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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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des modernen Lebens? Zurück ins vordigitale Zeitalter? Oder aussteigen aus der kapitalistischen Gesellschaft? So weit wollte ich jetzt eigentlich gar nicht gehen. Ich will doch einfach nur wieder mehr Zeit für mich haben.
    Trotzdem. Die Worte des gelähmten Professors prasseln nicht so einfach an mir ab, wie ich zuerst dachte, sondern beschäftigen mich. Was würde denn passieren, wenn ich mich morgen aus diesem Hamsterrad verabschieden würde, alle anderen aber weiter mitrennen? Wie soll das gehen? Verzicht, ohne unter der Brücke zu landen? Von irgendetwas müssen wir doch leben …
    Â»Na ja, man landet auch nicht unter der Brücke, wenn man aufs große Geld, auf Produkte und Beschleunigungsgeräte verzichtet. Also wenn ich mir kein Handy zulege, lande ich nicht notwendigerweise unter der Brücke. Aber ich werde gewisse Dinge natürlich nicht bekommen und nicht leben können«, sagt Geißler. Aber die spannende Frage sei doch, ob einem das was ausmache oder nicht. Verzichten müsse man ja sowieso. Niemand könne alle Gelegenheiten wahrnehmen. Je mehr Gelegenheiten man habe, desto mehr müsse man verzichten. »Ich kann nicht zwei Leben oder drei Leben in einem leben. Ich kann immer nur ein Leben leben. Und wenn mir das klar wird, wenn ich auch der Verführung der Werbung, die das suggeriert, entgehen kann, dann kann ich durchaus zeitzufrieden leben. Aber das ist ein Stück weit gegen den Strom geschwommen.«
    So habe ich es noch nie gesehen. Verzicht nicht als lustfeindliche, quasireligiöse Aufforderung zum spartanischen Leben, sondern als Mittel zur Rückgewinnung der Lust am Leben? Ich merke, wie es in meinem Kopf zu rattern beginnt. Das ist wirklich Denksport heute.
    Â»Wir sollten unseren Reichtum nicht allein im Güter- und im Geldwohlstand messen, sondern auch im Zeitwohlstand«, fügt Geißler hinzu. »Wenn man eine Balance zwischen Güter- und Zeitwohlstand hinbekommt, dann, denke ich, kann man glücklich und zufrieden leben. Aber es ist immer wieder eine neue Herausforderung zu erkennen, auf welche Dinge man verzichten will und auf welche nicht. Was gewinne ich zum Beispiel, wenn ich Kinder habe, und was verliere ich? Ich verliere an Geschwindigkeit, aber ich gewinne sozusagen an Liebe, Zuneigung und auch an viel, viel Freude.«
    Wir sitzen nun schon eine Weile im Garten und unterhalten uns über die unterschiedlichsten Facetten der Zeit und der gesellschaftlichen Beschleunigung. Es scheint Geißler Freude zu machen, dass sich auch mal ein relativ junger Besucher für seine scharfsinnigen und spitzzüngigen Thesen interessiert. Und auch ich genieße die Zeit. Geißler ist ein äußerst angenehmer Gesprächspartner, der mir nicht nur wegen seines verschmitzten Lächelns sehr sympathisch ist. Ab und zu kommen seine Frau oder sein Sohn vorbei. Sie scheinen seine Pointen und seine Leidenschaft für unser Gesprächsthema jedoch nicht das erste Mal zu erleben und verlassen nach kurzer Zeit mit einem vielsagenden Blick wieder den Garten.
    Wir sind inzwischen bei den historischen Wurzeln der Beschleunigung angekommen, der Frage also, woher unser zunehmender Zeitdruck kommt. Seit es die Uhr gibt, sagt Geißler, sei der Mensch immer weiter vertaktet worden. Das Leben des Menschen sei von der Naturzeit gelöst und mit der Uhr gleichgeschaltet worden. Damit sei es aber auch dem Diktat von Zeitplänen und Effizienz unterworfen worden. Eine weitere Zäsur war die Erfindung der Dampfmaschine, mit der der Beschleunigungsprozess erst so richtig in Fahrt gekommen ist. Mit Beginn der Industrialisierung ist wirtschaftliches Wachstum dann eigentlich immer über wachsende Beschleunigung erreicht worden.
    Â»Wachstum hieß dabei immer auch, in gleicher Zeit mehr zu tun und mehr zu verdienen als bisher oder bisher ungenutzte Zeit künftig irgendwie wirtschaftlich zu nutzen«, fährt Geißler fort. Aus dieser Zeit stamme schließlich auch das von Benjamin Franklin geprägte Motto »Zeit ist Geld«. Das habe über zweihundert Jahre prächtig funktioniert. Wir seien immer schneller geworden – von der Eisenbahn über das Auto bis hin zur Raumfähre. Aber jetzt sei die Temposteigerung am Ende angelangt. Schneller als Lichtgeschwindigkeit, mit der heute Informationen über den Planeten gejagt würden, könnten wir ja nicht mehr werden.
    Ich bin erstaunt. Wenn ich mich in der Welt umschaue,

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