Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
niemanden mehr geliebt.«
Sie überging sein Geständnis, weil es sein musste. Sie konnte nicht über Nicolas nachdenken und was es bedeuten würde, wenn er wie die anderen wäre. »Ich hielt sie für meine Freunde, Nicolas. Max und Jesse. Ich dachte, sie machten sich etwas aus mir, so wie Freunde einander schätzen und achten.« Wie konnte sie ihm sagen, dass sie an ihm zweifeln wollte? Dass sie Angst hatte, sich nie mehr davon erholen zu können, sollte er sie in irgendeiner Weise täuschen. Wie sollte sie ihm gestehen, dass sie feige war und vor ihm davonlaufen wollte, noch lieber als vor den anderen?
»Calhoun wurde gefoltert, Dahlia«, erinnerte er sie. »Und er hat sich standhaft geweigert, irgendwelche Informationen über dich zu preiszugeben.« Er richtete sich auf, drehte sie zu sich herum und hielt sie am Kinn fest, so dass sie gezwungen war, seinem dunklen Blick zu begegnen.
»Das stimmt«, räumte sie ein. »Doch wenn er Befehl hatte, niemals ein Sterbenswörtchen über meine Person zu verraten, hätte er diesen Befehl dann nicht befolgt? So wie Max?«
Es war das erste Mal, dass er eine Spur von Verbitterung in ihrer Stimme mitschwingen hörte.
»Tu das nicht, Dahlia. Lass dich nicht von ihnen ändern.
Lass es nicht zu, dass irgendjemand die Person ändert, die du bist. Du hast dir deine eigene Welt mit deinem eigenen Kodex aufgebaut, und das hast du ganz allein bewerkstelligt. Das beschreibt, wer du bist.«
Dahlia blickte hoch, fasziniert von dem markanten Schnitt seines Gesichts und der Intensität seiner dunklen Augen. »Du glaubst das, nicht wahr? Du glaubst, dass ich so viel wert bin?«
»Für mich bist du alles«, gestand Nicolas.
»Warum? Warum bin ich dir so wichtig, während gleichzeitig ein anderer meinen Tod will? Warum hat mich meine Mutter in einem Waisenhaus abgegeben, anstatt mich bei sich zu behalten? Sie hat mich einfach weggeworfen, und die Leute vom Waisenhaus haben das Gleiche getan. Ich weiß überhaupt nichts über meine Herkunft, meine Kultur, meine Familie. Ich weiß nicht einmal, wer meine Familie ist.«
»Die Schattengänger sind deine Familie. Ist es so wichtig, wo wir herkommen? Was zählt, ist doch, wer wir sind.« Nicolas führte sie zum Bett. Da war so viel Schmerz und Traurigkeit in ihren Augen. »Du musst unbedingt einmal richtig ausschlafen, Dahlia. Nichts ist so wichtig, dass du deinen Schlaf dafür opfern solltest. Du wirst sehen, dann werden auch deine Kopfschmerzen abklingen.«
Sie stand einfach da, völlig hilflos, so gar nicht wie seine geliebte Dahlia. Nicolas hob sie hoch, drückte sie an seine Brust und hauchte Küsse auf ihre Schläfen und ihre Mundwinkel. »Du brauchst einfach nur ein paar Stunden Schlaf, Liebling. Lass alles los.«
Dahlia ließ sich von ihm aufs Bett legen, und als er sich neben ihr ausstreckte, drehte sie sich zu ihm um, inzwischen vertraut mit der Wärme und der Tröstlichkeit seines
Körpers. Es gefiel ihr nicht, dass sie ihn brauchte, aber es war einfach so. Sie hatte keine Kraft mehr zu kämpfen, und sie brauchte seine Stärke.
Nicolas warf einen Blick auf die Uhr. Sein Team machte sich um drei Uhr auf den Weg, um sich zuerst einmal in den Wohnungen und Häusern der Agenten umzusehen. Also blieb ihm noch reichlich Zeit, es war gerade erst dunkel geworden. Er zog Dahlia an sich und wiegte sie sanft in seinen Armen. »Diese Gaben, die du besitzt, sind unglaublich. Zugegeben, sie zu nutzen geht nicht immer ohne Nebenwirkungen ab, aber schließlich haben wir beide gemeinsam Calhoun das Leben gerettet. Ohne unsere Anstrengungen, ohne unsere Heilkräfte, wäre er nicht durchgekommen.«
»Das Heilen ist deine Gabe, Nicolas, nicht die meine.« Ihre Stimme klang schläfrig, ihre langen schwarzen Wimpern senkten sich flatternd auf ihre Wangen.
Er küsste sie auf den Scheitel. »Ich glaube, da täuschst du dich. Ich mag ja diese Kraft in mir haben, aber sie ist quasi dort eingesperrt. Ohne dich kann ich auf sie nicht zugreifen. Du bist der Schlüssel, du kannst die Kraft bündeln und genau dorthin lenken, wo sie gebraucht wird. Ich gebe sie einfach nur frei. Wir arbeiten gut zusammen.«
»Ich bin müde, Nicolas. Sehr, sehr müde.«
Die Erschöpfung in ihrer Stimme gab ihm einen Stich ins Herz. Er hielt sie fest an sich gedrückt, wollte sie trösten. Er wiegte sie zärtlich und hauchte Küsse in ihr Haar, bis sie in seinen Armen einschlief.
Nicolas lag neben ihr und bewachte ihren Schlaf. Er hatte sich in seinem Leben schon oft in
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