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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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täte ihnen »ja irgendwie leid«, aber letztlich hätte sie sich »das Ganze selbst zuzuschreiben«.
    Seine Mutter war vor seinen Augen vergewaltigt worden. Aber immer, wenn über den Fall gesprochen wurde, mussten sich jene, die vorgaben, für seine Mutter einzutreten, verteidigen, während die Bösartigkeit der faschistischen Schweine, die die Tat begangen hatten, nicht einmal Erwähnung fand. Seine Mutter hatte damals Anzeige erstattet, aber nachdem sein Onkel verprügelt und wegen eines erfundenen Drogendeliktes verhaftet worden war, hatte sie die Anklage zurückgezogen.
    Das war die Gerechtigkeit des weißen Mannes – und der weißen Frau.
    Als er weiße Frauen vergewaltigt und dies als revolutionäre Handlung gerechtfertigt hatte, waren seine Schuldgefühle daher von blinder Wut betäubt worden.
    Seine Erinnerungen wurden jäh unterbrochen, als vor ihm ein großer Schatten auftauchte und ihn ein stechender Schmerz im Unterleib zusammenzucken ließ. Er hob den Kopf und sah vor sich einen Mann, der innerhalb weniger Sekunden wieder verschwunden war. Dann spürte er etwas Nasses, und als er nach unten blickte, sah er schwarzes Blut aus seinem Bauch schießen. Irgendjemand hatte ihm ein Messer in die Leber gerammt. Er wusste, dass er vielleicht noch zwanzig Minuten zu leben hatte.

Mittwoch, 15. Juli 2009 – 16.30 Uhr
    Während Andi im Wartebereich des San Francisco International Airport saß und auf ihren Flug wartete, checkte sie ihre E-Mails auf dem BlackBerry. Die meisten waren geschäftlich, aber eine E-Mail ließ sie innehalten, bevor sie es wagte, sie zu lesen; der Name des Absenders sprang ihr sofort ins Auge: Lannosea.
    Du spielst mit dem Feuer, wenn du diesem Nigger und Vergewaltiger und seinem schmierigen, erpresserischen Anwalt hilfst. Hättest du auch nur ein bisschen Mumm besessen – was offensichtlich nicht der Fall ist –, hättest du dich dem Druck von diesem Schleimbeutel Sherman und diesem Heuchler Sedaka widersetzt und die beiden zum Teufel gejagt. Stattdessen hast du dich hingelegt und die Beine breit gemacht. Macht dich das auch zum Vergewaltigungsopfer – oder vielleicht nur zu einer Hure?
    Lannosea
    Eine Mischung aus Angst und Ekel stieg in Andi auf. Wer schickte ihr diese Nachrichten?
    Sie ging ins Internet und gab »Lannosea« bei Wikipedia ein. Kein Ergebnis.
    Also startete sie eine allgemeine Suche nach dem Namen, erhielt jedoch nur drei Suchergebnisse. Zwei waren mit Warnhinweisen versehen, was bedeutete, dass es sich dabei um gefährliche Websites handelte, die eventuell Spyware enthielten. Das dritte Suchergebnis war ein Internetforum, in dem Andi lediglich erfuhr, dass Lannosea eine Tochter der britannischen Königin Boudicca gewesen sei, die im ersten Jahrhundert nach Christus gelebt habe.
    Was um Himmels willen hatte das zu bedeuten?
    Aber es gab noch eine andere Frage, die Andi keine Ruhe ließ. Woher wusste diese Lannosea, dass Sherman und Alex sie unter Druck gesetzt hatten, damit sie den Claymore-Fall annahm? Sie hatte niemandem davon erzählt.

Mittwoch, 15. Juli 2009 – 18.05 Uhr
    Alex las noch einmal den Polizeibericht durch und suchte nach weiteren Ungereimtheiten. Bisher war Bethels Sinneswandel die einzige Schwachstelle, wenn auch eine äußerst vielversprechende. Die Frage war nur, ob die Anklagevertretung sich diesbezüglich nicht längst etwas Schlaues überlegt hatte.
    Zumal sie gar nicht allein auf die Zeugenaussage des Opfers angewiesen war. Es lag schließlich auch ein DNA-Beweis vor. Wenn Claymore zugegeben hätte, einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit Bethel gehabt zu haben, hätte die Situation anders ausgesehen. Dann wäre Alex’ Arbeit zwar durch das ärztliche Gutachten und die Fotos von Bethels Verletzungen erschwert worden, doch er hätte wenigstens ein bisschen Luft zum Atmen gehabt.
    Aber Claymore hatte diese Tür von vornherein zugeschlagen, indem er behauptet hatte, dass es zwischen ihm und Bethel Newton nie zu einer sexuellen Begegnung gekommen sei – ja, zu überhaupt keiner Begegnung.
    Alex und Andi mussten nun also eine plausible Erklärung dafür finden, warum das Opfer gerade ihn beschuldigte. Die auf der Hand liegende Erklärung war natürlich, dass ihr Angreifer Claymore ähnlich sah. Alex war sogar einer völlig abwegigen Eingebung nachgegangen und hatte Claymore gefragt, ob dieser einen eineiigen Zwilling hatte. Sein Freund hatte mit einem derart vernichtenden Blick reagiert, dass Alex sich die Antwort denken konnte.
    Das Telefon

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