Speichelfaeden in der Buttermilch
pünktlich um 12 füttern. Fräulein Landsgesell isst übrigens ausschließlich erlesenste Saucen, damit sie beim Kauen und Schlucken nicht so viel arbeiten muss, wie sie sagt. Wenn die lieben Hörer draußen teilweise auf einen Mitschnitt ein halbes Jahrzehnt warten müssen, dann ist wer dran Schuld, liebes Tagebuch? Richtig: das unfassbar faule Fräulein Landsgesell!
7.9.
Mir ist was Peinliches passiert, Tagebuch. Einige von uns, darunter auch ich, sind ja obdachlos und schlafen im Turnsaal des Wiener Funkhauses. Da ist mir doch gestern glatt im Schlaf die Hand weggerutscht, und diese meine Hand landete gewissermassen Pater-Paternoid auf dem Oberschenkel des jungen Robert Zikmund. Der Zikmund hat gleich Alarm geschlagen von wegen sexuelle Belästigung und so. Ich musste mich mit rotgeschämtem Kopf zu Senderchefin Eigensperger begeben, die mich anwies, in nächster Zeit nicht in der Öffentlichkeit aufzutreten. Dabei wollte ich doch unbedingt zur Firmung von Tony Wegas' Nichte.
Unglaublich, liebes Tagebuch, nach geheimen Recherchen innerhalb der Redaktion ist meinem Kollegen Grissemann in den letzten zehn Jahren gleich 14-mal die Hand im Schlaf weggerutscht, und die ständig rutschende Hand landete immer auf den Oberschenkeln diverser neben ihm schlafender Jung-Mitarbeiter. Auf einen, nämlich auf Lukas Tagwerker, hat sich der in der Öffentlichkeit immer fröhliche, liebenswerte Grissemann im Schlaf sogar gänzlich draufgelegt. Also, entweder der Grissemann träumt sehr heftig, oder er ist … er ist … nein, das darf man gar nicht denken, liebes Tagebuch.
8.9.
Liebes Tagebuch, nach dem Erfolg des Udo-Proksch-Musicals im Rabenhof-Theater sind viele Kreative bei FM4 neidisch auf die Gruppe »Monochrom«, die das Musical um den Lucona-Schiffeversenker geschrieben hat. » UDO 77« heißt das Musical, und noch am Abend der Premiere haben Clemens Haipl und Martin Puntigam begonnen, » UDO 88« zu schreiben, ein Musical über Udo Lindenberg. Lindenberg, in dessen Rolle sich Haipl sieht, beim Logopäden in der DDR , der Logopäde reißt Lindenberg den Hut vom Kopf und stellt fest, dass Lindenberg in Wahrheit Peter Scholl-Latour ist. Gerald Votava wiederum traf sich nach der geglückten »Monochrom«-Premiere sofort mit Willi Resetarits, um erste Entwürfe für » UDO 66« aufs angeekelte Papier zu kritzeln. » UDO 66« – ein heiteres Singspiel über Udo Jürgens, spielt an dessen 66. Geburtstag. Jürgens, in dessen Rolle sich natürlich Votava selbst sieht, feiert mit einem 150köpfigen Gospelchor aus lauter unehelichen Kindern seinen Geburtstag, singt »Mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss«, und kippt tot aufs Klavier. Seine Frau zieht sofort zu einem rechtsradikalen Hanseaten. Stermann ist völlig verzweifelt, weil er keinen Prominenten kennt, der Udo heißt.
Liebes Tagebuch. Scheiße, Scheiße, Scheiße. Ich möchte auch ein Musical schreiben, das » UDO « heißt. » UDO 55« oder » UDO 99« wären noch frei – aber über wen? Über Udo Kier, vielleicht, diesen Schauspieler? Oder Udo Erkenbrecher, einen deutschen Fußballtrainer, der nur unterklassige Vereine betreut? Das wird doch nichts, da ist zu wenig Brisanz drin und zu wenig gesellschaftspolitische Sprengkraft. Mist. Pfeif ich eben auf Udo und nenn mein Musical » UWE 33«. Ein Retro-Musical rund ums Leben von U.W.E. Fischer, dem Kinosuperstar der Nachkriegszeit. » UWE 33« spielt 1933, und Fischer muss für seine erste Rolle bei Goebbels vorsprechen. Genial. Singende und tanzende Nazis. Ich sehe Liebesduette unterm Hakenkreuz. »A Chorus Line« beim Reichsparteitag. Da werden mich alle feiern. » UDO 77« – nichts als ein müder Vorgeschmack auf » UWE 33«!
9.9.
Liebes Tagebuch, ich halte die Strategie für falsch, Stadt für Stadt und Dorf für Dorf zu reinen FM4- Gemeinden zu machen, aber die neue Unternehmenslinie sieht genau das vor. Wir werden mit Timmelkam in Oberösterreich beginnen. Die Chefin hat sich eine Uniform angezogen und beim Morgenappell gesagt: »In einem Monat will ich Timmelkam eingenommen haben. Und dann kommt Vöcklabruck dran! Wir überrollen das Land, bis alle FM4 hören!« Chefcontroller Blumenau, der sich eine Husarenuniform aus dem 19. Jahrhundert im ORF -Fundus ausgeborgt hat, schrie: »Auf nach Timmelkam, mir juckt die Säbelspitze!« Also sind wir mit dem in Tarnfarbe gestrichenen FM4- Mobil aufgebrochen. Alle wehrunfähigen Kollegen – also nur Fritz Ostermayer und Stuart Freeman – mussten in
Weitere Kostenlose Bücher