Späte Sühne - Island-Krimi
Feuer. Außerdem wollte Lúðvík nicht, dass die Kerzen brannten, als er die Aufnahmen machte. Die Leuchter sollten so zur Geltung kommen.«
»Später am Abend waren die Kerzen angezündet. Wer hatte Feuer? Wer hat geraucht?«
»Anton rauchte Zigarren und er besaß ein Feuerzeug, glaube ich. Unnar und Starkaður rauchten Zigaretten, und Fabían natürlich sein Gras. Ob da an dem Abend noch andere geraucht haben, weiß ich nicht.«
»Hat der Botschafter das Rauchen in den Räumen gestattet?«
»Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand ihn danach gefragt hätte.«
Als Nächstes kamen Bilder vom Essen im Konferenzzimmer. Beim Essen gibt man keine gute Figur ab, das sollte man sich merken, dachte Gunnar, während er die Fotos betrachtete. Das letzte Foto zeigte den Sonnendichter, der auf einem Stuhl stand und wahrscheinlich ein Gedicht vortrug.
»Das ist das letzte Bild, das Lúðvík an diesem Abend gemacht hat«, sagte Helgi. »Nachdem der Botschafter Cognac aufgefahren hatte, ging es hoch her, und es gab keinen Grund, das zu fotografieren.«
»Hast du möglicherweise gegen Ende der Party Schreie aus dem oberen Stockwerk gehört?«
»Nein. Der Botschafter hatte eine CD mit deutschen Schlagern aufgelegt, und zwar sehr laut. Spätestens beim dritten Durchlauf war das ziemlich nervig.«
Gunnar grinste und sagte: »Noch eins zum Schluss. Ich muss dich bitten, mir im Rahmen dieser Ermittlung zu gestatten, Finger- und Handabdrücke von dir zu nehmen.«
»Haben die anderen Gäste dem zugestimmt?«, fragte Helgi.
»Wir haben noch nicht mit allen gesprochen.«
»Bevor ich dem zustimme, möchte ich mich mit meinem Anwalt über meine rechtliche Position beraten.«
»Deine rechtliche Position ist die eines Zeugen«, erklärte Gunnar achselzuckend. »Du kannst das verweigern. Wir lassen es dich wissen, falls sich daran etwas ändert.«
»Dann warten wir lieber damit.«
»Na schön. Aber wahrscheinlich werden wir uns noch einmal intensiver unterhalten müssen.«
»Ich stehe zur Verfügung.«
Helgi stand auf, verabschiedete sich und ging. Gunnar blieb zurück und betrachtete die Kerzenleuchter. Dann griff er zum Telefon und wählte die hausinterne Nummer von Anna, die kurze Zeit später das Vernehmungszimmer betrat. Gunnar deutete auf die Tischplatte und sagte: »Ich hatte sie sorgfältig abgewischt, bevor Helgi kam. Der Tisch ist voll mit Abdrücken von seinen Fingern und Handflächen. Sieh zu, ob du etwas Verwendbares bekommst, aber das geht nicht offiziell in die Datenbank, das bleibt unter uns.«
14:45
Birkir stellte den nicht als solchen gekennzeichneten Dienstwagen der Kriminalpolizei auf einem freien Parkplatz ab und legte die letzten Meter zum Haus von Jón Sváfnisson und Fabían Sigríðarson zu Fuß zurück. Es stand in einer friedlichen Straße in einem alteingesessenen Viertel westlich des Nationalkrankenhauses, einer engen, alten Einbahnstraße mit Parkstreifen zu beiden Seiten. Auf der Südseite standen die Häuser dicht an der Straße, nur ein schmaler Bürgersteig trennte sie von der Fahrbahn. An der Nordseite hingegen gab es große Gärten vor den Häusern, und auch zwischen ihnen gab es viel Platz. Es handelte sich um große, zweistöckige Einfamilienhäuser mit Keller und Mansarde. Zu ihnen gehörte auch das Haus des Sonnendichters, das Jónshús. Es war zwar ungefähr genauso groß wie die Nachbarhäuser, aber ansonsten unterschied es sich stark von ihnen.
Als Birkir ein verrostetes Gartentor öffnete, quietschten die Scharniere so laut, dass ein Schwarm Schneeammern aus den hohen Pappeln aufflatterte, die vor dem Haus standen.
Birkir blieb stehen und sah sich den Garten an, der größtenteils dicht bewachsen war. Pappeln, Ebereschen und Birken wuchsen wild durcheinander, und dazwischen ein paar niedrige Büsche, wahrscheinlich Johannisbeersträucher. Zwischen den Bäumen standen alle möglichen Skulpturen aus unterschiedlichem Material, und Wasser rieselte in kleine Teiche. Eine alte Bank an der Hauswand sah so aus, als hätte sie ursprünglich einmal als Sitzgelegenheit an einer Bushaltestelle gedient.
In der Garageneinfahrt stand ein altes amerikanisches Auto, und zwar allem Anschein nach schon lange, denn sämtliche Reifen waren platt und die Kotflügel durchgerostet. Birkir warf einen Blick durch eine halb geöffnete Seitenscheibe hinein, das Innere des Wagens war völlig verdreckt mit Vogelkot, und zwischen den Vordersitzen sah er ein kleines verlassenes Vogelnest.
»Unsere
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