Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
Vom Netzwerk:
kehrte voller Anspannung aus der kurzen Unterbrechung zurück. Er wusste, dass die Anklagevertretung nun die alles entscheidenden Beweise vorlegen würde.
    »Sind Sie bereit fortzufahren, Mrs Jensen?«, fragte die Richterin.
    »Ja, Euer Ehren«, antwortete die Staatsanwältin. »Mein nächster Zeuge ist Dr. Victor Alvarez.«
    Ein Gerichtsdiener öffnete die Tür zum Wartesaal der Zeugen und rief: »Mr Alvarez wird in den Zeugenstand gerufen!«
    Victor Alvarez, der wie ein typischer Wissenschaftler aussah und etwa Mitte sechzig war, betrat den Gerichtssaal und wurde vereidigt. Die Staatsanwältin stellte ihm zunächst einige einleitende Fragen zu seinen Qualifikationen. Die Geschworenen erfuhren, dass er Technischer Leiter der DNA-Abteilung des kriminaltechnischen Labors von Ventura County war und persönlich die DNA-Profile für die Beweisproben des vorliegenden Falls erstellt hatte. Er erklärte ausführlich, was DNA überhaupt war, und illustrierte seine Ausführungen mithilfe von Diagrammen und Schaubildern auf den Computerbildschirmen.
    DNA bestehe aus vier so genannten organischen Basen, erläuterte er, die mit den Buchstaben A, C, G und T abgekürzt würden. Diese Basen bildeten Paare, allerdings nur nach einem ganz speziellen Muster.
    »A ist komplementär zu T«, erklärte er, »und C kann nur mit G ein Paar bilden.«
    Als er nach seiner einleitenden Erläuterung verstummte, begann Sarah Jensen mit der eigentlichen Befragung: »Können Sie uns bitte mitteilen, wie Sie diesen Umstand nutzen, um zu ermitteln, von wem die jeweilige DNA stammt?«
    »Es gibt bestimmte DNA-Sequenzen, die sich von Person zu Person stark unterscheiden. Und genau diese Sequenzen verwenden wir Forensiker zur DNA-Analyse.«
    »Und wie funktioniert das?«
    »Wir durchsuchen die DNA nach so genannten Short Tandem Repeats, kurz STR-Mustern. Das sind kurze DNA-Sequenzen von normalerweise zwei bis fünf Basen Länge, die an bestimmten Positionen, oder Loci, mehrmals hintereinander auftauchen. Zum Beispiel eine Sequenz wie …«
    Er drückte auf die Fernbedienung, um das nächste Schaubild aufzurufen, auf dem eine Buchstabenabfolge zu sehen war: G-A-T-A G-A-T-A G-A-T-A G-A-T-A G-A-T-A G-A-T-A.
    »Bei dieser Sequenz an der Position, die wir als D7S280 bezeichnen, handelt es sich um sechs Wiederholungen der Sequenz G-A-T-A. Eine solche Sequenz nennt sich Allel. An jeder Position befindet sich ein Allel-Paar, das entweder identisch ist oder sich unterscheidet. Eine Person kann die Sequenz also zum Beispiel sechs Mal im einen Allel haben und acht Mal im anderen. Oder identische Sequenzen in beiden Allelen.«
    »Und wie lässt sich dadurch eine Person identifizieren?«
    »Nun ja, jede Person unterscheidet sich von der nächsten durch die Anzahl ihrer Wiederholungen. In diesem speziellen Fall variiert die Anzahl zwischen sechs und fünfzehn.«
    »Aber zwischen sechs und fünfzehn liegen zehn verschiedene Möglichkeiten.«
    »Das ist richtig.«
    »Also gibt es viele Menschen mit dieser speziellen Sequenz?«
    »Durchaus, aber wir betrachten nicht nur diese eine Sequenz, sondern dreizehn verschiedene. Denn bei einer einzigen Sequenz weisen viele Menschen dieselbe Anzahl an Wiederholungen auf. Aber wenn man sich alle dreizehn verschiedenen Sequenzen an den verschiedenen Positionen ansieht, ist die Wahrscheinlichkeit extrem gering, dass zwei Menschen bei jeder einzelnen Sequenz die gleiche Anzahl von Wiederholungen aufweisen.«
    »Um es also auf den Punkt zu bringen: Sie behaupten, dass Sie die DNA auf eine einzige Person eingrenzen können?«, fasste Sarah zusammen.
    »Genau.« Alvarez nickte.

Donnerstag, 20. August 2009 – 11.30 Uhr
    Martine nahm den Aufzug in den vierten Stock des Parkhauses und wurde immer angespannter und nervöser, weil sie allein der Fußmarsch so viel Zeit gekostet hatte. Die Verhandlung hatte bereits wieder begonnen, aber sie konnte es nicht ändern. Hoffentlich konnte sie irgendeinen freien Zeitungsmitarbeiter dazu bewegen, sie über das Versäumte ins Bild zu setzen.
    Als sich die Aufzugtüren öffneten, fiel ihr zunächst nichts Ungewöhnliches auf. Sie ging auf ihr Auto zu, tippte die Zahlenkombination in die Fernbedienung der Zentralverriegelung und ignorierte den Mann, der neben ihrem Wagen auf dem Beifahrersitz seines aquamarinfarbenen Mercedes herumhantierte. Irgendwo in ihrem Hinterkopf war die Erinnerung abgespeichert, dass Elias Claymores gestohlenes Auto so ausgesehen hatte – genau wie das Auto, in dem der

Weitere Kostenlose Bücher