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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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ein Mord passiert«, sagte Björn tonlos und das Blut in meinen Adern schien für einen Moment zu stocken.
    » Wer?«, fragte ich und hatte Angst vor der Antwort.
    » Tobias«, sagte Björn.
    Tobias. Ich erinnerte mich. Ein zurückhaltender, freundlicher Typ, der aufblühte, wenn er von seiner Arbeit bei den Maltesern erzählte. Tobias.
    Ermordet.
    » Er hatte gerade einer behinderten Frau ihr Essen gebracht… Scheiße, Romy… wie pervers ist dieser Terrorist? Wie bringt er so was bloß fertig?«
    Terrorist war das richtige Wort.
    » Er muss krank sein«, sagte ich. » Sonst könnte er nicht töten.«
    » Was?« Mein Bruder lachte kurz und freudlos auf. » Dann hältst du Soldaten auch für krank? Die bekommen das Töten von der Pike auf beigebracht.«
    » Du weißt, was ich meine, Björn. Und du weißt auch, dass du das nicht miteinander vergleichen kannst.«
    » Ich bin ziemlich durch den Wind, Romy. Setz dich ins Auto und komm, ja?«
    » Soll ich Brötchen mitbringen?«
    Doch die Verbindung war schon unterbrochen.
    Jetzt aber schnell unter die Dusche, auch wenn ich mir gern noch ein bisschen Zeit für mein Schmuddelbuch nehmen würde. Es ist mir sehr wichtig geworden. Vielleicht, weil es mich zwingt, Ordnung in all das zu bringen, was mir im Kopf herumwuselt.
    Und weil ich das, was ich niederschreibe, auf diese Weise bewahre.
    Man darf alles verlieren, bloß nicht seine Gedanken…
    Bert hatte von Titus Rosenbaum erfahren, dass in Bonn eine Trauerfeier für die Opfer des Schwulenmörders, wie er in den Zeitungen bereits genannt wurde, stattfinden sollte, und er hatte sich mit dem Kollegen verabredet, um die Aktion zu verfolgen.
    Björn Berner gehörte zu den Organisatoren, was Bert nicht wunderte. Er fand es bemerkenswert, dass er nicht in eine Schreckensstarre verfallen war, sondern seine Bestürzung nach außen trug.
    Bert und Titus saßen am Tisch eines Straßencafés, von dem aus sie den Haupteingang der Uni im Blick hatten. Vor ihnen stand der noch dampfende Kaffee, den sie bereits bezahlt hatten, damit sie rasch aufbrechen konnten, wenn es nötig sein sollte.
    Die Temperaturen waren über Nacht auf elf Grad geklettert und die Leute trugen ihr Frühlingsgesicht und hatten die Mäntel aufgeknöpft. Bert schloss ganz kurz die Augen. War ganz kurz fast glücklich. Unbeschwert.
    Dann machte er die Augen wieder auf. Er war nicht hier, um die Welt zu umarmen. Er war hier, um einen Täter zu finden. Oder wenigstens ein Mosaiksteinchen für das Puzzle, das ihm den Täter zeigen würde.
    » Ich weiß, dass er sich das hier nicht entgehen lassen wird«, sagte Titus neben ihm. » Er wird da sein, jede Wette.«
    » Das glaube ich auch.«
    Bert sah sich um. Vielleicht saß der Täter ja sogar an einem der Tische. Wartete auf den Beginn der Trauerfeier, genau wie sie. Obwohl er die Temperatur eben noch als angenehm empfunden hatte, schlug er den Mantelkragen hoch.
    » Man kann nur hoffen, dass möglichst viele an der Aktion teilnehmen«, sagte Titus. » Damit die Einzelnen ihm nicht auffallen.«
    » Du meinst, er sucht sich hier die nächsten Opfer aus?«
    » Gut möglich.«
    Das war es in der Tat. Falls er die Liste seiner Opfer nicht längst geschrieben hatte. Der Täter hinterließ keine Spuren. Er ging mit einer kühlen Präzision vor, die bewundernswert gewesen wäre, wenn sie nicht seinen kranken Zwecken gedient hätte.
    » Diese Trauer vor aller Augen, das öffentliche Bekunden von Solidarität mit den Toten wird ihn wütend machen«, sagte Bert. » Noch viel wütender, als er ohnehin schon ist.«
    Titus nickte und rührte in seinem Kaffee, obwohl er ihn schwarz trank. » Und er ist bereits sehr wütend.«
    Man konnte es daran erkennen, dass er so schnell hintereinander mordete, und an der Wucht, mit der er es tat. Wenn ein Täter sich Zeit nahm, seine Morde zu planen, entschied er sich ganz bewusst gegen die eine und für die andere Waffe.
    Für eine bestimmte Todesart.
    Dieser Täter variierte nicht.
    Er schlug zu. Hart und brutal.
    » Vielleicht lockt ihn das, was heute hier stattfinden wird, aus der Reserve«, sagte Titus. » Vielleicht verliert er die Fassung und wird unvorsichtig.«
    Lockvögel, dachte Bert. Sie alle sind Lockvögel.
    » Die jungen Leute präsentieren sich ja regelrecht auf dem Silbertablett«, sagte er. » Er braucht nur noch auszuwählen.«
    Titus trank seinen Kaffee aus. Die ersten Teilnehmer an der Trauerfeier sammelten sich im Innenhof der Uni. Und wie es aussah, würden es viele

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