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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Weil sie unglücklich in einen Homosexuellen verliebt war oder ist«, überlegte Bert. » Weil ihr Mann sie wegen eines Mannes verlassen hat. Weil ihr Sohn schwul ist und sie das nicht akzeptieren kann.«
    » Oder weil ein Wahn sie zwingt, den Erdboden von Menschen zu befreien, die sie für pervers hält.«
    » Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auf die Ergebnisse der Spurensicherung zu warten«, sagte Bert.
    Sie versanken in Schweigen und starrten beide wieder auf den Bildschirm des Laptops. Bert ließ die Aufnahmen ein zweites Mal durchlaufen.
    Es kam ihm vor, als würden sie auf einem Schneefeld nach einem Eisbären suchen.
    *
    Romy hatte überlegt, Helen und Tonja um Hilfe zu bitten. Sie liehen sich oft gegenseitig Sachen aus, wenn Not am Mann war. Doch der eigentliche Koch in der WG , der aus den fadesten Lebensmitteln die fantastischsten Gerichte kreierte, war Cal, und gerade dem wollte sie heute nicht mehr begegnen. Deshalb hatte sie alles aus ihrem Kühlschrank geholt, was er zu bieten hatte: drei Tomaten, eine gelbe Paprikaschote, vier Eier, ein Glas eingelegte Gu rken und ein Stück Gouda, das noch nicht angebrochen war.
    Als es klingelte, köchelte schon der Reis vor sich hin, und der Duft, der aus der Pfanne aufstieg, war gar nicht übel.
    Ingo drückte Romy ein kleines Päckchen in die Hand und marschierte schnurstracks in die Küche, als sei er daran gewöhnt, in ihrer Wohnung ein und aus zu gehen. Er hob den Deckel von der Pfanne und schnupperte.
    » Hmm…« Er legte ihn wieder auf, drehte sich nach Romy um und sah ihr dabei zu, wie sie das Papier von seinem Mitbringsel abwickelte.
    Romy hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr etwas schenken würde. Das war, hatte sie gedacht, nicht sein Stil. Sie hatte nicht einmal Blumen erwartet. Ingo war der Typ Mann, der sich selbst als Geschenk betrachtet. So jedenfalls hatte sie ihn immer eingeschätzt.
    Als sie die kleine bunte Schachtel von dem Papier befreit hatte, wusste sie, dass sie ihr Bild von Ingo würde korrigieren müssen. Sie wusste aber nicht, ob sie das wollte. Und so zögerte sie.
    » Nun mach schon«, drängte Ingo wie ein aufgeregtes Kind.
    Romy klappte die Schachtel auf und schnappte nach Luft. » Das geht nicht, Ingo. Den kann ich nicht annehmen.«
    » Gefällt er dir nicht?«
    » Er ist traumhaft schön, aber ich… wir… ich meine, wir sind nicht…«
    » Muss man dich heiraten, bevor man dir ein Schmuckstück schenken darf?« Die Ironie in seiner Stimme mischte sich mit einer begeisterten Freude. » Na los. Probier ihn an.«
    Behutsam steckte Romy den Ring an den Mittelfinger ihrer linken Hand. Er passte wie angegossen, und es war, als hätte sie ihn schon immer getragen.
    » Ein Turmalin«, sagte Ingo, stieß sich vom Herd ab, nahm ihre Hand und bewegte sie leicht, um das Licht in dem Stein spielen zu sehen. » Ihm werden heilende Kräfte nachgesagt.«
    Heilende Kräfte? Helen glaubte daran, aber Ingo?
    » Er soll klärend auf den Geist wirken und… die Seele aufhellen und erleichtern.«
    Die Farbe des großen, klaren Steins veränderte sich mit der Bewegung und verwandelte sich von einem tiefdunklen Rot über eine Skala von Zwischentönen bis zu einem durchscheinenden, makellosen Pink.
    » Falls man daran glaubt«, setzte Ingo mit leisem Spott hinzu.
    Ingo, dachte sie. Ingo macht sich Sorgen um meine Seele?
    Es fiel ihr schon jetzt schwer, sich wieder von dem Ring zu trennen. Noch nie hatte ihr jemand ein Schmuckstück geschenkt. Und noch nie hatte sie einen echten Goldring mit einem echten Stein am Finger gehabt.
    In Helens Esoterikladen gab es eine beeindruckende Auswahl an Schmuck- und Heilsteinen: kleineren, die in Ringe aus Silber eingelegt waren, und größeren, die man an Ketten tragen konnte. Doch einen so schönen wie diesen hatte Romy noch nie gesehen.
    Widerstrebend wollte sie den Ring vom Finger streifen.
    Ingo hinderte sie daran.
    » Trag ihn mir zuliebe«, bat er. » Und wenn es nur für heute Abend ist.«
    Er brauchte sie nicht zu überreden.
    » Nur für heute Abend«, wiederholte sie und küsste ihn auf die Wange.
    Ingo wandte sich verlegen ab, tat so, als würde er sich in der Küche umschauen, die Hände auf dem Rücken verschränkt wie ein Museumswärter.
    Wer bist du?, dachte Romy. Wer?

17
    Schmuddelbuch, Montag, 7. März, sechs Uhr
    Der Stein funkelt im Licht der Schreibtischlampe. Ich muss ihn immerzu ansehn.
    Am Ende des Abends habe ich ihn Ingo zurückgegeben, und er hat ihn auch wieder angenommen und

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