Speichelfaeden in der Buttermilch
Kollegen vom »Sumpf« oder die betrunken schnarchenden Kollegen Hermes, Votava, Haipl, Knötzl oder die im Martinirausch schnarchende Luna Luce. So kann man die ganze Bagage ja ertragen; schlimm ist's, wenn sie nüchtern und wach sind. Robin Lee ist für uns alle wie eine Märchengestalt, die Königin der Nacht. Robin Lee – ich trink auf sie.
26.9.
Liebes Tagebuch, Stermann, der Trottel, ist an der polnischen Grenze festgenommen worden, weil er versucht hat, Zigaretten nach Stettin zu schmuggeln. Herrgottszeiten, der Mann ist wahrscheinlich der dümmste Schmuggler Europas. Weil er so schwach ist im Kopfrechnen, versteht er nicht, dass Schmuggel nur im umgekehrten Sinn Gewinn bringt. Marlboro Light kosten in Wien 3,40 Euro und in Stettin 1,40 Euro. Ich glaube, er ist wahrscheinlich wegen Blödheit festgenommen worden. Vor zwei Jahren hat er einen seltenen Papagei nach Brasilien geschmuggelt, den er hier am Schwarzmarkt für 2000 Euro gekauft hat. In Brasilien, wo die Dinger ja tonnenweise rumflattern, hat man ihm 4 Cent für den seltenen Vogel geboten. Stermann ist der schlechteste Geschäftsmann, den man sich vorstellen kann, deshalb arbeitet er ja auch bei FM4 . Bei jedem anderen Sender könnte er das Zehnfache verdienen.
Liebes Tagebuch, ich überlege noch, wie ich am besten den Wodka und den Kaviar verstecken kann, so dass die Zöllner meine heiße Ware nicht finden. Ich fahre mit dein Zug nach Moskau und möchte im großen Stil Wodka, Kaviar und diese Babuschka-Holzpuppen verklickern. Das wird ein Bombengeschäft: Wenn die Sachen bei uns schon so teuer im Einkauf sind, was werden dann erst diese neuen Russen dafür bezahlen? Ach, die Schmuggelei ist eine herrliche Sache. Ich bin mal gespannt, wieviele Menschen sich auf mein Inserat im Falter hin bei mir melden werden: »Seriöser deutscher Geschäftsmann schmuggelt Illegale zurück in ihre Heimat.«
29.9.
Liebes Tagebuch, es gibt hervorragende Kaffeeautomaten, die Kaffee mit großartigem Aroma machen, Automaten, vor denen man niederknien möchte. Und es gibt den FM4- Kaffeeautomaten. Aus dem kommt eine braune, stinkende Brühe. Ja, unser Automat war billig, ein Schnäppchen. Wir haben ihn auf ein Inserat hin gekauft: »Bastlerhit, Kaffeeautomat BJ 1963, Made in Wladiwostok, gegen Abholung.« Stermann und ich sind damals mit einer längst gefeuerten Kollegin von der Kantinenredaktion zu diesem heruntergekommenen chinesischen Schnellimbiss gefahren, um den Automaten abzuholen. Völlig verstaubt stand er hinter Kisten mit verschimmelten Sojabohnen. Ratten schossen aus dem Automaten raus, und eine verweste Fledermaus lag in einem abgeknabberten Kaffeebecher in der Becherausgabe. Aus der Geldrückgabe-Öffnung glotzten uns die Augen eines Frettchens an. Kurz, während Stermann und ich uns übergaben, wurde die Kantinenkollegin schnell handelseinig mit den kichernden Chinesen, und seitdem haben wir den Automaten des Grauens in unserem Sender des Grauens stehen.
Liebes Tagebuch, es ist immer wieder lustig, wenn Studiogäste bei FM4 sind, die gerne einen Kaffee hätten, und wir ihnen dann einen Kaffee de Luxe aus dem Automaten kredenzen. Ihre ungläubigen, angsterfüllten Blicke! Unser Kaffee ist grau und hat die Konsistenz von Honig, manchmal kommt aber auch eine Art gelbliches Wasser aus den verdreckten Schläuchen und rostigen Metallrohren, man weiß es nie. Einmal, als ich auf Cappuccino drückte, kam so etwas wie Rindsbrühe mit Currygeschmack raus. »Trinkschokolade« ist auch immer ein großer Spaß, da kommen immer Regenwürmer mit. Offenbar hat es sich eine ganze Regenwurmkolonie im Kakaofach gemütlich gemacht. Wir Mitarbeiter trinken ja schon seit Jahren nichts mehr aus dem Automaten, aber wenn Gäste unbedingt einen Kaffee wollen, na ja – wir sind höflich genug, ihnen einen zu servieren. Und die Gäste ihrerseits sind auch höflich genug, die Schlammpfütze todesmutig zu trinken. Nur Amerikaner trinken die heiße Ekelbrühe immer in einem Zug aus und fragen nach einem zweiten Becher.
1.10.
Dir ist schon klar, Tagebuch, dass die allermeisten hier bei FM4 selbstredend keine Journalisten oder ausgebildetete Radio-Redakteure sind, sondern Musiker. Jeder Zweite hier hat eine Band in der Garage stehen. Aber nachdem leider kein Justin Timberlake, ja nicht mal ein Daniel Küblböck dabei ist und die Tantiemen-Abrechnung satte 34 Cent jährlich abwirft, müssen sich die Rock-Säue beim ORF ihre Miete verdienen. Hannes Duscher, Andreas Gstettner, Fred
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