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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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etwas gesagt, sondern nur zugehört. Und etwas auf ein Blatt gekritzelt, aber das hat er mitgenommen.«
    »Was für ein Blatt?«
    »Ein weißes liniertes.«
    »Ich meine, woher hatte er das Blatt?«
    »Neben dem Telefon liegt ein Schreibblock für Mitteilungen und dergleichen. Wenn jemand ans Telefon geht und gebeten wird, etwas auszurichten, schreibt er das auf ein Blatt und pinnt es an die Korktafel neben dem Telefon.«
    »Kann ich den Schreibblock sehen?«, fragte Birkir.
    Rakel nickte und ging vor ihm die Treppe hinunter. Auf einem niedrigen Tisch hinten in der Diele stand das Telefon und daneben ein Stuhl. Rakel deutete auf einen kleinen Schreibblock und einen Kugelschreiber auf dem Tisch.
    »Wird der viel verwendet?«, fragte Birkir, während er den Block vorsichtig in die Hand nahm.
    »Nein«, sagte Rakel. »Wir haben fast alle Handys, auf denen man uns erreichen kann. Wenn irgendetwas ausgerichtet wird, ist es fast immer für Jón.«
    »Hat jemand den Block benutzt, seit Jón am Samstag darauf geschrieben hat?«
    Rakel warf einen Blick auf die Korktafel. »Nein, das sind alles alte Zettel. Es ist keiner hinzugekommen. Ich glaube nicht, dass jemand den Block benutzt hat.«
    »Darf ich ihn mitnehmen?«, fragte Birkir.
    »Selbstverständlich.«
    »Danke.«
    »Noch eins.«
    »Ja?«
    »Bitte behandle Jón gut, wenn du ihn findest. Jón ist eine Seele von Mensch. Er ist bloß im Augenblick krank.«
    21:40
    Der Polizeipräsident hatte einen eigenen Raum für die Koordinierung der Fahndung nach Magnús und Arngrímur bereitgestellt. Birkir schaute kurz herein und sah etliche Leute, die entweder telefonierten oder große Stadtpläne von Reykjavík studierten. Es ging darum, sich systematisch die leer stehenden Häuser in Reykjavík vorzunehmen. Von denen gab es seit dem Bankencrash genug. Einige waren damit beschäftigt, eine Liste solcher Liegenschaften zusammenzustellen. Und dann gab es andere, die sich offensichtlich etwas davon versprachen, sich lautstark bemerkbar zu machen und mit irgendwelchen Papieren zu wedeln.
    In Mosfellsbær fanden die SEK -Angehörigen in der Wohnung, die auf den Namen von Lúðvík Bjarnason registriert war, eine kleine, ängstliche Frau vor. Sie schwor, dass er im Ausland sei und auch in nächster Zeit nicht zurückkehren werde. Sie war sich allerdings gar nicht so sicher, ob er überhaupt in der Wohnung zu Hause war, denn ihre Beziehung war ziemlich unklar. Lúðvík kam und ging und hielt sie kaum über seine Unternehmungen auf dem Laufenden. Die Frau konnte den Männern vom SEK ein paar Kartons mit persönlichen Besitztümern von Lúðvík Bjarnason und einen Kleiderschrank mit ein paar Sachen von ihm zeigen, sonst nichts.
    Birkir ging ins Labor. Als Anna Schritte hörte, ging sie schnell zum Waschbecken und löschte ihre Zigarette unter dem Wasserstrahl.
    »Ach, du bist es«, sagte sie erleichtert.
    »Du arbeitest also noch«, sagte er.
    »Ja, ich bin dabei, die vorläufigen Untersuchungsergebnisse vom Tatort in Austurbrún zusammenzufassen. Wir machen morgen weiter.« Sie wies mit dem Kopf auf ausgedruckte Fotos auf dem Tisch. »Wir haben Fußspuren.«
    Birkir betrachtete eines der Fotos. Es zeigte einen undeutlichen Abdruck in etwas, was wie eine dünne Staubschicht aussah. Daneben lag eine rot-weiße Messlatte. Die Konturen des Fußabdrucks waren im Computer mit schwarzen Linien umrissen worden. Es handelte sich um einen Abdruck mit glatter Sohle.
    »Sieht ganz normal aus«, sagte er.
    Anna nahm ein anderes Foto und reichte es ihm. »Es geht um den anderen Fuß.«
    Birkir starrte auf das Bild. Dieser Abdruck war etwas breiter und wesentlich kürzer.
    »Es scheint sich um einen spezialangefertigten Schuh für einen verkrüppelten Fuß zu handeln«, sagte Anna. »Das sollte uns doch weiterhelfen können.«
    »Wo bekommt man solche Schuhe?«, fragte Birkir.
    »Das finden wir morgen heraus«, antwortete Anna. »Das reicht für heute Abend.«
    »Da ist aber noch etwas«, sagte Birkir und zog den Schreibblock des Sonnendichters vorsichtig aus einem Umschlag.
    »Ich muss wissen, was auf dem letzten Blatt gestanden hat, das abgerissen wurde«, sagte er und legte den Block auf den Arbeitstisch.
    Anna nahm ein Vergrößerungsglas zur Hand und richtete es auf das Blatt. »Ich befass mich damit. Geh jetzt nach Hause, ich leg dir das Ergebnis auf den Schreibtisch.«
    »Danke«, sagte Birkir. »Aber falls es eine Adresse oder irgendeine andere Ortsangabe ist, musst du mich sofort

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