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Spiel der Angst (German Edition)

Spiel der Angst (German Edition)

Titel: Spiel der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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dem.«
    »Und wie konnte das passieren? Warum lässt sich jemand einfach so eine Plastiktüte über den Kopf stülpen? Und keiner bekommt davon etwas mit?«
    »Ich weiß nicht, ob Sie sich jetzt darüber Gedanken machen sollten«, wandte Wrain ein. »Was Sie zunächst einmal brauchen, ist Ruhe. Sie hatten einen schweren Schock und sollten –«
    »Ich bekomme gleich noch einen Schock, wenn ich nicht sofort erfahre, was dort geschehen ist.« Emily funkelte Wrain und Julia an. »Lisa ist gestorben! Richtig?«
    Wrain verzog das Gesicht und blickte zu Julia. Die sah ähnlich ratlos aus.
    »Ja, das ist sie.«
    »Gewaltsam?«
    Er nickte gequält.
    Sie schaute Julia an. Dann Wrain. Dann wieder Julia.
    »Wo ist Bob?«
    Julia hob die Augenbrauen.
    »Wer ist Bob?«
    »Robert Jones, mein Gott!« Emily verdrehte die Augen. Ihr kam es vor, als seien die beiden anderen gerade erst aus der Bewusstlosigkeit aufgewacht und nicht sie. »Der Detective! Wo ist er?«
    »Wo soll er sein«, sagte Julia, »wahrscheinlich auf dem Revier.«
    »Ich will ihn sprechen, sofort!« Sie setzte sich vollständig auf und schwang die Beine aus dem Bett.
    »Haaalt«, sagte Wrain und trat eilig an das Bett. »Sie müssen noch mindestens bis morgen früh zur Beobachtung hier bleiben.«
    »Ich muss gar nichts«, schimpfte Emily. »Entweder Sie nehmen mir diese verdammten Kabel ab, oder ich mache es selbst!« Sie hob die Hand.
    »Wie Sie wollen, Ihre Verantwortung«, seufzte Wrain.
    »Und ich will den sprechen, der Lisa untersucht hat.«
    Wrain zupfte sich am Bart. »Sie meinen den Rechtsmediziner?«
    »Genau den.«
    »Da dürfen Sie nicht hin.«
    »Das werden wir ja sehen.«

56
    Emily hatte nicht locker gelassen. Schließlich waren sie mit Detective Jones direkt zum Forensischen Institut gefahren. Zwar durfte Emily die Leiche von Lisa nicht sehen, aber wenn es sie beruhige, so Jones, könne sie wenigstens mit Dr. Blake, dem leitenden Oberarzt, sprechen.
    »Normalerweise haben Zivilpersonen keinen Zutritt zur Rechtsmedizin?«, wollte Julia wissen, als sie durch die Gänge des Forensischen Instituts liefen, dessen Wände die grünliche Farbe von fauligem Wasser hatten. »Aber so ist das doch immer in den Serien: Da kommen die Angehörigen und müssen die Leiche identifizieren.«
    Jones lächelte. »Mittlerweile sind die Ermittlungsmethoden schon etwas weiter. Erst einmal können wir durch Zahnstatus, DNA und physiognomische Merkmale schon sehr schnell feststellen, wer die Leiche ist. Und außerdem wäre eine Identifizierung eines Mordopfers durch die Angehörigen eher kontraproduktiv. Es könnte sehr gut sein, dass man eine Falschaussage erhält.«
    »Warum?«
    »Weil statistisch die meisten Mordopfer von ihren Angehörigen ermordet worden sind.«
    Sie bogen in einen weiteren Gang ab. Rollstühle und zwei Bahren standen an der Seite.
    »Apropos Mordopfer«, sagte Jones dann. »Haben Sie eine Idee, wer das gewesen sein kann?«
    »Wer was gewesen sein kann?« Emily verdrehte die Augen. »Na, wer wohl?«
    »Sie meinen er ?«
    Emily nickte. »Dieser Psychopath, genau. Der mich die ganze Zeit schon jagt.«
    »Dann wird es Zeit, dass wir Sie unter Polizeischutz stellen«, meinte Jones.
    »Ja, Detective, das wäre sehr nett«, begann Emily, »aber es gibt da ein kleines Problem.«
    »Und das wäre?«
    »Mein Gott, er hat Ryan! Schon vergessen?«, entfuhr es Emily aufgebracht.
    »Wir sind hier in New York durchaus geübt mit Entführungen und Geiselnahmen«, erwiderte Jones.
    »Aber nicht mit einem wie ihm.«
    »Das werden wir ja sehen«, sagte Jones. »So, da wären wir.«
    Jones öffnete zwei große Schwingtüren, und sie blickten in eine gigantische Halle. Dutzende von Seziertischen erstreckten sich zur Rechten und zur Linken. In etwa zehn Metern Entfernung stand eine Gruppe von Medizinstudenten um einen dieser Tische versammelt. Ein hagerer, nahezu kahlköpfiger alter Mann in einem weißen Kittel hielt ihnen gerade einen Vortrag. Er trug eine riesige, schwarze Brille, hinter der seine wasserblauen Augen nahezu diabolisch hervorglotzten. Seine bleiche Gesichtsfarbe hatte eine graugrüne Note, so als wäre sie kurz davor, mit der Farbe der Korridore zu verschmelzen. Ein Oberlicht beleuchtete den Seziertisch, und die versammelte Gesellschaft und das grelle Licht, das von oben herabschien, verlieh der Szene eine merkwürdige, sakrale Note, gleich einer Anbetungsszene auf einem Renaissancegemälde.
    Jones schritt auf die Gruppe zu. »Dr. Blake«, sagte er und

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