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Spektrum

Spektrum

Titel: Spektrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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»Vielleicht fällt mir noch ein anderer Schluss ein.«
    »Das Ufer«, bemerkte Kadrach leise. »Wir nähern uns dem Ufer.«
    So seltsam bei einem Geddar, dessen Planet vor Meeren und Ozeanen strotzte, die Furcht vor Wasser anmutete, hörte Martin aus Kadrachs Stimme doch Erleichterung heraus. Er erhob sich, streckte und reckte sich. Dann sah er aus dem Fenster.
    In der Ferne waren in der Tat Berge zu erkennen.
    »Wir sind fast da«, erklärte Eff-Eff. »Der Weg vom Ufer in die Berge dauert nicht länger als eine halbe Stunde. Bis zur Ankunft werde ich noch etwas essen …«
    Unversehens zögerte er. Dann nahm er sein Heft zur Hand und den zur Hälfte leer geschriebenen Faserstift.
    »Nein, besser schreibe ich noch ein paar Zeilen. Reich mir doch bitte die Tüte mit den Eiweißstangen, Martin.«

Fünf
     
    Den Winter hatten sie nun weit hinter sich gelassen. Selbst gegen Abend, selbst in den Bergen war es warm. Martin zog die Jacke aus und ging im Hemd weiter, Kadrach lockerte die Bänder seines Gewands, Eff-Eff verzichtete auf den Umhang und begnügte sich mit dem Lendenschurz.
    Der Bahnhof lag auf einem Steinplateau vor dem Tal Gottes. Eine kleine Stadt, in der kaum mehr als fünf– oder sechstausend Dio-Daos lebten, schmiegte sich eng an die Schienen. Außer den üblichen Kuppelhäusern entdeckte Martin Gebäude, die eine andere Architektur repräsentierten. Prompt wurde ihm warm ums Herz: Hier lebten zahllose Rassen zusammen, darunter auch Menschen. Es war eben doch ein einmaliger Ort.
    »Hier gibt es Geddarn«, sagte Kadrach. Ihm war der gleiche Gedanke durch den Kopf gegangen. »Meiner Ansicht nach wäre es am klügsten, wenn wir uns trennen würden. Ich suche bei den Meinen um Rat nach, Martin bei den Menschen. Und du, Eff-Eff, suchst die Theologen der Dio-Daos auf.«
    »Ein guter Gedanke«, bestätigte Eff-Eff. »Seht ihr den Zugang zum Tal?«
    Den sahen sie in der Tat. Einen Kilometer von der Stadt entfernt teilten sich, vom Tal zerschnitten, die steilen Berghänge. Weit in den Himmel hinauf erhob sich ein regenbogenfarbiger Torbogen – eine außergewöhnliche Konstruktion für die Dio-Daos, die ruhigen Farben und flachen Bauten den Vorzug gaben.
    »Dort gibt es Wachtposten«, fuhr Eff-Eff fort. »Trotzdem kann man jederzeit ins Tal. Nur Waffen muss man abgeben.«
    »Von meinem Schwert trenne ich mich nicht!«, erwiderte Kadrach heftig.
    »Das Schwert kannst du mitnehmen«, beruhigte ihn Eff-Eff. »Es ist ja ein Element deines religiösen Kults. Wir treffen uns am Bogen … Sagen wir, in einer Stunde?«
    »In zwei«, bat Martin. »Ich glaube, dann wird es noch hell sein.«
    »Gut, in zwei Stunden«, stimmte Eff-Eff ohne weiteres zu. »Versuchen wir alles über die Frau Irina und darüber, welche Religion ihr dienlich sein könnte, herauszufinden.«
    »Wir müssen auch die Hotels überprüfen«, erinnerte Martin. »Kannst du das machen?«
    Eff-Eff nickte, hernach trennten sie sich. Martin hielt auf ein steinernes zweigeschossiges Haus zu, in dem er irdische Züge ausmachte, wohingegen Kadrach zielsicher eine lange Holzbaracke ansteuerte, die eine Gitterkonstruktion als Wachturm bekrönte. Den-Der-Freund-Fand begab sich zu den ein wenig abseits stehenden Kuppelhäusern, die zu groß waren, als dass es sich um Wohnhäuser hätten handeln können.
    Dieses Städtchen unterschied sich in der Tat von den normalen Siedlungen der Dio-Daos. Wiederholt begegnete Martin Außerirdischen, darunter einem Paar langbeiniger Schealier mit gesträubtem Gefieder, einem mürrischen, gedrungenen Humanoiden oder Pseudohumanoiden von einer Rasse, die er nicht zu bestimmen vermochte, und einem kernigen Humanoiden mit dem Äußeren eines Raubtiers, dessen Artgenosse die Schließer auf Bibliothek so unvorsichtig bedroht hatte. Die Schealier begrüßte Martin in touristischer Gebärdensprache, artikulierten sie sich doch nur äußerst schlecht in Lautsprache. Auch mit den Humanoiden tauschte er einen Gruß aus. Selbst das leicht aufbrausende Raubtier wirkte freundlich, denn auf Welten fern der Heimat zieht es Fremdplanetarier unwillkürlich zueinander hin.
    In der Stadt selbst gab es weitere Hinweise auf diverse galaktische Kulturen.
    In einem kleinen Geschäft entdeckte Martin im Schaufenster neben den bizarrsten Nahrungsmitteln zwei Dosen Schmalzfleisch, eine Büchse Kondensmilch und Kürbismus aus Weißrussland. Bei einem Kuppelhaus hieß es auf Touristisch über der Tür: »Schnitt der Federn, des Fells, der Haare und Krallen,

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