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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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vermittelte.
    Nachdem alle Peinlichkeiten aus meinem Leben umfassend und in ausreichend großer Runde breitgetreten waren, tauschte ich mit zia Giusi den Platz, setzte mich neben Vale und bemühte mich um Schadensbegrenzung. Sie war nämlich nach wie vor eingeschnappt, weil ich sie nicht wie versprochen zurückgerufen hatte, und die ganze Zeit schon irgendwie komisch. Wenn Vale wortkarg wurde, bedeutete das Alarmstufe Rot. Meine Anrufversuche von heute früh hatte sie geflissentlich ignoriert. Immerhin war sie zum Essen gekommen, ich hatte schon befürchtet, dass sie gar nicht auftauchen würde.
    Dieses Gezicke zwischen uns ging mir zunehmend auf die Nerven, und ich verstand es ehrlich gesagt auch nicht richtig. Noch vor einem Jahr war Vale nicht so empfindlich gewesen – oder etwa doch? War ich wirklich so anders, seit ich aus München zurück war?
    Unsere Freundschaft fühlte sich für mich an wie eine Achterbahnfahrt, allerdings im Dunkeln. Ich wusste nie, wann der Scheitelpunkt erreicht war und die nächste Sturzfahrt oder gar ein Dreifach-Looping drohte. Das ungute Kribbeln in der Magengegend hielt sich bereits eine ganze Weile sehr hartnäckig, und auch wenn es gelegentlich abebbte, weichen wollte es nicht.
    »Wie läuft es mit Giorgio?«, fragte ich nach dem Dessert und landete prompt einen Treffer.
    Tränen stiegen in ihr auf, und Vale blinzelte sie eilig weg, da zio Gaetano sie nicht aus den Augen ließ und sich vermutlich nur zu gern als Tröster und Retter in der Not angeboten hätte.
    »Ach, der«, schniefte sie und fügte eilig hinzu: »Gehst du kurz mit mir raus, eine rauchen? Dann erzähle ich es dir.«
    »Na klar!«
    Ich gab Otto, der angeregt mit zio Maurizio fachsimpelte, und meiner Mutter ein Zeichen und folgte ihr nach draußen.
    Im Grunde war alles beim Alten, Vale litt nach wie vor sehr unter dem Verhalten ihres Freundes, schaffte es aber nicht, sich von ihm zu lösen. Unser Treuetest hatte bisher keine verwertbaren Hinweise geliefert. Wieder einmal besprachen wir, was sie tun könnte, um das Blatt noch zu wenden, und ich versuchte ihr möglichst schonend beizubringen, dass sie den Typen getrost in den Wind schießen konnte. Vermutlich zu schonend, denn sie ging nicht weiter darauf ein.
    Als uns drei Zigaretten später die Kälte wieder nach drinnen trieb, war eine lebhafte Diskussion im Gange. Der Umstand allein wäre weder weiter verwunderlich noch tragisch, doch offensichtlich ging es um Otto, und das ließ mich sofort aufmerken. Außerdem wirkte die Lage ernst. Zu ernst für meinen Geschmack.
    »Boah, hier herrscht aber dicke Luft«, erkannte auch Vale sofort, was Sache war.
    Die Zwillinge sahen aus, als hätte jemand sie gezwungen, ein Kilo Küchenabfälle zu verspeisen. Mein Vater saß mit verschränkten Armen und finsterem Blick da und schüttelte den Kopf, während mamma unaufhörlich auf ihn einredete und die Gäste den Disput neugierig verfolgten. Was war nur geschehen, dass der Hausfrieden auf einmal derart schief hing?
    »… keine Umstände machen. Das ist sehr lieb von Ihnen, aber wirklich nicht nötig, ich komme schon zurecht. Es wird sicher bald wieder warm.«
    »Und wenn nicht, musst du dir eben ein paar warme Gedanken machen, junger Mann. Ich kann dir gerne ein paar Zeitschriften ausleihen, du weißt schon … Plehbooooi und so«, erbot sich zio Gaetano in seiner grenzenlosen Hilfsbereitschaft.
    »Was ist hier los?«, fragte ich und starrte wahlweise Otto, meine Mutter und babbo an, in der Hoffnung, dass einer von ihnen sich erbarmte und mich aufklärte.
    Mein Vater fiel schon mal weg, denn er sprang hektisch auf und murmelte etwas von »Grappa holen«, ehe er in die Küche verschwand.
    »Der arme tedeschino !«, ereiferte sich mamma , statt auf meine Frage einzugehen. »Das werde ich nicht zulassen!« Damit eilte sie ihrem Göttergatten hinterher.
    Otto nieste nur.
    Einige der Gäste verstanden dies als Zeichen zum Aufbruch und erhoben sich. Offenbar verzichteten sie lieber auf die abschließende Runde Grappa, als sich auch nur eine Minute länger dem explosiven Gemisch in unserer Wohnung auszusetzen, das jeden Moment in die Luft gehen konnte. Auch Vale nutzte die Gelegenheit, um sich zu verdrücken. Am Ende waren nur noch wir und zio Gaetano übrig, der fast jedes Jahr an Ostern bis spät in die Nacht blieb und mit meinem Vater Zigarre rauchend vor dem Fernseher endete, wobei sie alle im Haus verfügbaren Sorten Whisky durchprobierten.
    Nachdem alle verabschiedet waren,

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