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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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mehr, bieten immer mehr Optionen, die wir aber nicht mehr ausschöpfen. Das weiß jeder, der im Internet surft. Da stehen alle Informationen, die ich haben muss, ich finde sie nur nicht. Im seltensten Fall liest ein Internetbenutzer eine Seite bis zum Ende. Weil man immer das Gefühl hat, woanders findet man möglicherweise etwas Besseres oder mehr. Und das Gleiche gilt für die Geräte, mit denen wir uns umgeben. Also mit der neuen Fotokamera, dem neuen Fernseher, Computer oder Drucker. Diese Dinge werden immer schlauer, können immer mehr, aber wir wechseln sie auch in immer kürzeren Abständen aus, und wir werden mit den Sachen nicht mehr vertraut. Man kann sogar zeigen, dass wir fast mit jeder neuen Technologiegeneration inzwischen weniger können als mit der letzten. Vor zehn Jahren wusste fast jeder, wie man eine Radiosendung aufnimmt. Man hat die Kassette eingelegt und auf den Aufnahme-, den Record-Knopf gedrückt. Das konnte fast jeder.
    Die heutigen Technologien können viel bessere und kompliziertere Dinge tun, aber die wenigsten wissen, wie sie eine Radiosendung aufnehmen können. Oder eine Digitalkamera. Die macht tolle Bilder und hat endlos viele Optionen, aber die wenigsten wissen, welche. Weil sie sie viel zu schnell austauschen. Das Gleiche gilt für das Handy, das Navi und so weiter. Die Dinge bleiben uns immer fremd, weil wir wissen, sie sind wahnsinnig komplex, und wir haben gar keine Zeit, sie auszuschöpfen. Der Ausschöpfungsgrad nimmt ab, und dadurch machen wir uns selbst auch ein bisschen unglücklich.

Zwei Leben in einem – Beim Zeitforscher
    Was soll ich jetzt vom digitalen Fasten halten? Eine Zeit lang ohne Handy und Internet! Klar. Da täte mir bestimmt gut! Nur passt es eben gerade nicht so. Irgendwann mal mach ich das bestimmt. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben … Andererseits: So richtig runtergekommen zu sein von der digitalen Sucht scheint Alex nach einem halben Jahr Entzug auch nicht.
    Da ich gerade in München bin, verabrede ich mich für den Nachmittag mit Deutschlands bekanntestem Zeitforscher, Professor Karlheinz Geißler. Ein Freund hat mir neulich von ihm erzählt, als wir beide in der Kneipe mal wieder über unser stressiges Leben jammerten. Er hatte gerade eins der zahlreichen Bücher gelesen, die Geißler über sein Lebensthema »Zeit« geschrieben hat, und er war sehr angetan davon. Er mochte besonders, dass Geißler sich in seinen Büchern eben nicht zum besser wissenden Ratgeber und Lebenscoach aufschwingt, sondern das ewige Gehetze des modernen Menschen auch mit etwas Augenzwinkern betrachtet. Er nehme sich selbst nicht so wichtig, das würde den Mann so glaubwürdig machen, meinte mein Freund. Das ist genau der Richtige. Den muss ich treffen, dachte ich mir sofort.
    Mit S- und U-Bahn fahre ich in den Münchner Südosten, wo Geißler lebt. Ich bin schon etwas zu spät dran, das heißt eine Stunde nach der verabredeten Zeit. Aber bei Geißler kann man scheinbar gar nicht so richtig zu spät kommen. »Kommen Sie, wann Sie wollen«, hatte er mir am Telefon gesagt. »Wenn ich weiß, dass Sie morgen kommen, bin ich da und erwarte Sie. Machen Sie sich keinen Stress.« So problemlos und entspannt habe ich mich schon lange nicht mehr verabredet. Wie wohl so ein Zeitforscher lebt, frage ich mich, als ich durch die Straße mit Einfamilienhäusern laufe, die zu Geißlers Adresse führt. Vor einem kleinen Haus aus den fünfziger Jahren bleibe ich stehen und klingle.
    Ein freundlicher Mann, Mitte sechzig, mit weißem Bart öffnet die Tür. »Kommen Sie herein, Herr Opitz«, sagt Geißler. Er hat die besondere Ausstrahlung desjenigen, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt, als kämen Eile und Hektik in seinem Leben nicht vor. Das hat sicher damit zu tun, dass Geißler schon sein Leben lang zur Langsamkeit gezwungen ist. Mit fünf Jahren sei er an Kinderlähmung erkrankt und seitdem gehbehindert, erzählt Geißler, der sich nur mühsam mit dem Stock fortbewegen kann.
    Â»Ich konnte in meinem ganzen Leben nicht beschleunigen. Ich bin also durch meine Krankheit auf die Tribüne verbannt worden, und von da aus schaue ich mir das Verhältnis des modernen Menschen zu Zeit und Geschwindigkeit an und merke, dass Leute viel gewinnen durch Beschleunigung, aber auch sehr viel verlieren. Natürlich bin ich auch ein bisschen neidisch, weil die was

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