalisierung, wird sie die größte ihrer Geschichte und die zweitgrößte in der Wirtschaftsgeschichte des Landes überhaupt. Und sie wird zu einem glänzenden Erfolg: Der Abschlag gegenüber dem Kurs der alten Papiere, den die Bank dabei in Kauf nehmen muss, hält sich in Grenzen. Über 90 Prozent der Summe bringen zudem Altaktionäre auf, die von ihrem Bezugsrecht Gebrauch machen – ein großer Vertrauensbeweis in Josef Ackermanns Strategie und die Zukunft der Bank. Die Investoren bauen offenkundig darauf, dass der Schweizer mit der Postbank die von ihm selbst verkündete Vision umsetzen kann, »im Privatkundengeschäft eine ähnliche Erfolgsstory zu schreiben wie im Investmentbanking«, in die »Champions League des europäischen Privatkundengeschäfts« aufzusteigen und »stabilere und besser ausgeglichene Erträge« zu erwirtschaften.
    Auch Ackermann übt seine Bezugsrechte vollständig aus und erwirbt für über sechs Millionen Euro aus seinem Privatvermögen neue Aktien seines Hauses. Und dies, obwohl ihm damals bereits Deutsche-Bank-Papiere im Wert von über 15 Millionen Euro gehören. Solange der Schweizer in Frankfurt ist, hat er nie auch nur eine einzige Aktie verkauft. Er handelt, wie er redet.
    Um die Position auf dem Heimatmarkt und das Gewicht der sogenannten stabilen Geschäftsfelder weiter zu stärken sowie die Bank noch besser auszubalancieren, tätigt Ackermann ein Jahr später, im Herbst 2009 , noch zwei weitere Einkäufe. Nach langem Hin und Her mit der Regierung in Den Haag gelingt es ihm mit Hilfe der EU -Kommission schließlich, große Teile des Firmenkundengeschäfts der niederländischen Bank ABN Amro zu übernehmen. Und ihm fällt Sal. Oppenheim & Cie. in den Schoß, das 1789 gegründete traditionsreiche Privatbankhaus mit Stammsitz in Köln.
    Vier Revolutionen, ein halbes Dutzend Kriege sowie sechs Währungsumstellungen hatte die einst jüdische, später zum christlichen Glauben konvertierte Bankiersdynastie der Oppenheims überstanden und ihre Unabhängigkeit bewahrt. Mit der Agrippina, der Colonia und der Kölnischen Rückversicherung hatte sie die Rheinmetropole zu einem bedeutenden Versicherungsplatz gemacht, mit der Centralbodenkredit AG die erste große Hypothekenbank des Landes gegründet, war mit der Finanzierung von Eisenbahnen und Schwerindustrie Pionier bei der Industrialisierung Deutschlands. Die Reichsten der Republik vertrauen der Bank ihr Geld an. Köln verdankt ihr den Botanischen Garten, den Zoo und die Fertigstellung des

Weitere Kostenlose Bücher