Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Speichelfaeden in der Buttermilch

Speichelfaeden in der Buttermilch

Titel: Speichelfaeden in der Buttermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann , Christoph Grissemann
Vom Netzwerk:
Arteriosklerose-Zentrum betritt, ahmen 40 Arteriosklerose-Patienten Eulen nach. »Hu Huuuu!«, dröhnt es höhnisch Peterle entgegen. Dann klebt Fittipaldi jedem Patienten eine, das ist schon Tradition. »Der Eulenarsch ist wieder da!«, jubelt dann die ganze kranke Belegschaft, denn endlich ist was los; da vergeht die Zeit wie im Eulenflug, wenn Peterle Fittipaldi jedem Patienten eine klebt, und schon ist Mittagspause. Während der Mittagspause sind alle ganz unruhig vor Freude, was nach dem Mittagessen wieder auf den Eulenarsch zukommt. Kaum ist der letzte Bissen nämlich unten, ziehen sich die Arteriosklerose-Patienten unter den Blicken des kreideweißen Südtirolers Peterle Fittipaldi selbstgenähte Eulenkostüme an und machen, wie sie es nennen, die »Eulen-im-Rollstuhl-Show«. Da wird geeult und geohrfeigt, bis es dämmert. Und der Eulenarsch geht gerädert und verheult nachhause. »Bis morgen! Eulenarsch!«, rufen ihm vierzig vor Vergnügen kreischende Arteriosklerose-Patienten im Eulenkostüm vom Rollstuhl aus nach.
    Das Blut
    Das Blut ist das Mehl in der Bäckerei Mensch. Ohne Blut geht gar nichts. Das Faxgerät nicht, das Telefon nicht und das Warmwasser nicht. Entscheidend sind die traditionellen Blutwerte wie Anstand, Disziplin und Sauberkeit. Die Blutwäsche ist vor allem im Alter unerlässlich, doch Vorsicht: Das Blut nie mit der Hand waschen, sondern immer in die Maschine stecken und bei mindestens 60 Grad kochen. Anschließend das Blut mit Wäscheklammern auf die Leine hängen. Wenn es trocken ist, sofort zur Blutabnahme schreiten. Blut eignet sich hervorragend als Spende. Wenn man kein Kleingeld dabei hat, den Pennern einfach Blut in den Hut schütten. Die Medizin unterscheidet verschiedene Blutgruppen: A, B, ABBA und ADAC . Wenn ein Verbrecher seine Pistole mit Blut geladen hat und abdrückt, kann es passieren, dass einem das Blut ganz schön in den Kopf schießt. Das Blut hält sich mit Leichtathletik fit. Es macht kurze Sprints auf der Blutbahn, wenn's stolpert, spricht man von Blutsturz. Wenn man dem Blut ordentlich Druck macht und sagt: »Wennst nicht bald zahlst, fliegst zum Monatsende raus!«, dann spricht man von Bluthochdruck. Daher das Sprichwort: Wer dreimal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht. Tja, das ist schon ein tolles Ding, unser Blut.
    Roy Schenkel
    Vati Schenkel hatte zwei Söhne, Rex und Roy. Rex Schenkel war Ober in der Bar »Bundesheer«, dem ehemaligen liberal-extremen Szenelokal »Gewaltwaffe«. Man nannte Rex im Lokal nur Ober-Schenkel. Aber er starb dann irgendwie schnell und wir können ihn sofort vergessen. Sein Bruder Roy Schenkel boxte im Federgewicht. Das »Federgewicht« war eine andere Kneipe, zwei Straßen weiter. Er galt dort als Schläger. Er war aber ganz nett, wenn man ihm Geld gab. Roy Schenkel war ein Phänomen. Er wusste alles über Pinzetten – Größe, Länge, Gewicht, Geschichte, einfach alles. Er organisierte 1976 die erste Pinzettenausstellung im »Gewaltwaffe«. Sie war ein Riesenflop. Man warf Roy Schenkel Schwächen im Pinzettenkonzept vor, hatte er die Pinzetten doch gar nicht mitgebracht zur Ausstellung, sondern einfach zuhause vergessen, aber Roy war der Fehler damals nicht aufgefallen. So begrüßte Schenkel zur ersten Pinzettenausstellung der Geschichte ohne Pinzetten. Die Ausstellung lief vier Wochen, dann wollte Schenkel zusammenpacken, aber da war ja nichts. Die Arbeit war in drei, vier Wochen erledigt. Dann schlief er mit Veronica Ferres. Die war aber gar nicht dabei, so schlief er allein. Aber Roy Schenkel hat es gar nicht gemerkt. Erst als er sie nach dem gemeinsamen Frühstück rausschmeißen wollte, stellte er fest, dass sie nie da war. Wütend griff er zum Telefon, um sich bei Heiner Lauterbach zu beschweren. Die beiden quasselten eine dreiviertel Stunde lang, bis Roy Schenkel merkte, dass am anderen Ende gar keiner war. So ging's dahin mit Pinzetten und leeren Betten. Bis er sich eines Tages umbringen wollte. Da machte man ihn darauf aufmerksam, dass das sinnlos sei. Roy Schenkel war nämlich schon längst tot.
    Der zerplatzte Sohn
    Denkt Pocke an seine lächerliche Kindheit in Prag zurück, dann hat er sofort die Worte seiner wolfsrachigen Prager Ziehmutter im geistigen Ohr: »Brotzeit, Pocke!«, rief sie, ihren Arbeiter- und Angestellten-Busen aus dem gewaltigen Fenster hängend, dem Buben Pocke zu. Sie rührte ihn so, dass er lachen musste. Damals, als Pocke in Prag ein Kind war, verhielt er sich oft

Weitere Kostenlose Bücher