Spektrum
Vergangenheit, dass sie nicht mehr überprüft werden können. Wandelte der Sohn Gottes über den Planeten Erde? Erschien er den Geddarn im Fleisch des ThaiGeddars? All das sind Fragen des Glaubens, nicht der Wissenschaft.«
Als Martin gewahrte, dass Kadrach kurz davor stand zu explodieren, bemerkte er rasch: »Das versteht sich von selbst. Ließe sich die Existenz Gottes überzeugend beweisen, nähme das intelligenten Wesen die Willensfreiheit … zumindest einen großen Teil der Willensfreiheit.«
»Selbstverständlich«, meinte der Dio-Dao unerschütterlich. »Auch wir können keine überzeugenden Beweise für unsere Religion vorbringen. Gewiss, wir bewahren das Gedächtnis unserer Vorfahren, doch mit jeder Generation entrückt es uns weiter und weiter … Was sehe ich, wenn ich mit den Augen meines fernen Vorfahren den alten Dio-Dao auf dem Gipfel der Felsen betrachte? Möglicherweise ja Hoffnungsbringer, jenen Propheten, der der Gottheit teilhaftig geworden ist. Möglicherweise jedoch auch nur einen gewöhnlichen Kundschafter der Armee, der auf den Feind wartet … oder einen Hirten, der nach seiner verirrten Herde Ausschau hält. In meinem Gedächtnis liegt nur ein flüchtiger Augenblick, und die Wahrheit kenne ich nicht. Meine Nachfahren werden diese Felsen und den Alten bereits nicht mehr sehen. Für die Frau kommt folglich nur eine Religion in Frage, die einem Gläubigen klare und eindeutige Beweise für die Existenz Gottes an die Hand gibt.«
»Und die gibt es?«, fragte Martin ironisch. »Jede Religion, die auf Befehl Wunder wirken kann, hätte doch umgehend das Universum erobert.«
»Wir werden das überprüfen«, erklärte Eff-Eff gelassen. »Wir brechen ins Tal Gottes auf. Wir wenden uns an das Institut für Theologie. Wir legen ihnen dar, weshalb wir kommen, und bitten um Rat.«
»Nichts leichter als das«, schnaubte der Geddar. »Wir wenden uns an, bitten um und sehen weiter. Ganz nebenbei stellt sich heraus, dass euren Wissenschaftlern diese Möglichkeiten seit Langem bekannt sind, sie haben bloß noch kein entsprechendes Experiment durchgeführt.«
»Warten wir’s ab«, sagte der Dio-Dao lächelnd. »Gehen wir, Freunde! In zwanzig Minuten fährt der Zug!«
Die Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Rassen bergen – weit stärker als die Unterschiede – etwas erstaunlich Komisches. Martin hätte schwören können, dass das komischste Ding auf der Welt eine kleine Kanne für den Teesud gewesen sei, die er einmal in einer außerirdischen Schenke gesehen hatte. Manch heitere Minute hatte ihm das Fernsehen der Außerirdischen beschert, sofern die Rassen diese Einrichtung denn kannten. Die fremdplanetarischen Werbespots – einige Zivilisationen litten ebenfalls an diesem Übel – dienten schon seit einigen Jahren den Humoristen als zuverlässige Quelle.
Der Zug der Dio-Daos war erstaunlich schlicht, nicht an und für sich, sondern nur im Gegensatz zu den Verkehrswegen.
Getreu ihrer Tradition, alles Alte bis zum Äußersten zu modernisieren, bevor sie es gegen etwas Neues austauschten, behielten die Dio-Daos auf dem Planeten ein Transportnetz bei, das bereits vor Jahrtausenden angelegt worden war. Die alten Feldwege waren mit Stein ausgelegt, später betoniert und hernach mit drei breiten Schienen ausgestattet worden, die bald aus Metall, bald aus erstaunlich hartem Holz bestanden. Vor hundert Jahren zuckelten über diese Schienen Dampflokomotiven dahin, die im Weiteren – wenn auch bis heute nicht vollständig – von funkelnden Lokomotiven mit Elektroantrieb abgelöst wurden.
Jetzt wartete vor dem Kuppelbau des Bahnhofs ein Express, dessen sich auch die Aranker nicht geschämt hätten.
Drei lange, zigarrenförmige Waggons aus halbtransparentem Plastik standen nicht auf den Schienen, sondern hingen über ihnen. Sie waren durch durchsichtige Ziehharmonikaelemente verbunden, die an zerknittertes Zellophan erinnerten. Anscheinend verfügten alle Waggons über einen Motor und unterschieden sich in keiner Weise voneinander. An den weit geöffneten Türen standen Dio-Daos in strengen schwarzen Überwürfen.
Die Schienen in Bahnhofsnähe bestanden aus Holz.
Kadrach blieb stehen. »Der hängt ja in der Luft«, bemerkte er.
»Ja«, bestätigte Eff-Eff.
»Ein Magnetfeld?«, fragte der Geddar zuversichtlich.
»Antigravitation.«
Der Geddar stieß einen zischenden Laut aus und schüttelte den Kopf. »Davon habe ich gehört, es aber nie geglaubt … Könnt ihr die Gravitation beeinflussen? Wie
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