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Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Titel: Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Puhl (Vorwort)
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Schönheit, die dennoch bei manchen Südafrikanern als gefährliches Terrain, als „No-go-area“ gilt: die Transkei, Heimat Nelson Mandelas, von 1976 bis 1994 ein unabhängiges Homeland und noch heute fast vollständig von Angehörigen des Xhosa-Volkes bewohnt.
    Man solle keinesfalls anhalten und aussteigen, nicht einmal um Unfallopfern zu helfen, hatte die besorgte Herbergsmutter in Kapstadt geraten - mit dem gleichen Tipp warten auch ganz seriöse Reiseführer auf. Doch dann steht da am Straßenrand neben einem uralten Toyota dieser gestrandete Autofahrer, der verzweifelt mit einem Benzinkanister winkt. Er wirkt vertrauenswürdig genug, um alle Warnungen in den Wind zu schlagen und ihn bis zur nächsten Tankstelle mitzunehmen. Dort bedankt er sich überschwänglich: „Niemand hält mehr an, alle sind so misstrauisch geworden in Südafrika.“
    Kurz vor Umtata, der Hauptstadt der Transkei, liegt links der N2 das Dörfchen Qunu. Es unterschiedet sich mit seinen bunten Häuschen und Rundhütten inmitten des baumlosen Graslandes durch nichts von anderen Siedlungen entlang des Weges, ein Schild weist den Weg zum Nelson-Mandela-Museum. Nach Qunu kam Mandela als Zweijähriger aus dem 30 Kilometer entfernten Ort Mvezo, nachdem die weiße Obrigkeit seinem Vater wegen Aufsässigkeit die Häuptlingswürde entzogen hatte. „In Qunu lebten wir in einem bescheidenen Stil, doch verbrachte ich dort einige der glücklichsten Jahre meiner Knabenzeit“, schreibt er in seiner Autobiografie „Der lange Weg zur Freiheit“.
    Qunu und der Geburtsort Mvezo sind heute Außenstellen des Museums, das seinen Hauptsitz in Umtata hat. Beide Dörfer bergen eine ganze Reihe authentischer Pilgerstätten für Mandela-Bewunderer: die Grundmauern seines Geburtshauses, das Familiengrab, die Taufkirche und die Reste der Grundschule, in der er den Namen Nelson erhielt. Mandela ist in Qunu aber nicht nur geistig präsent, sondern oft auch leibhaftig. Am südlichen Ortsrand ließ er sich nach dem Ende der Apartheid seinen Alterssitz errichten, in dem er sich regelmäßig aufhält.
    Eines der Gebäude folgt im Inneren dem Grundriss seines letzten Gefängnisses Victor Verster nordöstlich von Kapstadt, in das er 1988 verlegt wurde - eine Anhänglichkeit, die aber nicht auf ein Trauma schließen lässt. Mandela hatte sich nach eigener Aussage schlicht an die Abmessungen des Gebäudes gewöhnt. Zudem handelte es sich bei Victor Verster um eine echte Luxusunterkunft, und das nicht nur gemessen an Robben Island. Mandela standen mehrere Schlafzimmer, ein Fitnessraum und ein Swimmingpool zur Verfügung. Das Gebäude in der Nähe des Weinortes Paarl kann inzwischen ebenfalls besichtigt werden.
    Während man sich schwer vorstellen kann, dass in die verschlafene Ländlichkeit von Qunu jemals Touristenmassen einbrechen werden, ist das Nelson-Mandela-Museum in Umtata an regen Besucherverkehr gewöhnt. Unter den ausländischen Eintragungen im Gästebuch bilden deutsche Adressen die größte Gruppe. International, wenngleich nicht immer künstlerisch wertvoll, sind auch die Geschenke, die Mandela nach seiner Freilassung von Staatsmännern und Privatleuten erhalten hat. In den Seitenflügeln des Museums sind sie zu bestaunen. Die Hauptausstellung widmet sich dem Lebensweg Mandelas, den sie mit Fotos und Zitaten aus der Autobiografie illustriert.
    Mandela als überlebensgroße Führer- und Heilsfigur - diese bislang nur symbolische Rolle könnte in Kürze materielle Gestalt annehmen, wenn auch nicht in der Transkei, sondern in der günstiger gelegenen Hafenstadt Port Elizabeth an der Grenze zum Westkap. Dort plant ein Geschäftsmann den Bau eines gigantischen Mandela-Denkmals, das selbst die Freiheitsstatue von New York in den Schatten stellen soll.
    Rundherum soll sich ein Freizeitpark gruppieren, der die „Big Five“ - Elefant, Löwe, Leopard, Büffel und Nashorn - und andere nicht ganz ortstypische Attraktionen zusammenführt: ein „Best of South Africa“ kurz hinter dem Ende der Gartenroute. „Madiba Bay“ heißt das Projekt in Anlehnung an den Clannamen Mandelas. Schon zuvor hat sich die Region um Port Elizabeth, die fünftgrößte Stadt des Landes, werbewirksam in „Nelson Mandela Bay“ umbenannt. „Mit Sicherheit ist Port Elizabeth nicht der Höhepunkt einer Südafrikareise“, heißt es abschätzig in einem Reiseführer. Das soll sich nach Wunsch der Planer ändern, schließlich hat Mandela schon ganz andere Wunder vollbracht.

    Von Tobias Wiethoff,

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