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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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Szenerie unter Vortäuschung heftigster Kopfschmerzen zu verlassen, da kamen Vale und Giorgio mit seinen Eltern auf uns zu. Schon von weitem konnte ich erkennen, wie meine beste Freundin die Augen zusammenkniff und Otto interessiert musterte.
    Ehe ich jedoch richtig Magenschmerzen bekommen konnte, nahm Paola die Sache in die Hand, und ich war ihr ausnahmsweise sogar dankbar dafür.
    »Das hier ist Otto, ein Freund der Familie«, stellte sie den Bayern mit einem Seitenblick auf mich übertrieben förmlich vor.
    Otto gab erst Vale und dann Giorgio die Hand. Offenbar hatte die Begegnung mit meinem Vater am Flughafen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. » Piacere  – freut mich«, sagte er dann und stand zum ersten Mal an diesem Tag ein wenig verlegen herum.
    Komisch, dass er meinen Freunden gegenüber befangener wirkte als bei meiner Familie. Aber mir blieb keine Zeit, um darüber nachzudenken, denn Vale begann sofort, mir brühwarm von dem total angesagten Club in Rimini zu erzählen, den sie gestern mit ein paar Freunden ausprobiert hatten. Meine Mutter nahm derweil Giorgios Eltern in Beschlag, während Vales Freund und Otto sich offensichtlich nichts zu sagen hatten. Daher war es mir nur recht, als babbo nach wenigen Minuten zum Aufbruch mahnte.
    Wir verabschiedeten uns schnell und schlenderten zurück nach Hause. Zu meiner grenzenlosen Überraschung musste Otto um fünf zu einem Infotreffen seines Sprachkurses, weshalb er es auf einmal ziemlich eilig hatte und sich ein wenig hektisch von uns allen verabschiedete. Ich war frustriert, denn schon wieder blieb keine Zeit für ein bisschen Zweisamkeit, wonach ich mich so sehr sehnte. So wird das nie was mit uns, schoss es mir durch den Sinn, während ich ihm hinterhersah.
    Offenbar hatte das Schicksal beschlossen, mich auf eine besonders harte Probe zu stellen, was diesen Mann anging. Die nächsten Tage waren nämlich, zumindest von Ottos Seite, erst mal komplett verplant. Er hatte von morgens um neun bis ein Uhr mittags Unterricht, und nach dem Essen standen diverse Freizeitaktivitäten mit der Gruppe auf dem Programm. So konnten die Teilnehmer das Gelernte gleich anwenden und vertiefen. Das Konzept gefiel mir sehr gut, der Zeitplan dagegen überhaupt nicht, aber mich fragte ja niemand. Außerdem war ich durchaus ein bisschen beleidigt, weil Otto nicht mal auf die Idee gekommen war, dass ich ihm Privatstunden geben könnte, und stattdessen diesen pensionierten Fuzzi vorzog. Wahrscheinlich braucht er unbedingt ein offizielles Zertifikat und hat sich deshalb für den Kurs entschieden, redete ich mir ein, um meine Enttäuschung abzumildern.
    Immerhin schickte er mir am Sonntagabend noch eine SMS , in der er sich für den schönen Tag bedankte und fragte, ob ich am Dienstag Zeit für ihn hätte. »Wie wär’s mit fünf Uhr bei mir in der Pension?«, las ich, und sofort ging es mir besser.
    Ich seufzte und verzichtete ausnahmsweise darauf, mir auszurechnen, wie viele Stunden ich mich noch gedulden musste. Es waren so oder so zu viele. Immerhin würde ich ihn am Dienstag endlich für mich allein haben, denn diesmal kam niemand von meiner Familie mit, dafür würde ich schon sorgen, notfalls mit Gewalt.
    Mit fliegenden Fingern tippte ich eine ziemlich wagemutige Antwort von knapp fünfhundert Zeichen, war aber letztlich geistesgegenwärtig genug, sie nicht abzuschicken, sondern wieder zu löschen. Dann formulierte ich neu: »Sehr gerne, freu mich schon. Bis Dienstag dann«, und drückte auf »senden«.
    Die Zeit bis dahin vertrieb ich mir, indem ich mich intensiv um die Jobsuche kümmerte. Gleich nach dem Frühstück fuhr ich am Montagmorgen den Laptop an dem kleinen, weißlackierten Schreibtisch in meinem Zimmer hoch und machte mich an die Arbeit. Nach einer Weile entdeckte ich tatsächlich eine Ausschreibung für eine Lehrerstelle in Cesena. Das waren hin und zurück zwar täglich knapp hundert Kilometer zu fahren, aber inzwischen war mir sogar das egal. Und vielleicht gab es ja auch die Möglichkeit, ein kleines Apartment dort anzumieten … Ottos Elan und seine Begeisterung für meine Sprache hatten auch in mir wieder ausreichend positive Energie freigesetzt, um mich auf einen weiteren Bewerbungsmarathon einzulassen. Mir blieb sowieso nichts anderes übrig, denn ich wollte nach wie vor unbedingt als Lehrerin arbeiten.
    Nachdem ich knappe drei Stunden lang sämtliche Formulare ausgefüllt und meine eingescannten Unterlagen verschickt hatte, probierte ich

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